Kommentar
18:20 Uhr, 29.03.2018

Aktien sind doch günstig, oder?

Anleger waren auch schon einmal begeistertere Käufer. Lange ist das noch nicht her. Noch im Januar stiegen die Kurse exponentiell an. Nun sind sie gefallen und eigentlich schon wieder billig.

Vor nicht einmal zwei Monaten kauften Anleger Aktien zu jedem Preis. Wer damals von einer Übertreibung sprach, wurde belächelt. Hedgefonds Legende Ray Dalio sprach sogar davon, dass sich jeder, der Cash hält, dumm fühlen würde. Im Nachhinein fühlt sich vermutlich keiner der Angesprochenen sonderlich dumm.

Nun stellt sich aber die Frage, ob das schon wieder Kaufkurse sind. Der Markt ist merklich zurückgekommen. Der Dax steht über 10 % unterhalb seines Allzeithochs und wieder dort, wo er schon einmal Anfang 2015 war. In drei Jahren hat sich unterm Strich beim Dax nichts mehr getan. Die Unternehmen schreiben heute jedoch höhere Gewinne als 2015.

Generell wird in diesem Jahr hohes Gewinnwachstum erwartet. Dies gilt natürlich besonders für US-Unternehmen, die von der Steuerreform profitieren. Vergleicht man die Schätzungen, die vor dem Beschluss der Steuersenkung gemacht wurden mit den heutigen (Grafik 1), wird einem fast schwindelig.

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Es sind nicht nur niedrigere Steuern, die die Gewinne wachsen lassen sollen. Es ist auch das gute wirtschaftliche Umfeld. So mancher Sektor soll ein Wachstum von 15 % und mehr erleben. Heute sind Aktien mit einem KGV von über 20 bewertet. Allein durch das Gewinnwachstum sinkt es bei stabilen Kursen unter 17.

Dieses KGV, das Forward KGV (heutige Aktienkurse zu erwartetem Gewinn in einem Jahr), ist das niedrigste seit Anfang 2016 und Ende 2014. Damals waren Aktien ein klarer Kauf. Wir haben heute also das gleiche Forward KGV wie vor zwei Jahren bzw. Ende 2014. Wenn Aktien damals ein Kauf waren, wieso sollten sie es heute nicht sein?

Der Teufel steckt im Detail. Das Forward KGV ist im historischen Vergleich weder besonders hoch noch besonders tief. Nach der Übertreibung zur Jahrhundertwende sankt es bis 2008. Seither steigt es in einem gemächlichen Trend an. Grafik 2 zeigt diesen Trend und vergleicht ihn mit einem zweiten Wert.

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Dieser zweite Wert (realisiertes Forward KGV) zeigt nicht das erwartete Forward KGV, sondern das tatsächlich realisierte Forward KGV an. Das realisierte Forward KGV vergleicht nicht den heutigen Kurs mit dem erwarteten Gewinn in einem Jahr, sondern den tatsächlichen Gewinn (z.B. Q4 2017) mit dem Kurs ein Jahr zuvor.

Dabei zeigt sich, dass das erwartete Forward KGV systematisch niedriger ist als das am Ende realisierte. Analysten überschätzen das Gewinnwachstum teilweise ziemlich deutlich. Das Forward KGV sieht heute tatsächlich nicht schlecht aus. Manche würden sogar sagen, dass es attraktiv ist. Dumm nur, dass es am Ende meist nicht so kommt und das Gewinnwachstum sehr viel niedriger ausfällt als erwartet. Aktien sind und bleiben vorerst nicht billig.

In Einzelfällen kann man immer Schnäppchen finden. Der Markt als Ganzes ist auf aktuellen Bewertungsniveau jedoch nichts, in das man investiert. Traden kann man natürlich immer.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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