Kommentar
13:06 Uhr, 27.09.2011

Aktienmärkte blicken auf die Politik

Die US-Notenbank will die langfristigen Zinsen senken und dazu ihren Bestand an US-Staatsanleihen umschichten. Begründet wird die „Operation Twist“ mit den gestiegenen Abwärtsrisiken für die US-Konjunktur. Die Börsenkurse an der Wall Street gingen daraufhin auf Talfahrt. Auch die Aktienmärkte in Europa und den Emerging Markets waren davon betroffen.

USA: Kurse purzeln trotz „Operation Twist“

Die US-Notenbank Fed will das langfristige Zinsniveau senken. Dazu planen die Währungshüter ihr Portfolio von US-Staatsanleihen umzuschichten. Vorgesehen ist der Verkauf von kurzfristigen Papieren im Wert von 400 Mrd. US-Dollar. Im Gegenzug sollen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von sechs bis 30 Jahren erworben werden. Mit dieser „Operation Twist“ erhofft sich die Fed sinkende Zinsen im langfristigen Laufzeitenbereich. Dadurch sollen zusätzliche Investitionen und ein stärkerer privater Konsum angestoßen werden. Außerdem gaben die Notenbanker bekannt, dass Gelder aus fällig werdenden Hypothekenanleihen künftig in Häuserkredite reinvestiert werden sollen. Bislang hatte die Fed diese Mittel zum Erwerb von Staatsanleihen verwendet. Ziel ist die Entlastung des stagnierenden Immobilienmarktes. Stützungskäufe durch die Zentralbank, so die Überlegung, sollten die Vergabe von Hypotheken erleichtern und somit die Erholung des Häusermarktes beschleunigen. Damit bedient sich die Fed erneut unkonventioneller Maßnahmen, ohne jedoch das Volumen der Ankäufe auszudehnen. Begründet wurde der Schritt mit „signifikanten Abwärtsrisiken“ für die US-Konjunktur, denen es zu begegnen gelte.

Die Betonung der Wachstumsgefahren seitens der Fed führte zu einer deutlichen Stimmungsverschlechterung an den US-Aktienmärkten. Rezessionssorgen griffen um sich. An der Wall Street reagierten die Kurse mit spürbaren Abschlägen. Der Dow Jones Industrial Average verlor im Wochenvergleich 6,4 Prozent. Neben zyklischen Werten waren vor allem Bankwerte betroffen. Die Ratingagentur Moody’s stufte mehrere Kreditinstitute herab. Die Analysten bezweifeln, dass die US-Regierung den Banken im Falle einer neuerlichen Krise im Finanzsektor erneut beispringen würde. Bei der Citigroup ging der Aktienkurs daraufhin um 13,8 Prozent zurück. Auch die Bank of America (-12,7 Prozent), JP Morgan Chase (-11,5 Prozent) und Goldman Sachs (-11,5 Prozent) verzeichneten Abschläge. Positive Nachrichten von Unternehmensseite konnten in diesem Umfeld kaum Wirkung entfalten. So gab der Softwarekonzern Oracle für das vergangene Quartal ein Umsatzwachstum von zwölf Prozent bekannt. Auch der Sportartikelhersteller Nike konnte das Ergebnis deutlich steigern. Die Aktien beider Unternehmen sahen sich dennoch mit sinkenden Kursen konfrontiert, verloren aber weniger als der Gesamtmarkt.

Europa: Banken und Zykliker verlieren deutlich

Der eingetrübte Konjunkturausblick der Fed führte auch in Europa zu Abgabedruck. Im Vergleich zur Vorwoche gab der EURO STOXX 50 um 6,2 Prozent nach. Vor allem vom Wirtschaftswachstum abhängige Unternehmen – sogenannte Zykliker – verloren deutlich. Aktien des Stahlkonzerns ArcelorMittal verbilligten sich beispielsweise um 14,2 Prozent. Unter dem Eindruck der Euro-Peripheriekrise verzeichneten zudem Bankaktien erneut heftige Kursabschläge. Einmal mehr waren besonders die französischen Institute im Fokus. Marktspekulationen über Rekapitalisierungen oder gar Verstaatlichungen führten bei Instituten wie der Société Générale (-12,2 Prozent) oder BNP Paribas (-10,2 Prozent) zu zweistelligen Kursverlusten. In Deutschland enttäuschte die Lufthansa mit einer Gewinnwarnung. Wegen der unsicheren Buchungslage und einem schwachen Passagiergeschäft sind nach Angaben der Fluggesellschaft die ursprünglichen Ziele für 2011 nicht mehr zu erreichen. Die Aktie verlor gegenüber der Vorwoche 16,5 Prozent und war damit schwächster Wert im DAX.

Hingegen gab der britische Bierbrauer SABMiller nach zähen Verhandlungen bekannt, dass man sich mit dem australischen Rivalen Foster’s auf eine Übernahme geeinigt habe. Dazu stockte SABMiller sein Angebot von zuvor 4,90 Australischen Dollar (AUD) auf 5,10 AUD auf. Dies entspricht einer Bewertung von 9,9 Mrd. AUD (rund 7,4 Mrd. Euro). Der Aktie von SABMiller half die Nachricht jedoch zunächst nicht. Im Wochenvergleich war ein Minus von 6,8 Prozent zu verzeichnen.

Börsen in Emerging Markets unter Druck

Verglichen mit früheren Marktturbulenzen hatten sich die Börsen in den aufstrebenden Volkswirtschaften (Emerging Markets) bislang relativ robust gegenüber der Euro-Peripheriekrise sowie den wachsenden Konjunktursorgen gezeigt. In der vergangenen Woche kamen die Aktienmärkte jedoch unter Druck. Grund war die gestiegene Risikoaversion der Anleger, ausgelöst durch den verschlechterten Ausblick der US-Notenbank Fed. Trotz soliden Wachstums in der Region zogen daraufhin viele US-amerikanische oder europäische Investoren ihre Mittel aus den Schwellenländern ab, um sie in den (als weniger risikoreich eingestuften) entwickelten Märkten anzulegen. Besonders der russische Aktienmarkt gab stark nach. Der RTS-Index verzeichnete ein Wochenminus von 16,4 Prozent. In US-Dollar notierte Aktien chinesischer Unternehmen (B-Shares) gaben an der Börse in Shenzen um 10,2 Prozent nach. Vergleichsweise gering waren die Abschläge hingegen in Indien (-3,9 Prozent). Insgesamt notierte der MSCI Emerging Markets im Wochenvergleich um 7,7 Prozent leichter.

Ausblick

Einmal mehr schauen die Aktienmärkte in dieser Woche in Richtung der Politik. In einigen EU-Ländern stehen die parlamentarischen Abstimmungen über die Aufstockung des Euro-Rettungsschirms bevor. Besonders gespannt wird die Sitzung des Deutschen Bundestages erwartet. Zwar ist eine Ablehnung im größten Land der Währungsunion unwahrscheinlich. Sollte die Bundesregierung jedoch keine eigene Mehrheit im Parlament erreichen, so dürfte dies an den Märkten die Unsicherheit weiter verstärken.

Quelle: Union Investment

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