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12:12 Uhr, 25.03.2013

Aktien: Falsche Entscheidungen aus Angst vor Verlusten

Frankfurt am Main (BoerseGo.de) – Angst ist ein schlechter Ratgeber. Insbesondere bei der Geldanlage. Denn die weit verbreitete Furcht vor Verlusten lässt vor allem Privatanleger falsche Entscheidungen treffen. Diese bescheren oft schmerzliche Verluste oder weit weniger Gewinn, als bei klarem Kopf möglich gewesen wäre. Aktuell zeigen dies die zurückliegenden knapp fünf Jahre seit Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2008.

Es klingt paradox, ist aber viele Male wissenschaftlich nachgewiesen: „Der Schmerz bei finanziellen Verlusten ist deutlich größer als die Freude an einem Gewinn“, sagt Reinhard Berben, Geschäftsführer der US-Fondsgesellschaft Franklin Templeton Investments in Deutschland. Wissenschaftlich erwiesen wurde dies spätestens Mitte der 1990er Jahre durch eine Studie der beiden Verhaltenspsychologen Daniel Kahneman und Amos Tversky (veröffentlicht im Jahr 1999 im „Journal of Behavioral Decision Making“, 12 unter dem Titel „Mental Acounting Matters“).

Als im Jahr 2008 mit dem Zusammenbruch der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers die weltweite Finanzmarktkrise eskalierte, waren Verlustängste verständlich. In jenem Jahr verlor der Deutsche Aktienindex Dax um rund 40 Prozent. „Aber Anleger, die sich in den beiden darauf folgenden Jahren von ihren Ängsten beherrschen ließen und deshalb weiter Bankguthaben statt Aktien und Aktienfonds bevorzugten, verpassten an den Börsen teils hohe Gewinne“, sagt Franklin Templeton Geschäftsführer Berben. So sprang der Dax im Jahr 2009 um knapp 23 und in 2010 um fast 16 Prozent nach oben. Ähnlich gut oder sogar noch besser war die Wertentwicklung an vielen anderen Aktienmärkten rund um den Globus.

Deutlich höher waren die Gewinne im Jahr 2012, als allein das deutsche Elite-Barometer um nahezu 30 Prozent nach oben sprang. Doch dieser Wertgewinn von knapp einem Drittel bei den 30 Top-Firmen in Deutschland kam bei den meisten Privatanlegern kaum an. Denn nach Angaben der Deutschen Bundesbank hielten die privaten Haushalte zwischen Pinneberg und Passau zur Jahresmitte 2012 fast zwei Billionen Euro liquide Mittel als Bankguthaben. Allein im Jahr 2011 wuchsen die Bankeinlagen und das Bargeld im Vergleich zum davor liegenden Jahr um rund 67 Milliarden Euro.

Bei genauem Hinsehen bieten Bankeinlagen eine nur vermeintliche Sicherheit. So sollten insbesondere Privatanleger sorgfältig unterscheiden zwischen der nominellen und der realen, also der inflationsbereinigten Wertentwicklung ihres Vermögens. So betrug die Wertentwicklung des EONIA (Eurotagesgeldzins) vom 1.1.2003 bis 31.12.2012 nominal 21,6 Prozent, inflationsbereinigt jedoch nur einen Bruchteil davon, nämlich 2,6 Prozent. Seit Zuspitzung der Finanzkrise haben die großen Notenbanken ihre Leitzinsen auf ein historisch niedriges Niveau gesenkt. Deshalb ist zu befürchten, dass die Schere zwischen dem nominellen und realen Ertrag von Bankeinlagen künftig weiter auseinandergeht. Insbesondere die Kombination aus auch künftig sehr niedrig verzinsten Bankeinlagen und möglicherweise höheren Inflationsraten, die spürbar über dem EZB-Ziel von jährlich nahezu zwei Prozent liegen, sind ein erhebliches Risiko für die langfristige Geldanlage.

Mehr noch: Festgeld- und sonstige Bankkonten dienen bei anhaltend hoher Inflation nicht dem Vermögensaufbau, sondern sie erweisen sich als Vermögensvernichter. Ein Beispiel: 1.000 Euro haben in zehn Jahren bei einer Inflationsrate von 3,0 Prozent im Schnitt nur noch eine Kaufkraft von knapp 750 Euro. Tipp für Geldanleger: Sachwerte wie Aktien und Aktienfonds schützen vor Kaufkraftverlusten durch Inflation. Und: Anleger sollten sich keinesfalls bei ihren Anlageentscheidungen von der Angst vor Verlusten leiten lassen. Denn erfahrungsgemäß verläuft die Entwicklung an den weltweiten Aktienmärkten wellenförmig. „So folgen nach eher schlechten Jahren gute bis sehr gute, in denen die Verluste teils sogar überkompensiert werden“, sagt Berben.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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