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13:08 Uhr, 11.11.2013

Aktien USA: zu teuer, zu billig?

Ein kumuliertes Plus von 175 Prozent – das ist die stolze Bilanz des amerikanischen Aktienmarktes, seit er am 3. September 2009 die Talsohle durchschritten hat.

London (BoerseGo.de) - Ein kumuliertes Plus von 175 Prozent – das ist die stolze Bilanz des amerikanischen Aktienmarktes, seit er am 3. September 2009 die Talsohle durchschritten hat. Das ist aber auch der Grund, warum derzeit viel darüber diskutiert wird, ob US-Titel nun schon deutlich überbewertet oder noch immer günstig sind. Sam Peters, Portfoliomanager beim US-Aktienspezialisten Legg Mason Capital Management, steigt in die Diskussion ein und analysiert die Argumente und den amerikanischen Markt genauer.

„Um die aktuelle Bewertungsdiskussion zu verstehen, muss man zunächst einmal die Grundlagen von Professor Robert Shillers so genannten zyklisch angepassten Kurs-Gewinn-Verhältnis (CAPE) verstehen, auf das man die Debatten typischerweise runterbrechen kann“, sagt Peters. Das CAPE nutzt das Zehnjahresmittel des gleitenden Jahresdurchschnitts auf monatlicher Basis, um das Kurs-Gewinn-Verhältnis des Marktes zu berechnen, das das nachhaltige Niveau der Gewinne vollständiger widerspiegelt. Zurzeit liegt Shillers CAPE-Mehrfaches leicht über 23, was historisch betrachtet hoch ist. Deshalb würde Shiller wohl argumentieren, dass der Markt anfällig für negative Überraschungen sei.

Doch wie anfällig ist der Markt wirklich? Beruft man sich wieder auf Shillers Daten, liegt die Wahrscheinlichkeit bei 13 Prozent, dass der Markt im kommenden Jahr um mindestens 20 Prozent einbricht. Das Gegenargument kommt von Professor Jeremy Siegel von der Universität Pennsylvania. Er argumentiert, dass Shillers Daten aufgrund von Änderungen in der Rechnungslegung nach unten verzerrt werden. Grund hierfür sei die Tatsache, dass große Abschreibungen bei Assets, die an Wert verlieren, üblich seien, während Neubewertungen nach oben erst stattfinden würden, wenn die Assets verkauft würden. Diese Praktik hätte vor allem während der Finanzkrise ihren Tribut gefordert und für einen tendenziösen Aufwärtstrend in Shillers CAPE-Ratio gesorgt. Würde man die Gewinne nach Steuern heranziehen, wie sie im so genannten National Income and Produkt Accounts (NIPA) veröffentlicht werden, läge der CAPE-Wert statt bei 23 nur noch bei 15, was die Wahrscheinlichkeit eines Crashs deutlich von 13 auf nur noch 8 Prozent reduzieren würde.

Auch Sam Peters schlägt sich auf die Seite von Professor Siegel: „Aus unserer Sicht sollten Abschreibungen aus Rechnungslegungsgründen ausgeschlossen werden. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden.“ Für Peters ist klar, dass das CAPE damit irgendwo im mittleren bis hohen Zehnerbereich und somit nahe des historischen Durchschnitts läge. „Mit anderen Worten heißt das nichts anderes, als dass sich die Bewertungen am US-Aktienmarkt wieder auf einem normalen Niveau befinden“, sagt Peters. Damit sei aber auch klar, dass Bewertungen weder hilfreich noch hinderlich für Investmententscheidungen sind und Änderungen bei den Fundamentaldaten das Geschehen derweilen dominieren werden.

Hier sind die Legg Mason-Experten jedoch sehr zuversichtlich: „Wir sehen eine deutliche Verbesserung beim Immobilienzyklus und glauben, dass das Energieangebot der USA für eine positive Überraschung gut ist“, sagt Peters. Innovationen in den Bereichen Technologie und Gesundheit würden zudem die langfristigen Wachstumsaussichten stützen, da die Produktivität verbessert würde. „Vor allem aber glauben wir, dass ein Großteil der Sektoren im Markt den zyklischen und strukturellen Gegenwind der amerikanischen Fundamentaldaten nicht verinnerlicht hat – darunter Finanz-, Technologie-, Gesundheits- und Energiewerte“, so Peters weiter. Das böte Gelegenheit solche Unternehmen ausfindig zu machen, die über sich verbessernde Fundamentaldaten verfügen und die unter ihren Unternehmenswert gehandelt würden.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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