Kommentar
15:14 Uhr, 18.11.2008

Aktienmärkte weiter unter Druck

Rezessionsängste belasten Aktienmärkte. G20-Gipfel mit ersten Schritten in Richtung einer globalen Finanzmarktregulierung. Deutsche Aktien können sich dem negativen Trend nicht entziehen. Lage von General Motors wird immer bedrohlicher.

Aktienmärkte weiter unter Druck

Die Aktienmärkte mussten in der zurückliegenden Woche bei unverändert hoher Volatilität erneut teilweise heftige Verluste hinnehmen. Verantwortlich dafür waren in erster Linie anhaltend schwache Konjunkturdaten aus allen Regionen der Welt. Es gibt inzwischen kaum noch Zweifel daran, dass wir uns auf direktem Weg in eine ausgeprägte globale Rezession befinden. Die Industrieländer-Organisation OECD hat vor diesem Hintergrund in der letzten Woche ihre geänderten Konjunkturprognosen bekannt gegeben. Demnach erwartet sie für ihre 30 Mitgliedsländer im kommenden Jahr einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,3 Prozent nach einem Zuwachs von 1,4 Prozent in diesem Jahr. Erst für 2010 ist nach ihrer Meinung wieder mit einer spürbaren wirtschaftlichen Erholung zu rechnen.

Große Schwellenländer wie China geraten immer stärker in den Abwärtssog der USA, Japans und Europas. Die chinesische Regierung hat deshalb zu Wochenbeginn eine massive finanzielle Aufstockung ihres Konjunkturprogramms beschlossen. Bis 2010 sollen umgerechnet 460 Mrd. Euro in Infrastruktur- und Sozialprojekte investiert werden. Dies konnte zwar kurzfristig die internationalen Aktienmärkte kräftig beflügeln, eine nachhaltige Wirkung blieb jedoch aus, wie ein Blick auf die Wertentwicklung der bedeutenden Aktienindizes zeigt. Neben der Fiskalpolitik könnte zukünftig aber auch die Geldpolitik verstärkt zur Unterstützung der Konjunktur eingesetzt werden. Die auf breiter Front rückläufigen Verbraucherpreise vergrößern zusehends den Spielraum der chinesischen Notenbank für Zinssenkungen.

G20-Treffen verabschiedet Aktionsplan

Neben der immer stärker um sich greifenden Konjunkturschwäche bleibt die Finanzmarktkrise ganz oben auf der Agenda. Der G20-Gipfel in Washington, an dem die Staats- und Regierungschefs aus den 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländern teilnahmen, hat zwar noch keine konkreten Ergebnisse gebracht. Es wurde aber ein weitreichender Aktionsplan zur Bekämpfung der weltweiten Finanzkrise auf den Weg gebracht. Kernpunkte sind Maßnahmen zur Regulierung und Überwachung der Finanzmärkte sowie der Finanzprodukte und Marktteilnehmer einschließlich Ratingagenturen und Hedge-Fonds. Die Details sollen im April auf der Folgekonferenz in London festgelegt werden.

Dax kann sich dem negativen Umfeld nicht entziehen

Im Deutschen Aktienindex, der auf Wochensicht knapp fünf Prozent an Wert einbüßte, waren Finanztitel erneut die großen Verlierer. Deutsche Bank, Hypo Real Estate, Commerzbank oder Allianz mussten Verluste von über zehn Prozent hinnehmen. Dem allgemeinen Abwärtstrend erfolgreich entgegenstemmen konnte sich jedoch der Automobilzulieferer Continental, nachdem die Schaeffler-Gruppe den offiziellen Antrag auf Übernahme von Continental bei der EU-Kommission einreichte. Am Markt zuvor noch bestehende Zweifel, ob der Übernahme-Deal in Folge der Finanzmarktkrise noch scheitern könnte, wurden damit ausgeräumt. Mit relativ geringen Verlusten beendete auch Siemens die Woche trotz Bekanntgabe eines Quartalsverlusts von 2,4 Mrd. Euro. Was die Börsianer optimistisch stimmte, war die unveränderte Ergebnisprognose für 2009. Positiv aufgenommen wurde von den Marktteilnehmern auch die Entscheidung der Deutschen Post, sich aus dem hoch defizitären US-Geschäft zurückzuziehen.

Quo vadis General Motors?

Die Situation beim größten Automobilhersteller der USA wird immer bedrohlicher. Inzwischen mehren sich die Stimmen, die die Überlebensfähigkeit des Konzern grundsätzlich in Frage stellen. Die Deutsche Bank etwa senkte am Dienstag das Kursziel von vier auf null (!) Dollar. Damit löste sie einen Kurssturz der GM-Aktie von 30 Prozent aus. Die Marktkapitalisierung des Autobauers liegt damit inzwischen nur noch bei rund zwei Mrd. US-Dollar. Damit dürfte der Druck auf die neu gewählte US-Regierung zunehmen, GM und den anderen Autokonzernen finanziell unter die Arme zu greifen. Von der Existenz bedrohenden Entwicklung bei GM ist auch die deutsche Tochter Opel betroffen. Das Opel-Management hat deshalb am Freitag von der Bundesregierung und den Bundesländern mit Opel-Standorten eine Milliarden-Bürgschaft gefordert.

Für Verunsicherung sorgten auch Berichte aus dem Finanzsektor. Der Hypothekenfinanzierer Fannie Mae sowie der Versicherungskonzern AIG berichteten über hohe Verluste im dritten Quartal. AIG benötigt deshalb noch zusätzliche Mittel aus dem amerikanischen Hilfspaket für die Finanzbranche.

Die Lage an den US-Aktienmärkten bleibt daher angespannt. Insgesamt verlor der Dow Jones in der Vorwoche fünf Prozent, der Technologieindex Nasdaq sogar fast acht Prozent. Technologieaktien wurden dabei besonders durch die Gewinnwarnung des Chipherstellers Intel belastet.

Ausblick

Der Datenkalender für die kommende Woche ist nicht gerade prall gefüllt. Doch daraus abzuleiten, dass uns eine ruhige Woche an den Kapitalmärkten bevorsteht, wäre wohl vermessen. Viel wichtiger sind derzeit Entscheidungen von politischer Seite: Konjunkturprogramme, Hilfspakete, Subventionen usw. Unsicherheit beherrscht weiter die Märkte. Die hohe Volatilität wird daher weiter anhalten.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 174,5 Mrd. Euro verwaltete die Gesellschaft per 31. Dezember 2007. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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