Kommentar
18:18 Uhr, 25.09.2017

Aktien sind zu teuer. Punkt.

Täglich neue Allzeithochs bei US-Aktien sind derzeit so sicher wie das Amen im Gebet. Das ist ein großes Problem.

Erwähnte Instrumente

Vielen fehlt derzeit die Euphorie im Markt, um sich eine Korrektur oder einen Bärenmarkt vorstellen zu können. Ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen, dass ich diese Einschätzung nicht teile. Wir haben derzeit nicht so viel Optimismus im Markt wie zur Jahrhundertwende. Das braucht es aber auch nicht.

Vor inzwischen fast 20 Jahren war so viel Begeisterung im Markt, dass jeder Tech-Börsengang ein Erfolg war. Die Kurse verdoppelten sich beinahe am Tag des Börsengangs. Ob Taxifahrer, Friseur oder Gärtner – jeder war im Markt und war überzeugt, dass es nur bergauf gehen kann.

Von solchen Zuständen ist der Markt heute weit entfernt. Ich halte die Zeit 1999/2000 aber auch nicht für den korrekten Maßstab. Um einen Bärenmarkt anzukündigen braucht es nicht immer eine Euphorie wie damals. Das ist die Ausnahme, nicht die Regel. Gemessen an anderen Bullenmärkten ist der Optimismus heute durchaus vergleichbar.


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Viel wichtiger noch: die Grundüberzeugung fehlt. Jeder sieht haargenau, dass Aktien sündhaft teuer sind. Es wird nur noch gekauft, weil alle denken, dass es nur bergauf gehen kann. Kaum jemand kauft, weil er im Markt Schnäppchen sieht und fundamental ein Kauf gerechtfertigt ist.

Ray Dalio, Manager von Bridgwater Associates, dem weltgrößten Hedge-Fonds, bezeichnete unlängst das Wesen einer Blase wie folgt: es wird nicht gekauft, weil es fundamentale Gründe gibt, sondern nur, weil jeder denkt, dass die Kurse weiter steigen werden. Dalio sagt dies im Zusammenhang mit Bitcoin, doch es trifft auch auf den US-Aktienmarkt zu.

Es fehlt einfach an Substanz. Das ist gefährlich, denn wenn die Substanz fehlt, muss es früher oder später zu einer Korrektur kommen. Der Markt wirkt derzeit zwar auf den ersten Blick unverwüstlich, doch wenn die Überzeugung fehlt, braucht es nicht viel, um die Stimmung zu kippen. Wenn ich nicht von den Kursniveaus überzeugt bin, lasse ich mich nicht lange bitten, wenn der Markt gegen mich läuft. Ich verkaufe schnell, wenn die Kurse fallen.

Ich verhalte mich derzeit genauso wie der Markt. Solange es keine Trendumkehr gibt, bleibe ich investiert. Wenn der Markt dann allerdings bröckelt, verkaufe ich schnell. Genau mit diesem Ansatz sind die meisten Anleger unterwegs. Wenn es losgeht, muss man schnell sein, damit man als einer der ersten durch die Tür kommt. Versucht sich erst die breite Masse durch das Nadelöhr zu quetschen, wird es halt eng.

In dieser Situation hilft es auch nicht, dass Unternehmen selbst immer skeptischer werden. Schon seit mehreren Quartalen sinken die Ausgaben für Aktienrückkäufe (siehe Grafik). Nach derzeitigem Stand hat sich dieser Trend in diesem Quartal munter fortgesetzt. Der S&P 500 steigt aber unbeeindruckt weiter.

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Die Zurückhaltung der Unternehmen ist gut begründet. Inzwischen gehen 83 % der CFOs davon aus, dass der Markt überbewertet ist. Wenn selbst die eigenen Leute der Meinung sind, dass es den Unternehmen an Substanz fehlt, dann weiß ich auch nicht, was für ein Signal es noch braucht... Aber gut, demnächst kommt ohnehin erst einmal der Startschuss für die Jahresendrally.

