Kommentar
12:50 Uhr, 03.03.2011

Ängste trüben Blick für Chancen

Die Kausalkette scheint eindeutig: Die Freiheitsbestrebungen in der arabischen Welt führen zu Unsicherheit, diese wiederum führt zu steigenden Ölpreisen, welche die Inflation anheizen und das Konjunkturwachstum gefährden. Eine unheilvolle Entwicklung. Wie aber sehen die langfristigen Konsequenzen aus?

Eine Reaktion auf die unsichere Lage in den arabischen Ländern war die seit Langem erwartete Konsolidierung an den Aktienmärkten. Die technisch überkaufte Situation wurde abgebaut und der Boden für neue Höchstkurse bereitet. An der fundamental hervorragenden Situation der meisten Unternehmen hat sich nichts geändert.

Steigende Ölpreise sind lediglich Ausdruck gestiegener Ängste im Lager der Spekulation - denn Öl ist ausreichend vorhanden. Die Lager in den USA sind gefüllt, übrigens ein Grund, warum das hochwertigere WTI-Öl weitaus günstiger zu haben ist, als die Nordsee-Sorte Brent. Darüber hinaus haben Saudi-Arabien und Russland angekündigt, etwaige Ausfälle aus Libyen zu kompensieren. Der Preisanstieg bis Ende Januar war für uns Ausdruck einer durch Wirtschaftswachstum gestiegenen Nachfrage. Die dynamische Entwicklung der letzten vier Wochen auf einen Höchstpreis von 120 US-Dollar dagegen war spekulationsgetrieben und sollte auf absehbare Zeit wieder abgebaut werden.

Inflationsgefahren in erster Linie für Schwellenländer

Die Tendenz zu stärkeren Inflationsgefahren ist natürlich nicht von der Hand zu weisen. In der Euro-Zone stieg die Inflation zuletzt auf 2,3 Prozent, wobei die Kernrate, also der Warenkorb abzüglich Ausgaben für Lebensmittel und Energie, mit 1,1 Prozent nach wie vor niedrig ist. Die Differenzierung ist deshalb relevant, weil die aktuellen Preissteigerungen von Lebensmitteln und Energie mit der Zeit durch Basiseffekte wieder abflauen - sofern keine Zweitrundeneffekte entstehen! Im Übrigen ist der Einfluss von Lebensmittel- und Energiepreissteigerungen auf die Inflationsrate in den entwickelten Ländern deutlich niedriger als in den Emerging Markets, hier ist der Anteil der Konsumentenausgaben für diese Güter viel höher. Inflation durch steigende Ölpreise droht also in erster Linie den bereits gegen Inflation ankämpfenden Schwellenländern. Maßnahmen wie Zinssteigerungen, Erhöhung der Mindestreservesätze bei Banken, Kreditbremsen oder Handelsbeschränkungen bei Immobilien und anderen Gütern wirken stark deflationär.

Neuanfang im Nahen Osten: Chancen überwiegen

Wir sehen in der Entwicklung in den arabischen Ländern weniger die Risiken, als vielmehr die Chancen. Die Unruhen werden abebben. Egal welche Regierungsform sich beispielsweise in Libyen etablieren wird, das Land wird auch zukünftig Öl exportieren. Erste Stimmen mahnen, dass die Ölmilliarden nicht mehr als Investitionen in Aktien und Staatsanleihen in den Westen fließen, sondern im eigenen Land investiert werden könnten. Auch daraus leiten wir vor allem Chancen ab. Gerade die deutsche Wirtschaft profitiert stark von einem sich etablierenden Mittelstand in aufstrebenden Staaten und der damit verbundenen Nachfrage - etwa nach Autos, technischen Geräten und Energiegewinnung. In den Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga leben rund 330 Millionen Einwohner. Damit können sich diese Länder künftig als interessante Produktionsstandorte und Absatzmärkte für deutsche Unternehmen entwickeln. Echte Gefahr zöge herauf, wenn in Ländern wie Saudi-Arabien oder China Freiheitsbewegungen aufkämen. Dann würden sich fundamentale Risiken für das Ölangebot sowie das weltweite Konjunkturwachstum, dessen treibende Kraft China war und ist, ergeben. Die zunehmende Freiheit und die damit verbundenen wirtschaftlichen Perspektiven in der arabischen Welt dagegen werden unserer Meinung nach positive Impulse für die europäische und deutsche Ökonomie geben.

Aktien bleiben gute Wahl

Wir setzen nach wie vor auf Unternehmensbeteiligungen in Form von Aktien, die im Investmentuniversum mit Abstand das beste Chance-Risiko-Verhältnis bieten. Der US-Einkaufsmanagerindex stieg mit 61,4 Punkten auf den höchsten Stand seit Mai 2004 und impliziert ein BIP-Wachstum von 6,5 Prozent. Zunehmende Schwankungen durch historische Anpassungsprozesse in der arabischen Welt schließen wir nicht aus. Sie sollten aber in dieser Phase ausgehalten oder als Einstiegsgelegenheit genutzt werden. Rohstoffe sehen wir in vielerlei Hinsicht von fundamentalen Bewertungskriterien abgekoppelt und von Spekulation dominiert, beispielsweise Baumwolle, Kaffee, Weizen und jüngst auch Öl. Sie sind für uns kein seriöses Investmentthema. Auch Staatsanleihen sind vor dem Hintergrund der Inflationsgefahren keine Alternative.

Quelle: GECAM

Als unabhängiger Finanzdienstleister hat sich die GECAM AG auf das Investmentgeschäft spezialisiert. Das Unternehmen bündelt die fünf für das Investmentgeschäft essenziellen Bausteine Investmentdach, Vermögensverwaltung, Produkte, Partner-Portal und Dienstleistungskonzept in einem Haus. GECAM verwaltet in ihren vier Dachfonds aktuell ein Gesamtnettovermögen von 150 Millionen Euro.

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