Kommentar
06:10 Uhr, 18.02.2016

Aktienmarkt - Korrektur beendet !?

So schnell kann sich die Wetterlage an der Börse ändern: Vor einer Woche war noch Weltuntergangsstimmung, diese Woche befinden sich Anleger in Jubelstimmung. Ist das das Signal für ein Ende der Korrektur?

Ende vergangener Woche herrschte Kaufpanik. Vor allem Öl- und Bankaktien wurden gekauft, als gäbe es am nächsten Tag keine mehr. Ob das ein gutes Zeichen ist, sei dahingestellt, denn es wäre nicht das erste Mal in dieser Korrektur, dass ein Short Squeeze die Kurse für mehrere Tage nach oben treibt.

Der Short Squeeze kam nun zu einer Zeit, in der relativ solide Wirtschaftsdaten veröffentlicht wurden. Der Konsum in den USA ist nach wie vor auf dem Vormarsch und wächst mit einer Jahresrate von fast 3 %. So etwas – insbesondere eine Beschleunigung des Konsumwachstums – sieht man selten, wenn die Wirtschaft in eine Rezession abzurutschen droht. Ich bin daher seit Ende letzter Woche wieder deutlich bullischer ausgerichtet (siehe hier und hier).

Es kann also durchaus sein, dass Marktteilnehmer erkennen, wie überzogen ihre Angst war. Zudem haben die US Indizes nun ihr Pflichtprogramm für eine Korrektur absolviert. Der S&P 500 verlor zwischenzeitlich etwas mehr als 15 %. Auch im Verhältnis zur 200-Tageslinie ist das Pflichtprogramm absolviert. Die 200-Tageslinie gilt als wichtiges Instrument, um einen langfristigen Trend zu bestimmen. Solange sich Kurse darüber befinden, gilt der Aufwärtstrend als intakt. Solange die Kurse darunter notieren, befindet sich der Markt im Abwärtstrend.

Grafik 1 zeigt, wie weit sich US Aktien auf Tagesbasis in den letzten 65 Jahren von ihrer 200-Tageslinie entfernt haben. Der bisherige maximale Abstand der derzeitigen Korrektur lag bei -11,4 %. Rein statistisch gesehen korrigiert der US Markt alle 5 Jahre um 11 % oder mehr. Als sich der Markt das letzte Mal so weit von seiner 200-Tageslinie entfernte, schrieben wir das Jahr 2011. Das passt zufällig sehr gut ins Schema.

Wenn der Markt durchschnittlich alle 5 Jahre mindestens 11 % korrigiert, dann bedeutet das natürlich nicht, dass es punktgenau alle 5 Jahre dazu kommt. Es handelt sich lediglich um einen Durchschnitt. Zwischen dem Rückgang 2008/09 und 2011 lagen weniger als 3 Jahre. In anderen Zeiten kann dafür der Abstand zwischen Korrekturen sehr viel größer sein. Zwischen 1990 und 2001/02 lagen 12 Jahre, in denen der S&P nicht mehr als 11 % unterhalb seiner 200-Tagelinie lag.

Als Marktteilnehmer muss man im Durchschnitt alle 5 Jahre mit einer größeren Korrektur rechnen. Diese bewegen sich im Ausmaß von 11 % bis 17 %. Korrekturen, die den Markt mehr als 20 % nach unten führen kommen durchschnittlich alle 10 Jahre vor, wobei auch hier die Bandbreite hoch sein kann. Der kürzeste Abstand zwischen zwei Bärenmärkten von mindestens 20 % fand in den 70er Jahren statt (1970 und 1974). Der längste Abstand lag bei 15 Jahren (1987 und 2002).

Grafik 2 zeigt die Korrekturen und Bärenmärkte gemessen am Kurs der 200-Tagelinie des S&P 500. Im Vorhinein kann man nicht wissen, ob ein Markt lediglich korrigiert oder ob er sich auf einen Bärenmarkt zubewegt. Immerhin kann man aber etwas über die Häufigkeit sagen. Wenn Kurse zu fallen beginnen, dann kommen sehr schnell Crashpropheten hervor und verkünden das Ende der Welt. Wer bei jedem Kursrückgang einen Bärenmarkt verkündet, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat, wird selbstverständlich auch irgendwann einmal Recht bekommen. Im Nachhinein wirkt das dann wie große Weitsicht und als Anleger fragt man sich, wieso man nicht auf die Warnungen gehört hat.

Was Crashpropheten häufig verschweigen: in 90 % der Fälle haben sie unrecht. Persönlich halte ich die Wahrscheinlichkeit für eine Korrektur, wie wir sie 2008/09 gesehen haben, für sehr unwahrscheinlich. Einen Rückgang des S&P 500 bis 1.700 oder im Idealfall bis 1.500 wäre angebracht, denn der Markt ist trotz des Rückgangs in den letzten Wochen nach wie vor hoch bewertet. Aus fundamentaler Sicht ist eine Korrektur bis 1.500 Punkte gesund.

