Kommentar
08:43 Uhr, 10.09.2015

40% der US Staatsschulden in der Hand von Notenbanken

Die Sonderrolle der US Wirtschaft und des Dollars kann man gar nicht oft genug betonen. Wer dafür noch ein Beispiel brauchte: fast 40% der US Staatsschulden werden von Notenbanken gehalten.

Die US Notenbank hält selbst nur etwas weniger als 14% aller ausstehenden US Staatsschulden. Nach den zahlreichen QE Programmen ist der gefühlte Anteil deutlich größer. Tatsächlich ist er jedoch überschaubar.

Die gesamte Notenbankbilanz von etwas über 4,5 Billionen setzt sich zu einem Großteil aus Staatsanleihen zusammen. 2,46 Billionen USD werden in US Treasuries gehalten. Gemessen an den gesamten ausstehenden Schulden von 18,2 Billionen ist das relativ wenig, vor allem, wenn man es mit anderen Zentralbankbilanzen vergleicht.

Die übrigen Assets teilen sich auf MBS (Mortgage Backed Securities) und Agency Debt auf. Grafik 1 zeigt die Bilanzpositionen der US Notenbank. Die Summe gehaltener Anleihen stieg von 500 Mrd. im Jahr 2008 auf knapp 2,5 Billionen heute. Ein Großteil der Bilanzerweiterung fällt jedoch nicht auf Staatsanleihen zurück. Fast ebenso wichtig waren die Käufe anderer Schuldtitel.

Grafik 1 zeigt neben den von der Fed gehaltenen Schuldtiteln auch die vom Ausland gehaltenen und bei der Fed verwahrten Papiere. In der vergangenen Woche wurden bei der Federal Reserve für ausländische Käufer 3,02 Billionen USD an Staatsanleihen verwahrt. Seit 2013 ist die Höhe relativ konstant. Mit 3,02 Billionen liegt das Volumen allerdings am oberen Ende der Range der letzten Jahre.

Die Fed verwahrt nicht nur Staatsanleihen, sondern auch andere Schuldtitel für ausländische Halter. Diese haben inzwischen 286 Mrd. an MBS und Agency Debt angehäuft. Alle anderen Positionen zusammengefasst sind da mit 44 Mrd. USD kaum der Rede wert.

Die Grafik zeigt eine interessante Entwicklung. Als die US Notenbank 2010 ihr QE Programm aussetzte, sprangen ausländische Käufer ein. Während die Fed pausierte, wurden vom Ausland 300 Mrd. an Staatsschulden erworben. So ähnlich lief es auch 2012. Wieder weitete sich der ausländische Bestand um 300 Mrd. aus.

Die bei der Fed geparkten Anleihen gehören ausländischen Notenbanken. Diese halten allerdings noch weitere Schuldtitel, die nicht bei der Fed verwahrt werden. Grafik 2 zeigt das gesamte Volumen. Die blaue Fläche zeigt die von der Fed gehaltenen US Anleihen. Die rote Fläche zeigt die von ausländischen Banken gehaltenen Positionen. Diese liegen bei insgesamt 4,16 Billionen und sind damit deutlich höher als die 2,46 Bio. der US Notenbank.
Durch die ambitionierten Käufe im In- und Ausland ist der frei verfügbare Anteil an US Staatsschulden seit 2009 konstant geblieben. Gemessen an der Ausweitung der Staatsschulden um gut 7 Billionen ist das schon ein Wunderwerk.
Wieso halten nun aber ausländische Notenbanken so hohe Beträge in US Anleihen? Das lässt sich unter anderem durch die Sonderrolle des US Dollars in der Welt begründen. Der US Dollar ist und bleibt die wichtigste Reservewährung überhaupt. Dafür sorgt auch der Welthandel. Über 40% des Welthandels werden in Dollar abgewickelt. Ein Großteil von Waren, insbesondere Rohstoffe, werden nur in Dollar gehandelt.

Die USA überschwemmen die Welt mit Dollar, schon allein deswegen, weil sie ein chronisches und massives Handelsbilanzdefizit haben. Jahr um Jahr fließen zwischen 400 und 700 Mrd. USD aus den USA ins Ausland – allein um für Waren zu zahlen. Diese Dollar werden als Reserven bei den Zentralbanken gehalten, die de facto genötigt sind diese irgendwo anzulegen. Das tun sie für gewöhnlich in US Staatsanleihen.

Dem US Schuldenmarkt fließen so enorme Summen zu. Das hält die Zinsen niedrig, selbst wenn die Notenbank irgendwann wieder die Zinsen anhebt. Der Zugang zum Anleihenmarkt wird ausländischen Zentralbanken und anderen Investoren so leicht wie möglich gemacht. Die Federal Reserve of New York wickelt den Großteil der Geschäfte ab. Die ausländischen Zentralbanken müssen ihre Vorstellungen nur an die New Yorker Fed kommunizieren. Diese führt sie dann aus.

