Kommentar
16:33 Uhr, 10.07.2015

Aktien: Darum in die Ferne schweifen

Zu große Heimatliebe kostet bei der Geldanlage Rendite und erhöht das Risiko. Statt überwiegend auf DAX-Titel zu setzen, sollten deutsche Anleger daher auch US-Aktien und asiatische Werte in den Blick nehmen.

Da weiß man, was man hat: Wenn deutsche Anleger in Aktien investieren, setzen sie am liebsten auf bekannte DAX-Werte. Allianz, Daimler, Siemens & Co. gelten ihnen als vergleichsweise sichere Investments, deren Chancen und Risiken sich besser beurteilen lassen als diejenigen von Unternehmen aus Übersee oder Asien. Schließlich sind sie als Mitglieder des deutschen Leitindex besonders präsent in den deutschen Medien; möglicherweise kennen Anleger zudem Mitarbeiter des ein oder anderen DAX-Unternehmens. Und wer als Aktionär will, kann mit geringem Aufwand an den jeweiligen Hauptversammlungen teilnehmen und sich über die aktuellen Zahlen und die Aussichten für das Geschäft informieren.

Für viele Anleger macht diese Nähe zu den Unternehmen ein Investment greifbarer und komfortabler als einen Einstieg in US-Aktien, japanische Werte oder gar Titel aus den Schwellenländern. Entsprechend hoch gewichtet sind deutsche Werte in vielen deutschen Aktienportfolios. Das gleiche Anlegerverhalten findet sich übrigens in den Portfolios von US-Amerikanern und Briten. Hier findet man in den Portfolios einen überproportionalen Anteil an US-Aktien respektive Titeln aus Großbritannien.

Diese als „Home Bias“ bekannte Heimatverbundenheit bei der Geldanlage ist also ein weit verbreitetes Phänomen – und eines, das regelmäßig die Rendite schmälert oder das Risiko erhöht. Denn das Gefühl der Stabilität und Sicherheit, das mit bekannten Namen und umfangreicher Berichterstattung einhergeht, ist trügerisch. Der Informationsvorsprung, der deutsche Anleger eher zur Adidas- als zur Nike-Aktie greifen lässt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Illusion: Nur weil über den Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach hierzulande mehr zu lesen ist als über den US-Konkurrenten, laufen seine Geschäfte und der Aktienkurs nicht zwangsläufig besser. Zur Selbstüberschätzung, was die Fähigkeit zur Beurteilung heimischer Unternehmen angeht, gesellt sich zudem häufig eine Unterschätzung des Risikos der entsprechenden Aktien, wie Studien zum „Home Bias“ belegen. Gleichzeitig überschätzen sie systematisch das Risiko ausländischer Aktien – mit dem Ergebnis, dass diese Papiere in vielen Fällen gemieden werden.

Dazu trägt auch bei, dass sie in einer fremden Währung notieren. Während die Aktien deutscher Konzerne in Euro gehandelt werden und auch ihre Dividenden in Euro ausgeschüttet werden, müssen Anleger Kursentwicklung und Ausschüttungen ausländischer Aktien erst in Euro umrechnen und im Zweifelsfall die Wechselkurse im Blick behalten.

Vielfach übersehen sie dabei, dass sich aus einer Streuung über unterschiedliche Währungen auch Chancen ergeben können, wie beispielsweise die Entwicklung des Dollar gegenüber dem Euro in den vergangenen zwölf Monaten gezeigt hat. Zwar haben exportorientierte deutsche Unternehmen vom schwächeren Euro profitiert, ebenso allerdings Anleger, die auf US-Titel gesetzt haben: Ihnen hat die Dollar-Aufwertung ein zusätzliches Plus beschert. Und angesichts der Entwicklung in Griechenland ist derzeit alles andere als klar, ob der Euro künftig für die Stabilität stehen wird, die deutsche Anleger noch immer von ihm erwarten.

