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Externe Quelle: UniCredit
Chance auf Stabilisierung, aber keine mittelfristige Wende
Die US-Regierung hat angekündigt in einer umfassenden Rettungsaktion von Banken schlechte Assets im Wert von USD 700 Mrd. kaufen zu wollen. Derzeit arbeiten die Republikaner und Demokraten an einem entsprechenden Gesetz. Die Ermächtigung für die Durchführung dieser Maßnahmen soll für einen Zeitraum von zwei Jahren erteilt werden. Die Käufe sollen sich schwerpunktmäßig auf mit Hypotheken besicherte Wertpapiere konzentrieren. Die Käufe beschränken sich auf Wertpapiere die bereits vor dem 17. September existiert haben. Zeitpunkt, Umfang und Modalitäten werden vom Finanzministerium festgelegt.
Die US-Treasury hat eine Garantie für öffentlich angebotene Geldmarktfonds abgegeben. Das US Finanzministerium hat eine zeitlich befristete Garantie für öffentlich angebotene Geldmarktfonds ausgesprochen. Es hat damit auf den letzte Woche begonnenen Abzug von Einlagen in den Fonds reagiert. Gemäß der FT wurden letzte Woche schätzungsweise USD 197 Mrd. aus den Fonds abgezogen. Dieses enorme Misstrauensvotum drohte sich zu einer "modernen Form des Bank Runs" zu verselbständigen mit negativen Rückwirkungen für das US-Finanzsystem.
Das Verbot von Short-Sales nimmt Druck vom Aktienmarkt. In den USA, UK und Deutschland wurden Short Sales von Aktien bestimmter Finanzinstitutionen für zeitlich befristet verboten. In den USA gilt dieses Verbot für 799 Unternehmen des Finanzsektors sowie für einige Industrieunternehmen. Das Verbot nimmt vorübergehend Druck von den Finanzwerten.
Kurzfristig werden sich weder die Konjunkturdaten noch die Gewinnentwicklung verbessern – wie viel Optimismus können die Pläne auslösen? Die Konjunkturdaten in den kommenden Wochen/Monaten werden weiter schwach ausfallen. Angesichts rückläufiger Auftragseingänge und rückläufiger Industrieproduktion wird die Q3-Berichtssaison nicht positiv ausfallen und die Unternehmen werden einen zurückhaltenden Ausblick liefern. Die wird die Aktienmärkte belasten. Der Bail-out-Plan kann an dieser Realität nichts ändern. Eine der Schlüsselfragen für den Aktienmarkt lautet deshalb: Ist der Plan in der Lage, genug Optimismus auf eine Verbesserung zu bewirken, so dass sich Investoren bereits jetzt auf eine erwartete mittelfristige Verbesserung des Makroumfelds fokussieren und über die Verschlechterung der Konjunktur- und Gewinndaten in der nahen Zukunft hinwegsehen? Wir sind skeptisch.
Zum Bail-out-Plan bestehen noch viele offene Fragen, so dass derzeit nur eine vorläufige Einschätzung möglich ist. Es ist grundsätzlich positiv, dass jetzt eine umfassende Lösung angestrebt wird, anstelle von Einzelfallentscheidungen. Die Diskussion um die exakte Ausgestaltung der Pläne ist noch in vollem Gang. Wichtige Fragen erscheinen uns u.a. zu sein: wie wird der Preis ermittelt, zu dem die Wertpapiere gekauft werden? Welche Implikationen hat der Preis für die Eigenkapitalposition der beteiligten Bank und anderer Banken? Wie flexibel wird das Gesetz formuliert? Landet man bei "zu viel Flexibilität" möglicherweise letztlich wieder bei Einzelfallentscheidungen? Werden trotz "Flexibilität" ausreichend Mechanismen eingebaut die sicherstellen, dass das Geld dort ankommt wo es den größten Nutzen entfaltet? Gibt es auch Maßnahmen zur Stärkung der Eigenkapitalbasis? Wir gehen davon aus, dass sich die Pläne in der gegenwärtigen Diskussion zwischen den Parteien noch verändern werden angesichts der bei der Anhörung vor dem US Senat Banking Committee deutlich gewordenen Meinungsunterschiede.
Heutige Pläne im Vergleich zu den Erfahrungen aus der Vergangenheit: es scheint mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten zu geben. Darüber hinaus ist es noch unklar, inwieweit sich die Maßnahmen tatsächlich an – erfolgreichen – historischen Vorbildern orientiert. Als Parallele wird oft die Resolution Trust Corporation genannt (USA, 1989). Diese Institution hat sich jedoch mit der "ordnungsgemäßen Abwicklung" von insolventen Banken befasst (Rückzahlung der Einlagen, Verkauf der Assets). Als anderes Beispiel wird die Reconstruction Finance Corporation (USA, 1930) genannt. Diese Institution hat neben anderen Maßnahmen letztlich dann in großem Umfang Banken Eigenkapital zur Verfügung gestellt. Auch bei der Bankenrettung in Skandinavien Anfang der 90er Jahre wurden (bankrotte) Banken von der Regierung wieder rekapitalisiert. Die US-Regierung scheint einen anderen Weg zu gehen. Warum?
Es besteht das Risiko, dass sich infolge der Rettungsmaßnahmen das Aktienmarktumfeld in anderen Bereichen verschlechtern könnte. Die USA planen im Zuge der Rettungsmaßnahmen die Verschuldungsgrenze deutlich anzuheben und die USD 700 Mrd. über den Kapitalmarkt zu finanzieren. In den ersten Tagen nach bekannt werden der Pläne sind die Zinsen für US Treasuries deutlich gestiegen und haben zu einem Anstieg auch des Zinsniveaus für Unternehmenskredite aller bester Bonität auf das höchste Niveau seit Beginn der Krise beigetragen. Gleichzeitig hat sich der USD abgeschwächt. Die USA öffnen ein neues Kapitel in der Kreditkrise mit neuen Themen. Die Schwäche des USD, der Anstieg der Kapitalmarktzinsen und des Goldpreises sind ein Misstrauensvotum der Kapitalmärkte.
Wir empfehlen eine defensive Strategie beizubehalten. Wir sind uns bewusst, dass die Finanzgeschichte viele Beispiele parat hält, in der außerordentliche Ereignisse, bei denen der Staat massiv eingegriffen hat den Wendepunkt an den Aktienmärkten markiert haben. In dieser Krise gab es bereits mehrere dieser möglichen Punkte ohne das sich die erhoffte Wirkung eingestellt hätte: Die Rettung von Bear Stearns (März 2008), die Ankündigung eines Gesetzes zu Verstaatlichung von Freddie und Fannie (Mitte Juli) sowie die letztendliche tatsächliche Verstaatlichung (Anfang September) und nun der Ankündigung des USD 700 Mrd. Paket. Unsere Arbeitshypothese ist, dass in einem "Best Case Szenario" der Aktienmarkt in eine Stabilisierungsphase eingetreten ist, innerhalb derer die bisherigen Tiefstkurse nochmals getestet werden. Neue Tiefstkurse können darüber hinaus nicht ausgeschlossen werden.
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