Nachricht
10:38 Uhr, 25.04.2013

Aktien: Mittelfristige Prognosen gehen oft in die Hose

Frankfurt am Main (BoerseGo.de) - Zwei Juristen, mindestens drei Ansichten. So lautet der Spott über den Berufsstand der Rechtsgelehrten. Eine große Meinungsvielfalt, etwa über die künftige Entwicklung an den Aktienmärkten, herrscht auch unter Börsianern. Doch das kann Anleger bisweilen mehr verunsichern als helfen.

Kurz vor Weihnachten im Jahr 2000: Nach der Umfrage einer Nachrichtenagentur rechnet die Mehrzahl der Börsenanalysten damit, dass der Deutsche Aktienindex im Jahr 2001 über die Marke von 8.000 Punkten klettert. In Wahrheit notiert der Dax zum Jahresende 2001 bei 5.160 Punkten.

Kurz vor Weihnachten 2007: Die Düsseldorfer WGZ Bank sagt für das Jahr 2008 einen Dax-Stand von 10.000 Punkten voraus. Das „Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung“ (ZEW) in Mannheim wiederum befragt immerhin 230 Finanzmarktexperten nach deren Prognosen ebenfalls für das Dax-Jahr 2008. Der Durchschnittswert liegt bei gut 8.100 Punkten. Tatsächlich schließt der deutsche Eliteindex in besagtem Jahr bei etwas mehr als 4.800 Punkten und verzeichnet damit gegenüber dem Indexstand zu Jahresbeginn einen Verlust von satten 40 Prozent.

Laut einem Börsen-Bonmot sind Prognosen besonders heikel, sobald sie sich mit der Zukunft beschäftigen. Oder anders formuliert: „Man kann Aktienkurse nicht vorhersagen - weder Finanzprofis noch private Investoren können das“, sagt Professor Martin Weber von der Universität Mannheim. Und Reinhard Berben, Geschäftsführer Deutschland der Fondsgesellschaft Franklin Templeton Investments fügt hinzu: „Insbesondere für private Aktien- und Aktienfondsanleger ist es oft riskant, wenn sie sich bei ihren Investmententscheidungen ausschließlich an Meinungen und Einschätzungen von angeblichen Börsengurus orientieren.“

Auf optimistische Vorhersagen zu vertrauen kann genauso falsch sein, wie den Schwarzsehern zu folgen. Seit dem Jahr 1987, als der Dow-Jones-Index und mit ihm fast alle Aktienmärkte rund um den Globus in den Keller rauschten, gilt Roland Leuschel als der Crash-Prophet. Er hatte den Sturz fast als Einziger vorhergesagt. In regelmäßigen Abständen prophezeite er danach den Zusammenbruch der Finanzmärkte - und genauso regelmäßig irrte er sich.

Etwa im Februar 2009, als er ankündigte, dass sich der deutsche Dax-Index in absehbarer Zeit nochmals halbieren werde. Damals notierte das Börsenbarometer bei 4.000 Punkten. Gut vier Jahre später, Mitte März 2013, stand er bei rund 8.000 Punkten.

„Allein die sorgfältige fundamentale Analyse, bei der ein Fondsmanager sich jedes einzelne Unternehmen genau anschaut und dabei dessen längerfristige Perspektive unter die Lupe nimmt, sollte Grundlage für sein Investment sein“, sagt deshalb Reinhard Berben. Börsianer bezeichnen diese Strategie auch als „Bottom-up-Ansatz“. „Von den oft wechselnden Meinungen, Vorhersagen und Prognosen von medienwirksamen Börsen-Gurus sollte sich der Aktienfonds-Anleger besser nicht beeindrucken und erst recht nicht verunsichern lassen“, sagt Reinhard Berben. Mit andern Worten: Der Kurs ist wichtiger als die kurzfristigen Kurse.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

Mehr Experten