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15 Kommentare

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  • plungeboy
    plungeboy

    Für private (kurzfristige) Trader ist es m. M. nach ein fast aussichtsloses Unterfangen, mit dem Trading im Plus zu bleiben (und die Statistiken belegen das ja auch) und zwar aus im Wesentlichen aus 2 Gründen:

    Der private Trader ist das Geschäftsmodell für die Großen - diese nehmen dann i. d. R. die Gegenseite der privaten Trades ein und haben jederzeit die Power, ihre Gegenseite mal unten, mal oben zu eliminieren und somit per Saldo immer (oder sagen wir mal meistens) im Plus zu schließen. Dafür nutzen diese Adressen ausgeklügelte statistische Algorithmen und Rechnerpower. Irgendwoher muss in diesem Nullsummenspiel ja die Kohle herkommen.

    Der 2. Grund ist das maschinelle Trading selbst. Durch dieses Trading wird es für einen (menschlichen) Trader immer schwieriger, Kursbewegungen nachvollziehen zu können. Da poppt urplötzlich eine 5m-Kerze nur so hoch und niemand weiß warum, nur um danach auf neue Tiefs zu fallen. Die Profis in den großen Handelsräumen lachen sich dann kaputt.

    Der einzige Weg, da als Kleiner selbst heil rauszukommen, wäre zu wissen, was das Big Smart Money gerade so entscheidet. Diese Adressen werden entscheiden, wie lange dieser Wahnsinn noch weitergeht und ab wann wieder richtig geile Paniktiefstkurse benötigt werden, wenn für sie der Grenzertrag weiterer Kurssteigerung zu gering wird. Ein Crash läßt sich daher kaum timen, denn er wird entschieden, vermutlich auch durch das Ausgraben geeigneter Horrorszenarien, die dann gezielt verbreitet werden. Ja, ich weiß, Verschwörungstheorie. Aber warum soll ausgerechnet in dem Bereich, wo täglich das meiste Kapital bewegt wird, so etwas nicht stattfinden - wenn nicht hier, wo sonst. Einige Dinge sind ja auch schon aufgedeckt worden (Libor- und Goldpreismanipulationen etc.) - dürfte nur eine ganz kleine Spitze dieses Eisberges sein. Bin mal gespannt, ob ich mal den Punkt erreiche, wo ich mal selbst so die Schnauze voll habe, dass den Anderen dieses Feld überlasse, hänge also in gewisser Weise selbst noch dem Irrglauben an, auf Dauer doch im Plus bleiben zu können

    13:21 Uhr, 26.09.2017
  • P_44
    P_44

    Was für ein beschissener Titel.

    09:12 Uhr, 26.09.2017
  • Tüskendör
    Tüskendör

    Ist es das nicht genau der Umstand, der die Preisbildung ausmacht?

    Eine Flasche Wasser im Supermarkt kostet 1 Euro, am Bahnhof 3 Euro, in der Wüste unter Verdurstenden 1000000+x Euro

    - und wenn dort der Tankwagen kommt, erfolgt genau dort der Crash. Welches ist der wirklich faire Preis für die Flache Wasser?

    Diesmal ist natürlich alles anders.

    Mal eine These: Die jetzige Anlegergeneration "mit Geld" hat nach der .com-Blase und der "Finanzkrise" 2008/2009 unheimlich an Erfahrung gewonnen. Niemals zuvor war es für Privatanleger so einfach wie heute auf fallende Kurse zu setzen - und "alle" haben es sich vorgenommen, dieses mal genau das zu tun und lauern seit Jahren in dieser verblüffenden Hausse auf ihre Chance.,,

    Was alle denken/erwarten passiert jedoch nicht, weil Reichtum niemals sozialisiert wird.

    Sollte es eine Überbewertung geben, dann erfolgt vielleicht nicht der große "Crash", sondern ein zermürbender, lange anhaltenden Bärenmarkt?

    Solange mein Taxifahrer nicht kauft, die Bildzeitung nicht trommelt und die Politik nicht beginnt, Oma Olga`s Rentengelder in den überhitzten Markt zu stecken.... solange wird eine Google, eine Amazon und Co keine "günstigen" Einstiegskurse zulassen....

    Diesmal ist natürlich wirklich alles anders ..... ;-)

    21:06 Uhr, 25.09.2017
    4 Antworten anzeigen
  • Joey-the-bee
    Joey-the-bee

    Is halt alles relativ

    19:54 Uhr, 25.09.2017
  • 1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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