Kommentar
08:46 Uhr, 09.09.2011

Abgeltungsteuer - SPD will 30% und mehr!

Wir haben zwar erst 2011 und die nächste Bundestagswahl findet erst 2013 statt. Aber es ist doch interessant und ich finde es auch lobenswert, wenn einzelne Partien sich bereits jetzt positionieren. So geht mein Dank z.B. an die SPD, die inzwischen offengelegt hat, wie sie sich Details künftiger Steuerpolitik ausmalt.

Konkret soll der Abgeltungsteuersatz auf 30% steigen (incl. Soli sind es dann 31,65%, ohne Kirchensteuer), der Spitzensteuersatz ab einem zu versteuernden Einkommen von 100.000 EUR von 42% auf 49% steigen und die Vermögensteuer wieder eingeführt werden.
Ich weiß, dass der eine oder andere Leser mit diesen Ideen sympathisiert. Insbesondere mit jenen, die einen selbst mangels Einkommen oder Vermögen nicht treffen. Das ist eine nur allzu menschliche und häufig anzutreffende Eigenschaft, deswegen wird sie von der Politik auch gerne ausgenutzt.

Ich möchte Ihnen nur kurz am Beispiel der Dividenden demonstrieren, was eigentlich wirklich schief läuft im System der Abgeltungsteuer. Die Dividende ist eine Gewinnausschüttung. Eine deutsche Kapitalgesellschaft zahlt im Schnitt rund 30% Gewinnsteuern (Körperschaftssteuer plus Gewerbesteuer).

Sagen wir eine AG macht 1 Mio. EUR Gewinn. Nach Steuern verbleiben also rund 0,7 Mio. EUR. Nun schüttet die AG den Gewinn an ihre Anteilseigner, also die Aktionäre, aus.
Nach dem SPD-Modell werden nun auf den bereits versteuerten Gewinn nochmal 31,65% Steuern fällig – also rund 221 TSD EUR. Es verbleiben für die Aktionäre insgesamt ca. 478 TSD EUR Nettoausschüttung. Das entspricht einer defacto-Gewinnbelastung von mehr als 52% !

Besonders abstrus wirkt das, wenn Sie es mit Zinserträgen vergleichen. Diese werden einfach nur mit der Abgeltungsteuer belegt. Anders ausgedrückt: Wenn man mit der realen Belastung rechnet, wird der Gewinn 1,64mal so hoch besteuert wie der Zinsertrag! (52% / 31,65%) Leider kommt das in der Öffentlichkeit selten richtig an; wer weiß schon dass die Abgeltungsteuer auf Dividenden defacto eine Doppelbesteuerung darstellt?

Tatsächlich müsste man für Zinsen und Dividenden (und damit einhergehend auch auf Kursgewinne) unterschiedliche Steuersätze erheben, um diesen Fakten Rechnung zu tragen. Es zu ignorieren ändert nichts an der Existenz der fundamentalen Unterschiede zwischen Zinsen und Dividenden. Man muss sich doch nicht wundern, dass deutsche Unternehmen so stark fremdkapitalfinanziert sind. In diesem Land wird die Eigenkapitalfinazierung systematisch benachteiligt!

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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