Und auch deutsche Unternehmen waren nicht zu jeder Zeit der Stabilitätsanker, als der sie angesichts guter Geschäfte zurzeit angesehen werden. So führt die Branchenstruktur des DAX dazu, dass der Index stärker schwankt als viele andere Börsenbarometer und beispielsweise 2011 fast 15 Prozent verloren hat, während der US-Index S&P 500 zumindest seitwärts gelaufen ist. Viele Branchen sind zudem gar nicht oder nur in homöopathischer Dosis vertreten: Weder finden sich Technologiewerte in nennenswertem Ausmaß im Index, noch sind beispielsweise Öl- und Gasunternehmen präsent.

Wer Wert auf ein ausgewogenes Aktien-Portfolio legt, sollte daher einen maßgeblichen Anteil seines Kapitals außerhalb Deutschlands investieren und auch Branchen berücksichtigen, die im DAX nicht vertreten sind. Es müssen nicht gleich exotische Märkte sein, aber einige US-Werte und ein paar asiatische Titel können die Chancen erhöhen und gleichzeitig die Risiken begrenzen. Eine einfache Möglichkeit, breiter zu streuen, bieten Zertifikate. Mit ihnen können Anleger ohne höheren Aufwand auf so gut wie jeden Markt und jede Branche setzen.

2 Kommentare

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  • Chronos
    Chronos

    Das ist ja schon so wieder allgemein, das es nach Sparbüchse klingt.

    Naja, Zertifikate Selling-Road Show

    1) Man kann etliche dt. Werte aus dem USD heraus handeln, was nicht nur bei Exportern Sinn macht.

    2) Sollte man die Gebühren im Auge behalten und dazu gehört halt mal auch die Steuer, gerade Quellensteuer. Kleinanleger können sich den kickback und die Umrechnung nicht ziehen, die zahlen brav.

    11:12 Uhr, 12.08. 2015
  • S_o_r_o_s
    S_o_r_o_s

    Naja, bei chinesischen Aktien wäre ich vorsichtig. Die Vorstände dort sind Weltmeister im Bilanzen fälschen.

    Auch kanadische Aktien sind gefährlich. Oftmals nur Mantel-Zocks, da werden wertlose Hüllen gehandelt. Dort sind scheinbar auch viele Pusher Unternehmen am Werk, bestärkt durch lasche Kontrollen.

    Aber Sie haben natürlich Recht.

    Ami Blue Chips sind immer ein Investment wert - aber die konservativen Titel!

    Bei den Technologiewerten ist Vorsicht geboten. Klar, Sachen wie Appel usw. laufen wie irre, aber man darf nicht vergessen, Apple ist jahrelang dahingesiecht, bis Jobs ein paar geniale Ideen mit iPod, iPhone usw. hatte.

    Am Ende kann man aber doch sagen:

    "Warum in die Ferne schweifen, wenn das gute liegt so nah.

    Ein Blick in die zweite Reihe genügt:

    Dialog Semiconductor von 0,48 auf 50,-

    Drillisch von 1,- auf 40,-

    Leoni von 6,- auf 60,- Euro

    Anlegerherz, was willst du mehr?

    Ich finde, man sollte den Focus nicht nur auf den Dax legen, im T, M und S Dax gibt es genügend gute Firmen. Die News sind auf deutsch, man erfährt alles sofort. Ich lese keine taiwanesischen Zeitungen, weiß gar nicht, was dort los ist, in diesem Land.

    Man muss nur lange genug warten können, der nächste Crash kommt mit Sicherheit, dann kann man wieder billig shoppen gehen. Dann stimmt auch die Rendite.

    Sich momentan mit den anderen Anlegern um die wirklich sauteuren Aktien zu balgen, das sollte man unterlassen.

    20:17 Uhr, 10.07. 2015

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Über den Experten

Christine Romar
Christine Romar
Zertifikate-Expertin

Christine Romar ist Director Warrants & Certificates bei der Citigroup Global Markets Deutschland AG. Die Produktexpertin ist für den Bereich der Anlagezertifikate bei der Citi verantwortlich.

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