Aktienmärkte im Bann der Finanzkrise
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Die sich zuspitzende Finanzmarktkrise hat für eine dramatische Börsenwoche gesorgt. Das Ringen um das 700 Milliarden schwere Rettungspaket der US-Regierung und die in Bedrängnis geratenen europäischen Banken waren Thema Nummer eins an den Märkten. Auch in Russland, wo sich die Kurse seit Ende Mai in freiem Fall befinden, ist mittlerweile die Kreditvergabe zwischen den Banken zum erliegen gekommen. Der RTS-Index verbuchte einen Wochenverlust von nahezu 17 Prozent und hat damit seit seinem Höchststand rund 57 Prozent an Wert eingebüßt. Auf konjunktureller Seite trübte sich das Bild weiter ein und der Euro notierte zuletzt bei rund 1,36 US-Dollar.
USA: Hilfspaket genehmigt
Das Geschehen an den US-Aktienmärkten war in der Berichtswoche von heftigen Kursschwankungen geprägt. So wurde das Ringen um den Rettungsplan der Regierung in Höhe von 700 Mrd. US-Dollar mit Tagessprüngen im Dow Jones Industrial Average (DJIA) von minus 778 Punkten oder sieben Prozent, aber auch mit Steigerungsraten von nahezu fünf Prozent oder 485 Zählern begleitet. Am Freitag schließlich konnten Marktteilnehmer aufatmen. Auch das Repräsentantenhaus, das im ersten Anlauf den Plan zu Fall gebracht hatte, gab seine Zustimmung und Präsident George W. Bush unterzeichnete das Hilfspaket. Eine weitere positive Nachricht war die Übernahme der angeschlagenen Regionalbank Wachovia durch Wells Fargo für 16 Milliarden US-Dollar. Citigroup war letztendlich nicht zum Zuge gekommen.
Die von einigen Anlegern auf die guten Nachrichten hin erwartete Kurserholung blieb jedoch aus. Im Gegenteil: Der DJIA verlor am Freitag 157 Punkte bzw. 1,5 Prozent und musste so für die Handelswoche Einbußen von über sieben Prozent hinnehmen. Damit wurde seit Juli 2002 der höchste Wochenverlust ausgewiesen.
Ein wesentlicher Grund für die nach wie vor deutlich eingetrübte Stimmung an den US-Aktienmärkten sind die anhaltend schlechten Konjunkturnachrichten. So ist etwa der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe im September deutlich stärker gefallen als erwartet und zeigte dabei die größte, im Monatsvergleich aufgetretene negative Veränderung seit Januar 1984. Auch die jüngsten Meldungen vom Arbeitsmarkt schürten die Rezessionsängste. Im September fiel die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft um weitere 159.000, was den neunten Rückgang in Folge bedeutete. Es waren zudem die höchsten monatlichen Einbußen seit März 2003.
Euroland: Dramatisches Wochenende
Auch die europäischen Aktienmärkte standen letzte Handelswoche gänzlich im Bann der Finanzmarktkrise. Vor allem die deutsche Börse war mit dem beinahe Zusammenbruch der Hypo Real Estate erheblichen Belastungen ausgesetzt, was sich auch an dem gegenüber dem DJ Euro Stoxx 50 wesentlich größeren Kursverlust im DAX zeigt.
Was war geschehen? Die Hypo Real Estate musste seit Beginn der Finanzmarktkrise hohe Abschreibungen auf strukturierte Kreditprodukte vornehmen. Im weiteren Verlauf versiegten die Refinanzierungsquellen der Gruppe, wobei vor allem die Tochtergesellschaft Depfa die Störungen am Geldmarkt zu spüren bekam. Daraufhin verbündeten sich mehrere deutsche Großbanken, um dem Münchner Institut rasch eine Kreditlinie von mehreren Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Der Bund übernahm eine Bürgschaft über 35 Mrd. Euro. Marktteilnehmer atmeten auf, doch währte die Erleichterung nicht lange. Zum Wochenende hin war der Rettungsplan zerbrochen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass Hypo Real Estate wohl weit mehr Geld benötigen wird als ursprünglich erwartet.
Krisensitzungen fanden statt und dann am Sonntag schließlich die Ankündigung, dass nun doch ein Auffangnetz für die größte europäische Hypothekenbank gespannt wird. Es werden dem Institut zusätzlich 15 Milliarden Euro über einen ebenfalls besicherten Liquiditätskredit zur Verfügung gestellt. Somit ist das ursprüngliche Paket von 35 auf jetzt 50 Milliarden Euro aufgestockt.
Parallel dazu gab Bundeskanzlerin Merkel eine Staatsgarantie für alle privaten Spargeldeinlagen, Termineinlagen und Girokonten ab. Damit übernimmt die Regierung eine Garantie, die über das Einlagensicherungssystem der Banken hinausgeht. Mit diesem Schritt folgte Deutschland den Regierungen in Irland und Griechenland, die in den vergangenen Tagen ähnliche Zusagen ausgesprochen hatten.
Zu diesen dramatischen Ereignissen gesellte sich dann auch noch die überraschende Wende im Fall Fortis. Erst letzte Woche hatten die drei BeNeLux-Staaten für den angeschlagenen belgisch-niederländischen Finanzkonzern ein Rettungspaket geschnürt. Nun gab der niederländische Staat bekannt, für 16,8 Milliarden Euro den niederländischen Teil der Gruppe zu übernehmen, also die Fortis Bank Niederlande, deren Versicherungsgeschäft sowie die im vergangenen Jahr von Fortis erworbenen großen Teile von ABN Amro. Darüber hinaus wird die französische BNP Paribas die noch in Belgien und Luxemburg verbliebenen Teile für 14,5 Milliarden Euro erwerben.
Alles in allem umfangreiche, entweder staatliche oder aus dem Privatsektor kommende Maßnahmen, um der Finanzmarktkrise Herr zu werden. An den europäischen Aktienmärkten will sich die Stimmung aber noch nicht aufhellen, zumal sich mit der Finanzmarktkrise das konjunkturelle Umfeld zunehmend verdüstert. Heute Mittag notierten DAX und DJ Euro Stoxx 50 mit über fünf Prozent im Minus.
Ausblick
In der laufenden Handelswoche stehen auf beiden Seiten des Atlantiks zahlreiche Konjunkturdaten an. Von ihnen erwarten Marktteilnehmer weiteren Aufschluss über die wirtschaftliche Situation in den USA und Europa. Darüber hinaus wird die Finanzmarktkrise ein Börsen bestimmendes Thema bleiben.
Quelle: Union Investment
Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 174,5 Mrd. Euro verwaltete die Gesellschaft per 31. Dezember 2007. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.
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