Aktuell muss man leider daran zweifeln, dass es US Aktien tatsächlich bis dorthin führt. Anleger scheinen zu realisieren, dass die Weltwirtschaft doch nicht vor einer Rezession steht. Allein diese Erkenntnis reicht schon, um zu kaufen. Bleiben neue Hiobsbotschaften von den Rohstoffmärkten und China aus, dann ist die Korrektur beendet.

Ich halte es für möglich, dass die Korrektur nun hinter uns liegt. Die Wahrscheinlichkeit dafür sehe ich inzwischen höher als die Wahrscheinlichkeit einer Korrekturfortsetzung. Seinen gesamten Cashbestand muss und sollte man deswegen jetzt trotzdem nicht sofort investieren. Vielmehr bietet sich die Gelegenheit, um eine Teilposition in Aktien aufzubauen, die man schon länger auf der Watchlist hatte und aktuell günstig bewertet sind.

Besonders interessant ist der Pessimismus der großen Banken und Investmenthäuser. Viele veröffentlichten in den vergangenen Wochen schaurige Prognosen. Jede Erholung sollen Anleger zum Ausstieg aus dem Markt nutzen. Vor zwei Monaten noch, als die Jahresausblicke 2016 veröffentlicht wurden, sah die Lage ganz anders aus. Hier war von einer Fortsetzung des Bullenmarktes die Rede. Den Indizes wurde eine Performance von 5-15 % vorhergesagt.

Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass auch Investmentbanken ihre Meinungen einmal ändern. Das tun sie zu selten und oftmals viel zu spät. Dass sich ein so breiter Konsens (Bullenmarkt) so schnell ändert (Bärenmarkt), ist selten. Es ändert jedoch nichts daran, dass Banken oft erst am Ende eines Trends ihre Empfehlungen aussprechen. Es wird also häufig erst dann ein Kauf empfohlen, wenn der Markt den halben Bullenmarkt schon hinter sich hat und Verkäufe werden angeraten, wenn die Korrektur so gut wie vorbei ist. Für Anleger, die frühzeitig bei den Trends dabei sind, ist das eine gute Nachricht. Viele Anleger und Investoren folgen den Empfehlungen der Banken. Nachdem diese nun alle verkauft haben, müssen sie auch wieder in den Markt rein, wenn die Indizes partout nicht wieder rasch nach unten stürzen. Das kann die derzeit laufende Erholung weit bringen.

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10 Kommentare

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  • Xetrance
    Xetrance

    Großes Kompliment Herr Schemale,

    für Ihre geradezu atemberaubende Produktivität und Ihre überaus profunden Beiträge!
    Es ist gut, bei Godemode nicht nur virtuose Kurvenakrobaten zu erleben sondern auch ebensolche "Fundamentalisten". Sehr wertvoll finde ich vor allem Ihre übergreifenden Analysen (wie China heute) oder diesen Beitrag. Vielleicht gibt es diese Analyse ja gelegentlich in gleicher Form für den DAX?

    11:57 Uhr, 18.02. 2016
  • Octagon2012
    Octagon2012

    Wenn der Dax heute über 9460 abschließt, ist die Korrektur beendet.

    11:41 Uhr, 18.02. 2016
  • S_o_r_o_s
    S_o_r_o_s

    Die einzige Institution, die einen Crash auslösen kann ist die Notenbank.

    Sie hat die Kontrolle über das Geld und kann es beliebig vervielfachen. Und sie bestimmt den Zinssatz. Die letzten Crashs oder generell alle Crashs haben immer was mit kurzfristigen Steigerungen des Zinssatzes zu tun gehabt.

    Notenbanken lösen Crashs im Allgemeinen aber nur bei Spekulationsblasen aus. Wie z.B. 2008.

    Momentan befinden wir uns aber in einer Situation, wo Aktien lediglich moderat bewertet sind. Selbst wenn es jetzt noch ein Stück tiefer als vor einigen Tagen geht, erwarte ich für die nächsten Jahre eine große Aktien-Rally. Das Umfeld ist einfach stimmig. Anzahl der Dauerpessimisten, Zinsen, Alternativlosigkeit von Aktien (Rendite).

    11:27 Uhr, 18.02. 2016
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Guten Morgen Herr Schmale,

    der einzige Mist auf dem nichts wächst, ist der Pessimist . :-))

    IMO sehen wir hier jedoch eine normale Bärenmarktrally, die ich seit gestern zwar auch Long trade, aber wenn die noch Platz bis max. 10000 Punkte hat, wird es das gewesen sein.

    08:33 Uhr, 18.02. 2016
    1 Antwort anzeigen
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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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