Kommentar
11:45 Uhr, 15.02.2003

Activest - Die Chancen und Risiken 2003

Anleger haben schlechte Zeiten hinter sich. Die nun seit 34 Monaten andauernde Börsenbaisse kann ohne Übertreibung als eine der gravierendsten bezeichnet werden, die jemals stattgefunden hat. An einigen Börsen Europas führte sie bereits zu größeren Verlusten als während der Weltwirtschaftskrise. Viele verunsicherte Anleger fragen sich nun: Wo liegen die Chancen, wo die Risiken 2003.

"Die Konjunktur ist weiterhin verletzlich, aber die Aussichten haben sich vor allem in den USA verbessert. Wir rechnen damit, dass die amerikanische Volkswirtschaft dieses Jahr um zwei Prozent wächst", sagt Dr. Conrad Mattern, Chefvolkswirt bei Activest. Die Schätzung liegt unter den Konsens-Erwartungen von 2,7 Prozent. Als Gründe für seinen verhaltenen Optimismus nennt Mattern die Unsicherheiten, ausgelöst durch die schwelende Irak-Krise, und die anhaltende Angst vor Terroranschlägen. Zudem sei das fiskalpolitische Paket der US-Regierung zwar umfangreich, bleibe jedoch hinter den Erwartungen zurück. Positiv sei die weiterhin stabile Konsumnachfrage, zunehmende Investitionen und ein sich stabilisierender Immobilienmarkt.

Auch für das Ifo-Institut in München ist die USA der Dreh- und Angelpunkt. Die Forscher geben sich optimistischer und prognostizieren, dass das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den USA im Jahr 2003 um etwa 2,5 Prozent zunehmen wird. Doch auch sie sehen Gefahren: "Nach wie vor besteht die Unsicherheit, dass die Finanzmärkte bei fortdauerndem Doppeldefizit in Leistungsbilanz und Staatshaushalt das Vertrauen in den US-Dollar verlieren können. Das könnte zu einem erneuten Einbruch der Aktienmärkte führen", sagt Heidemarie Sherman vom Ifo-Institut.

Am optimistischsten ist das Institut für Weltwirtschaft in Kiel. "Für das Jahr 2003 rechnen wir für die USA mit einem Wachstum von 2,7 Prozent. Dabei wird die Konjunktur zunehmend durch eine Ausweitung der Investitionen getragen, während sich die Expansion des privaten Verbrauchs angesichts einer vermutlich steigenden Sparneigung in einem, verglichen mit den vergangenen Jahren, moderaten Tempo fortsetzen wird", sagt J. Benner vom Kieler Institut.

In Japan hält Mattern im Jahr 2003 eine Bodenbildung der Konjunktur für möglich. Unterstützt werde diese durch eine Belebung der Auslandsnachfrage. Es sei aber auch zu erwarten, dass die Implementierung des Bankensanierungsprogramms die Binnennachfrage in der kurzen Frist tendenziell dämpft, auch wenn das Programm die mittelfristigen Wachstumsperspektiven verbessert. Im Ergebnis sollte aber ein Wachstum von 1,0 Prozent (Konsens 0,8 Prozent) möglich sein.

Das Ifo-Institut geht davon aus, dass die Deflation zunächst anhält und das reale BIP um 1,25 Prozent wachsen könnte. Die Kieler liegen dazwischen und rechnen mit 1,1 Prozent Wachstum.

"In Euroland hingegen blieben Produktion und Nachfrage weiter schwach", sagt Mattern. Deswegen gehen die Experten von Activest beim Wachstum für 2003 lediglich von einer Steigerung von 0,7 Prozent (Konsens 1,4 Prozent) aus. Unterstützende Impulse könnten aber von der Europäischen Zentralbank (EZB) kommen. Aufgrund der konjunkturellen Situation und der Tatsache, dass die EZB ihre Wachstums- und Inflationsprognosen deutlich gesenkt hat, eröffnet sich ihr Spielraum für weitere Zinssenkungen.

Auch das Ifo-Institut rechnet damit, dass der Euroraum das Jahr 2003 nur mit einer geringfügig expandierenden Produktion beginnen wird. Auf Jahressicht sollte das BIP um 1,5 Prozent zulegen. Von 1,5 Prozent Wachstum für 2003 geht auch das Institut für Weltwirtschaft aus. "Auch im Euroraum wird sich der Anstieg der Produktion, angeregt von niedrigen Zinsen und einer Belebung der Auslandsnachfrage, nach dem Winter spürbar kräftigen. Gleichwohl dürfte das BIP aufgrund der schwachen Entwicklung im laufenden Winterhalbjahr um 1,5 Prozent zulegen", sagt J. Benner vom Kieler Institut.

Am schlechtesten würde es in diesem Jahr weiterhin für Deutschland aussehen. Hier rechnet Activest lediglich mit einem Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent (Konsens 0,9 Prozent). Grund sind unter anderem die fiskal- und steuerpolitischen Zusatzbelastungen der neuen Bundesregierung, die das Wirtschaftsklima in Deutschland weiter verschlechtert haben.

Nicht so pessimistisch für Deutschland ist das Ifo-Institut. Es geht für 2003 von einem Wirtschaftswachstum von 1,1 Prozent aus, nennt aber die gleichen Probleme. "Die Expansion der Produktion wird im ersten Quartal nahezu zum Stillstand kommen. Maßgeblich hierfür ist der fiskalisch bedingte Kaufkraftentzug, denn die Finanzpolitik wirkt im Jahr 2003 aufgrund vielfältiger Sparmaßnahmen und Abgabenerhöhungen restriktiv", erklärt Heidemarie Sherman.

Dazwischen liegen wieder die Kieler, die mit einem Wachstum von 1,0 Prozent rechnen. Für sie wirken sich mehrere Faktoren negativ auf den Konsum und somit negativ auf die Konjunktur aus: Die Vermögensverluste durch den Verfall der Aktienkurse im Jahr 2002, die höheren Belastungen durch Abgaben für Sozialversicherungen und Steuern sowie die ungünstigen Perspektiven am Arbeitsmarkt.

Quelle: Activest

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