Kommentar
19:25 Uhr, 10.08.2020

Aktienmarkt: Was treibt Investoren und Trader bloß an?

Was in der Realwirtschaft geschieht scheint Anleger derzeit nicht zu berühren. Auch die Entwicklung von Corona-Neuinfektionen ist kein entscheidender Faktor.

Wer Probleme hat, den Aktienmarkt derzeit zu verstehen, ist nicht alleine. Was den Crash im März ausgelöst hat, ist vollkommen klar. Die Erholung des Marktes ist weniger eindeutig. Der Aktienmarkt fiel im März als die Zahl der Neuinfektionen in den USA und in vielen europäischen Ländern noch relativ gering war (Grafik 1).


Als die Neuinfektionen dann rasant anstiegen und in den USA mehr als 30.000 Neuansteckungen pro Tag erreicht wurden, hatte der Markt seine besten Tage. Das setzte sich mit einem Rückgang der Neuansteckungen fort. Der Trend kehrte sich später selbst bei wieder ansteigenden Fallzahlen nicht um.
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Auch die Anzahl an Todesfällen scheint keinen Einfluss zu haben (Grafik 2). Der Aktienmarkt steigt praktisch immer, egal wie sich Fallzahlen und Todesfälle entwickeln. Die Welt ist zwar nicht immun gegen den Virus, aber die Börse ist es. Neuerliche Lockdowns, wenn auch nicht gleich flächendeckend in einem ganzen Land, können den Kursen ebenso wenig etwas anhaben wie neue Reisebeschränkungen, Quarantäneregelungen und hohe Arbeitslosigkeit.


Der Verlauf der Krise scheint den Aktienmarkt nicht mehr zu bestimmen. Stattdessen führen viele Notenbanken als Argument an. Dieses Argument ist schwach. Die Geldschwemme landet nicht auf dem Aktienmarkt. In vielen Ländern haben Notenbanken zwar ihre Bilanzen aufgebläht, doch das hat nicht einmal den zusätzlichen Finanzierungsbedarf der Staaten abgedeckt. Viele Länder haben mehr neue Schulden ausgegeben als Notenbanken Geld gedruckt haben.

Dennoch spielen Notenbanken eine Rolle. Es mag nicht das Geld an sich sein, das zählt. Vielmehr haben Anleger endgültig ihre Lektion gelernt. Wenn der Markt in den Sturzflug übergeht, schreiten Notenbanken ein. Das hält den Aktienmarkt immerhin davon ab wieder signifikant zu fallen.


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Ob es auch dafür sorgt, dass der Markt steigt, muss noch untersucht werden. Wenn sich Anleger aber sicher sind, dass der Markt nicht fallen kann, ist das möglicherweise ein Kaufargument. Das treibt den Markt.

Ein Aktienmarkt, der nur steigt, weil Anleger nicht an fallende Kurse glauben, steht auf einem wackeligen Fundament. Es begünstigt Überbewertungen und am Ende eine Blasenbildung. Genau das dürfte die Zukunft bereithalten. Blasen platzen früher oder später. Da können dann auch Notenbanken wenig tun.

Man denke nur an den chinesischen Aktienmarkt im Jahr 2015. Der Markt stieg schnell an. Immer mehr Day Trader lockte es an den Markt. Viele von ihnen hatten überhaupt keine Ahnung vom Markt. Als die Blase platzte erließ die Regierung ein Verkaufsverbot für Broker und zwang sie stattdessen den Markt durch Käufe zu stützen. Es half alles nichts.

Das sind schlechte Nachrichten. Wenn die Blase platzt, dürfte selbst staatliche Intervention nicht helfen. Eine gute Nachricht gibt es aber auch. Die Blase bildet sich zwar, der Prozess steht aber noch am Anfang. Bevor es abwärts geht, dürfte es erst noch weiter nach oben gehen.

Clemens Schmale


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3 Kommentare

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  • tomek
    tomek

    Der Markt ist in einer Blase. Das würde auch offensichtlich wenn man ihn machen lassen würde, aber das geht natürlich nicht...

    19:30 Uhr, 12.08.2020
  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    Die Zeit macht keine Blase. Es gibt Aktien, die seit Jahrzehnten tendenziell steigen und nicht in einer Blase sind.

    17:31 Uhr, 12.08.2020
  • tomek
    tomek

    Ja stimmt wir haben ja erst elf Jahre steigende Kurse ,das ist keine Blase;))

    22:44 Uhr, 10.08.2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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