Aktienmarkt: Ist das noch eine Bärenmarktrally oder schon ein neuer Trend?
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Lange bevor die US-Notenbank den Zins im März anhob, warf die Zinswende ihre Schatten voraus. Die Rendite von Staatsanleihen begann bereits im Herbst 2021 deutlich zu steigen. Das trug dem Umstand Rechnung, dass die Fed zu diesem Zeitpunkt eine Reduktion der monatlichen Wertpapierkäufe ankündigte. Einen Termin für den ersten Zinsschritt gab es damals noch nicht, doch Anlegern war klar, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde. Die Bedingungen auf dem Finanzmarkt verschlechtern sich bereits seit drei Quartalen, sei es durch höhere Marktzinsen bei Anleihen und Immobilienkrediten oder durch eine Verringerung der Liquidität. Das war anfänglich auch gewollt. Man kann Inflation nicht bekämpfen, indem die Geldpolitik unverändert locker bleibt. Kurzfristig geriet der Markt in Panik. Die Zinsen stiegen zu schnell, die Renditedifferenz von Unternehmens- zu Staatsanleihen weitete sich rasant aus. Das hohe Zinsniveau führt auf dem Immobilienmarkt inzwischen zu deutlich geringerer Nachfrage. Es drohte eine Vollbremsung, weil sich die Bedingungen zu schnell verschlechterten. Die Fed steuerte temporär gegen. Die Möglichkeit einer langsameren Straffung ab Herbst wurde in Aussicht gestellt. Dadurch wird der Trend zu höheren Zinsdifferenzen (Spreads) zunächst gebremst. Das war dringend notwendig. Steigen die Spreads, also die Finanzierungskosten für Unternehmen, dämpft dies das Wachstum. Einkaufsmanagerindex und Spreads gehen Hand in Hand (Grafik 1).
Es wird etwas Druck aus dem Markt genommen. Die jetzige Entspannung kommt möglicherweise aber zu spät für die Wirtschaft. Geldpolitik wirkt mit Verzögerung. So läuft die Renditeentwicklung 10-jähriger Anleihen dem Einkaufsmanagerindex (und damit der Wirtschaft) um 18 Monate voraus (Grafik 2).
Der Schaden ist bereits angerichtet. Die aktuelle Entspannung wirkt realwirtschaftlich erst in einigen Monaten. Zu allem Überfluss ist die Lage global alles andere als unterstützend. Die Lockdowns in China haben die dortige Wirtschaft stark ausgebremst. Der dortige Einkaufsmanagerindex ist im Rezessionsbereich. Die Lockerung der Beschränkungen wird erst mit der Zeit positiv auf das Wachstum wirken.
China ist wichtiger Exporteur, aber auch Importeur für die Welt. Eine Abkühlung in China dämpft das Wachstum auch in den USA und Europa. Der Wachstumseinbruch durch die Lockdowns lässt für die Entwicklung in den USA nichts Gutes vermuten (Grafik 3). Im Normalfall kommt eine Abschwächung in China mit wenigen Monaten Verzögerung in den USA und Europa an. Der Einbruch ist bereits geschehen. Daran ändern auch die jüngsten Lockerungen nichts.
Man muss nicht nach China blicken, um eine Abkühlung auch in den USA zu erkennen. Ein Vorlaufindikator für die Wirtschaft sind LKW-Verkäufe. Der Vergleich zum Einkaufsmanagerindex zeigt, dass es weiter nach unten gehen dürfte (Grafik 4).
Wer von einem Abschwung dennoch nicht überzeugt ist, kann einfach einen Blick auf den Lagerbestand werfen (Grafik 5). In den USA bestellten Unternehmen bereits vor anderthalb Jahren viele Güter, da der Konsum sprunghaft anstieg. Jetzt sind die Lager nicht nur voll, sondern übervoll. Unternehmen müssen die Lager erst räumen, bevor neuer Bedarf entsteht. Das wird die Produktion für viele Monate dämpfen.
Alle Frühindikatoren zeigen nach unten. Immerhin ist der Aktienmarkt mit dem Trend in Einklang (Grafik 6). Da sich die Lage jedoch weiter eintrübt, müsste auch der Aktienmarkt weiteren Abgabedruck zu spüren bekommen.
Wer die Hoffnung hat, dass der Abschwung an den Gewinnen der Unternehmen vorbei geht, sollte sich nicht so sicher sein. Die Bestellungen von Maschinen aus Japan ist ein guter Vorlaufindikator für die Entwicklung des Gewinns je Aktie (Grafik 7). Der Trend lässt zumindest Nullwachstum erahnen. Eine Gewinnrezession kann nicht ausgeschlossen werden.
Ein Gegensteuern der Fed kommt aller Voraussicht nach zu spät. Andere Faktoren können die Wirtschaft und den Aktienmarkt jedoch retten. Ändert China zum Beispiel die Covid-Strategie und wartet mit einem großen Konjunkturpaket auf, um das Wachstumsziel zu erreichen, zieht dies die ganze Weltwirtschaft nach oben. Aktuell sind regionale Konjunkturpakete geplant. Das ist für die Weltwirtschaft nicht ausreichend.
Alle Zeichen stehen weiterhin auf Abschwung. Solange das so bleibt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Rally eine Bärenmarktrally ist und kein Trendwechsel.
Clemens Schmale
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