Kommentar
18:18 Uhr, 04.03.2022

Ab wann beginnen höhere Lohnkosten Aktien zu drücken?

Viele Unternehmen verdienen immer noch prächtig. Die Zeiten waren aber auch schon einmal besser und zukünftig werden die Margen schrumpfen.

Derzeit stöhnen Unternehmen vor allem über die hohe Inflationsrate bei Gütern. Kaum ein Quartalsbericht kommt ohne Erwähnung der Inflation aus. Ein Großteil der Beschwerden bezieht sich auf die Kosten von Rohstoffen und Vorleistungsgütern. Steigende Lohnkosten sind noch ein Randthema.

Viele Firmen wurden, wie auch Notenbanken und Analysten, vom starken Inflationsanstieg überrascht. Anleger mögen keine Überraschungen. In der vor dem Ende stehenden Berichtssaison gab es davon jedoch viele. Das zeigt sich für den Markt insgesamt ebenso wie für einzelne Unternehmen.

Seit Jahren steigt der Anteil an S&P 500 Unternehmen, die Zahlen über den Erwartungen veröffentlichen. Besonders stark war das von Juni 2020 bis September 2021 ausgeprägt (Grafik 1). Im Durchschnitt lagen 82 % der Ergebnisse über den Erwartungen. Im langjährigen Schnitt liegt dieser Wert bei weniger als 70 %.

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Grund für diese positive Abweichung vom Mittel war nicht nur das Tiefstapeln der Analysten. Die Erholung der Wirtschaft erfolgte schneller als gedacht. Besonders lukrativ erwies sich diese Erholung zusammen mit Engpässen. Preise konnten erhöht werden, die Margen stiegen rasant an.

Können Firmen die Preise erhöhen, bedeutet das aus Unternehmerperspektive eine steigende Marge. Aus Sicht der Konsumenten ist das Inflation. Ist Inflation erst einmal da, folgen früher oder später die Löhne. Bis Löhne an die Inflation angepasst werden, vergehen oft viele Monate.

Tarifverträge haben bestimmte Laufzeiten. Eine sofortige Anpassung an eine veränderte Inflationsrate gibt es nicht. Auch ohne Tarifvertrag werden Löhne nicht sofort angepasst. Oftmals gibt es pro Jahr nur eine Lohnrunde bzw. erzielen Arbeitnehmer nur merkliche Lohnsteigerungen, wenn sie den Job wechseln.

In den USA geht der Prozess schneller als in Europa. Die Lohnkosten steigen im Gewerbe bereits jetzt mit fast 7 %. Unternehmen sind somit mit höheren Inputkosten bei Gütern konfrontiert und nun auch noch mit steigenden Lohnkosten. Zu bemitleiden sind Unternehmen deswegen nicht. Die Margen waren in den USA schon unanständig hoch (Grafik 2).

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Nachdem Rekordmargen erzielt wurden, dürfte nun die Trendumkehr kommen. Die Lohnentwicklung geht der Marge zwei Jahre voraus. Nach einem kurzen Einbruch zu Beginn der Krise steigen die Löhne nun schnell. Die zwei Jahre sind vorüber. Ab jetzt sind sinkende Margen zu erwarten und das nicht zu knapp.

Je nachdem wie lange und wie schnell die Lohnkosten noch steigen, ist ein Rückgang der Margen auf das Niveau von Anfang 2020 denkbar. Das ist ein Rückgang um sieben Prozentpunkte. Das aktuell prognostizierte Gewinnwachstum ist unter einem solchen Szenario viel zu hoch angesetzt. Auch die wirtschaftliche Dynamik lässt nach und der Ukrainekrieg wird noch mehr Druck auf Inputkosten ausüben. Es drohen zukünftig deutlich mehr negative als positive Überraschungen. Spätestens wenn die negativen Überraschungen überwiegen (dies könnte bereits in der nächsten Berichtssaison der Fall sein), drohen Aktien wieder unter Druck zu kommen.

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2 Kommentare

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  • Bigdogg0806
    Bigdogg0806

    so ist, nur deshalb bezahle ich hier. Den Rest kann man getrost vergessen.

    11:35 Uhr, 07.03.2022
  • Cbaoth
    Cbaoth

    Hallo Herr Schmale,

    ich möchte Ihnen hier einmal meine persönliche Wertschätzung zu Ihren m.E. qualitativ sehr hochwertigen Analysen aussprechen. Sie verstehen es, komplexe Zusammenhänge in leicht verständliche Sprache einzubetten. Ihre Aktikel waren und sind der Grund, warum ich GodmodePlus-Kunde bin.

    Viele Grüße

    20:41 Uhr, 04.03.2022

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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