Kommentar
16:16 Uhr, 27.02.2014

Achten Sie auf die Volatilität

Objektiv gesehen könnte alles so schön sein. Die Konjunktur zieht an. Die Arbeitslosigkeit geht zurück. Die Preise bleiben, was ganz ungewöhnlich ist, trotz höheren Wachstums stabil. Aber?

  • Die offiziellen Prognosen der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung geben kein korrektes Bild von dem, was den Anleger 2014 erwarten wird.
  • Entscheidend für den Verlauf dieses Jahres sind nicht Wachstum, Gewinne und Inflation. Wichtig ist die Massierung von möglichen Bruchstellen der Weltwirtschaft.
  • 2014 wird für die Aktienmärkte nicht durch besonders hohe Kurszuwächse gekennzeichnet sein, sondern durch hohe Volatilität.

Die Eurokrise entspannt sich. Die Grafik beschreibt die Wachstumsraten in den wichtigen Industrieländern nach den Prognosen des Internationalen Währungsfonds. Es sieht aus, als lebten wir in dem berühmten Märchen mit dem Goldlöckchen.

Achten-Sie-auf-die-Volatilität-Kommentar-Martin-Hüfner-GodmodeTrader.de-1

Aber beschreibt das wirklich unsere aktuelle Lage? Sicher nicht. Die meisten Akteure in der Wirtschaft und auf den Märkten haben derzeit ein ungutes Bauchgefühl. Auf der einen Seite sieht alles okay aus, auf der anderen Seite gibt es aber so viele mögliche Bruchstellen in der Welt wie selten. Niemand kann einschätzen, ob und gegebenenfalls wann und wie stark sie in diesem Jahr schlagend werden.

Hier sind fünf Punkte, die 2014 den Weizen verhageln könnten. Jeder einzelne ist bekannt und erscheint manageable. Zusammen genommen stellen sie jedoch ein erhebliches Bedrohungspotenzial dar.

Erstens: Der Einstieg in den Ausstieg aus der überquellenden Liquidität. Das ist an sich ein ganz normaler Vorgang. Er stellt aber alle Strukturen in Frage, die sich in den letzten Jahren aufgrund der hohen Liquidität und der niedrigen Zinsen gebildet haben. Er betrifft zum Beispiel viele Investitionen in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Er gefährdet kurzfristig finanzierte Immobilien, die plötzlich vielleicht nicht mehr rentabel sind. Die Staatsschulden können bei höheren Zinsen wieder steigen. An den Aktien- und Rentenmärkten wird die Liquidität nicht mehr so reichlich sein.

Zweitens: Die Umbauten in China. Die Wirtschaft muss den Übergang von einer exportgetriebenen Expansion mit niedrigen Löhnen zu einer von Konsum und Investi-tionen im Inland getragenen Entwicklung schaffen. Dazu kommt der Nachholbedarf in der Infrastruktur. Ferner die Unruhe an den monetären Märkten. Die Zentralbank versucht mit allen Mitteln, durch Liquiditätsspritzen größere Engpässe im Finanzsystem zu beseitigen. Sie muss die Schattenbanken in den Griff bekommen. All das muss nicht zu Friktionen führen. Freilich könnte die Wachstumsrate unter 7 % fallen, was die Handelspartner in Asien treffen würde, aber auch westliche Unternehmen, die dort tätig sind.

Drittens: Der Wandel von der Euphorie der BRIC zum Problem der "Fragile Five" (wobei zu den "Fünfen" noch eine Reihe anderer Staaten kommen können). In vielen großen Schwellen- und Entwicklungsländern brodelt es. Es hat sich ein enormer Reformbedarf aufgestaut. Nicht nur die öffentlichen Finanzen, sondern auch die Leistungsbilanzen weisen erhebliche Fehlbeträge auf. Die politischen Systeme sind vielfach nicht so gesichert. Es besteht Angst vor einer Wiederauflage der Asienkrise.

Viertens: Die Finanzmärkte bewegen sich auf dünnem Eis. Die Aktien- und Rentenmärkte sind nach üblichen Kriterien vielfach überbewertet. Immobilienmärkte zeigen Zeichen einer Blase. Das macht die Märkte anfällig für Störungen.

Fünftens schließlich (was nicht so oft erwähnt wird, auf die längere Frist aber sehr wichtig werden wird): Der Aufschwung in den Industrieländern beginnt wegen der niedrigen Investitionen in der Vergangenheit mit einer relativ hohen Kapazitätsauslastung. In Deutschland liegt sie derzeit nur rund 1 % unter dem, was man üblicherweise als Vollauslastung bezeichnet. Da ist trotz allen Geredes über die Deflation nicht mehr viel Spielraum für reales Wachstum.

Dazu kommen die politischen Krisenherde vom Nahen und Mittleren Osten über Russland und die Ukraine bis hin nach Ostasien. Auch im Euroraum ist noch nicht alles in trockenen Tüchern. Im Mai sind Europawahlen, bei denen es aller Voraussicht nach eine starke anti-europäische Fraktion geben wird, die die Stabilisierung des Euros noch schwieriger machen wird.