Das US Finanzministerium ist ebenfalls darauf bedacht den Prozess möglichst problemlos zu gestalten. Das zeigt sich anhand der Zuteilung von Anleihen. Die in diesem Jahr bisher platzierten Treasury Notes (Laufzeit bis 10 Jahre) im Volumen von 175 Mrd. USD wurden zum Großteil ausländischen Zentralbanken zugeteilt. Ihnen wurden gut 100 Mrd. zugesprochen. Geboten hatten sie für insgesamt 118 Mrd. Die Zuteilung lag also bei 86%.

Andere Investoren haben es nicht so leicht. Für die 175 Mrd., die platziert werden sollten, wurden insgesamt 470 Mrd. geboten. Die durchschnittliche Zuteilung lag also bei 37%. Rechnet man den ausländischen Anteil heraus, dann lag die Zuteilungsquote bei lediglich 21%. Das ist relativ unbefriedigend.

Zentralbanken müssen ihre Reserven irgendwo parken. Stellt man sich nun vor, dass Jahr um Jahr hunderte Milliarden untergebracht werden müssen und würden die Zentralbanken bei den Anleihenauktionen lediglich 30 oder 40% zugesprochen bekommen, dann müsste ein Großteil des Geldes anderweitig untergebracht werden. Auf diesen Gedanken müssen die Zentralbanken gar nicht erst kommen, denn das US Treasury nimmt ihnen die Entscheidung, wo sie ihr Geld lagern sollen, de facto ab.

Für die USA ist das gleichermaßen bequem. Sie importieren deutlich mehr als sie exportieren und zahlen die Waren einfach in Dollar. Die Welt wird mit Dollar überschwemmt. Fast zwangsweise haben ausländische Zentralbanken horrende Dollarreserven, die sie parken müssen. Kein Markt dieser Welt ist groß genug, um so viel Geld aufnehmen zu können – außer dem US Markt.

Im Übrigen würde keine Zentralbank der Welt auf die Idee kommen, die erhaltenen Dollar in die eigene Landeswährung umzutauschen. Je nach Ausmaß des Handelsüberschusses mit den USA würde ein Umtausch von Dollar in die Landeswährung die Währung zu stark aufwerten lassen. Zentralbanken bleibt fast keine andere Wahl als das Geld wieder in US Assets zu lenken. Dies tun Zentralbanken vor allem, indem sie Anleihen mit Laufzeiten bis 5 Jahre kaufen. Sie tun dies, weil der Markt für kürzere Laufzeiten deutlich größer und liquider ist, sodass Notenbanken knapp drei Viertel in Anleihen mit Laufzeiten bis 5 Jahre parken.

Selbst wenn ausländische Zentralbanken anfangen würden im großen Stil US Anleihen zu verkaufen muss man keine Verdopplung der Zinsen befürchten – zumindest nicht am langen Ende der Zinskurve.

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5 Kommentare

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  • Unbedingt
    Unbedingt

    Danke, das war sehr aufschlussreich! Aber wie ist das denn? Entstehen dadurch nicht auch Abhängigkeiten, die in den USA sicher besonders unbeliebt sind?

    Und wie ist es mit uns Spekulanten, wir wollen ja davon leben, dass sich viele Teilnehmer häufig irren? Die FED lebt ja auch davon, und es gilt ebenso für das, was Schmale heute über Spanien und die Stimmung der Unternehmer geschrieben hat. Offenbar zehrt die halbe Welt von den Irrtümern der anderen Hälfte. Oder besser 5% von den Irrtümern der restlichen 95%. Wir müssten also hier den Irrtum feiern (erledigt Herr Hoose ja regelmässig). Und was jetzt, wo man in Südafrika den ultimativen Vorfahren von G.W. Bush ausgegraben hat? Müssen wir Europäer uns jetzt ökonomisch ergeben? Kriegen wir eine Staatswirtschaft, ob wir das wollen oder nicht, sozusagen gesetzmäßig, wie man hier immer so schön sagte?

    09:37 Uhr, 11.09. 2015
  • Herr Rossi
    Herr Rossi

    Zur Geschichte des Dollars: Anton Zischka - Der Dollar. Glanz und Elend der Weltwährung.

    -> Schon etwas veraltet, aber für eine Einführung ein guter Überblick. Etwas zahlenlastig.

    Zusammengefasst (Spoileralarm!): Die USA - von Anfang an fremdfinanziert, ein perpetuum mobile der Tributforderungen.

    10:38 Uhr, 10.09. 2015
  • 1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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