Von keinem einzigen dieser möglichen Bruchstellen kann man mit Sicherheit sagen, dass sie wirklich bricht. Es wäre aber ein Wunder, wenn es überhaupt keine Brüche geben und sich alles in geordneten Bahnen vollziehen würde. Das Problem bei so vielen Risiken: Sie hängen miteinander zusammen. Wenn eines eintritt, kann sich das auch auf die anderen auswirken. Wir haben einen Vorgeschmack dazu Ende Januar bekommen, als die neue Politik der amerikanischen Notenbank eine Reihe von Schwellen- und Entwicklungsländern in Schwierigkeiten brachte. Umgekehrt hatten die Ereignisse in der Ukraine glücklicherweise keine größeren weltweiten Effekte.

Für den Anleger

Nach zwei Jahren starker Kurszuwächse mit relativ wenig Volatilität ändert sich das Paradigma. Die große Frage auf den Märkten ist in diesem Jahr nicht, wie sehr die Kurse steigen werden, sondern wie stark sie schwanken. Es geht bei Investitionsentscheidungen nicht darum, auf möglichst hohe Kursgewinne zu setzen. Wichtig ist vielmehr, bei den Aufs und Abs nicht auf dem falschen Fuß "erwischt" zu werden. Ich rechne zwar nicht mit einem größeren Crash. Das erscheint angesichts der guten Fundamentaldaten nicht gerechtfertigt. Wohl aber kann es sowohl auf den Aktien- und Rentenmärkten zu größeren Ausschlägen kommen, die weh tun. Es ist daher wichtig, sich auf Schwankungen und Volatilität einzustellen und das Depot dagegen abzusichern.

Dr. Martin W. Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon Asset Management S.A.

Anmerkungen oder Anregungen? Ich freue mich auf den Dialog mit Ihnen: martin.huefner@assenagon.com.

Weitere Informationen über Assenagon und unsere Publikationen finden Sie auch auf www.assenagon.com.

Assenagon Asset Management S.A., Zweigniederlassung München, Prannerstraße 8, 80333 München, Deutschland

Rechtliche Hinweise

Diese Darstellung wird nur zu Informationszwecken und ohne vertragliche oder sonstige Verpflichtung zur Verfügung gestellt. Alle Informationen in dieser Darstellung beruhen auf sorgfältig ausgewählten Quellen, die für zuverlässig erachtet wurden, doch kann die Assenagon S.A., Luxemburg, die Assenagon Asset Management S.A., Luxemburg und ihre Zweigniederlassungen sowie die Assenagon Schweiz GmbH, Assenagon Client Service GmbH, München und die Assenagon GmbH, München (zusammen im Folgenden "Assenagon-Gruppe" genannt) deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Genauigkeit nicht garantieren. Alle Meinungsaussagen geben nur die Einschätzung des Verfassers wieder, die nicht notwendigerweise der Meinung der Assenagon-Gruppe entspricht. Empfehlungen und Prognosen stellen unverbindliche Werturteile zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Darstellung dar. Diese können sich abhängig von wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen jederzeit ändern. Der Autor behält sich deshalb ausdrücklich vor, in der Darstellung geäußerte Meinungen jederzeit und ohne Vorankündigung zu ändern. Jedwede Haftung und Gewähr aus dieser Darstellung wird vollständig ausgeschlossen.

Die Informationen in dieser Darstellung wurden lediglich auf die Vereinbarkeit mit luxemburgischem und deutschem Recht geprüft. In einigen Rechtsordnungen ist die Verbreitung derartiger Informationen u. U. gesetzlichen Beschränkungen unterworfen. Die vorstehenden Informationen richten sich daher nicht an natürliche oder juristische Personen, deren Wohn- bzw. Geschäftssitz einer Rechtsordnung unterliegt, die für die Verbreitung derartiger Informationen Beschränkungen vorsieht. Natürliche oder juristische Personen, deren Wohn- bzw. Geschäftssitz einer ausländischen Rechtsordnung unterliegt, sollten sich über die besagten Beschränkungen informieren und diese entsprechend beachten. Insbesondere richten sich die in dieser Darstellung enthaltenen Informationen weder an Staatsbürger aus Großbritannien oder den Vereinigten Staaten von Amerika und sind auch nicht als solche konzipiert.

Diese Darstellung stellt weder ein öffentliches Angebot noch eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes zum Erwerb von Wertpapieren, Fondsanteilen oder Finanzinstrumenten dar. Eine Investmententscheidung bezüglich irgendwelcher Wertpapiere, Fondsanteile oder Finanzinstrumente sollte auf Grundlage einschlägiger Verkaufsdokumente (wie z. B. Prospekt) erfolgen und auf keinen Fall auf der Grundlage dieser Darstellung.

Die in dieser Darstellung aufgeführten Inhalte können für bestimmte Investoren ungeeignet oder nicht anwendbar sein. Sie dienen daher lediglich der eigenverantwortlichen Information und können eine individuelle Beratung nicht ersetzen. Die Assenagon-Gruppe kann andere Publikationen veröffentlicht haben, die den in dieser Darstellung vorgestellten Informationen widersprechen oder zu anderen Schlussfolgerungen gelangen. Diese Publikationen spiegeln dann andere Annahmen, Meinungen und Analysemethoden wider. Dargestellte Wertentwicklungen der Vergangenheit können nicht als Maßstab oder Garantie für eine zukünftige Wertentwicklung herangezogen werden. Eine zukünftige Wertentwicklung wird weder ausdrücklich noch implizit garantiert oder zugesagt.

Der Inhalt dieses Dokuments ist geschützt und darf ohne die vorherige schriftliche Genehmigung der Assenagon-Gruppe weder kopiert, veröffentlicht, übernommen oder für andere Zwecke in welcher Form auch immer verwendet werden.

© 2014

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen