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09:32 Uhr, 21.07.2022

21. Juli 2022: Der Tag, als…

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Ein Tag – vier Fragen. Als hätte ein Dramaturg das Drehbuch geschrieben, verdichten sich die Antworten auf die wichtigen Fragen dieser Woche auf den Zeitraum weniger Stunden. Fließt wieder Gas durch Nord Stream 1? Steht Italien vor Neuwahlen? Wird die EZB die Leitzinsen um 25 oder um 50 Basispunkte anheben? Und welche Auskünfte wird die Notenbank zum „Anti-Fragmentierungs-Instrument“ geben? Die Finanzmärkte beginnen diesen 21. Juli 2022 in gespannter Erwartungshaltung, aber ohne Überzeugung in die eine oder andere Richtung.

Die erste Frage können wir offensichtlich mit „Ja“ beantworten. Nach Angaben des Betreibers sind die Gaslieferungen aus Russland durch die Nord Stream 1 Pipeline in der Nacht wieder angelaufen. Allerdings sei wohl höchstens mit einer Auslastung zu rechnen, die Im Bereich dessen liegt, was vor den zehntägigen Wartungsarbeiten geliefert wurde, als die Auslastung etwa 40 % der Kapazität betrug. Man kann wohl davon ausgehen, dass die Überprüfung der Gasliefermengen in den kommenden Tagen und Wochen Bestandteil der morgendlichen Nachrichtenübersicht bleiben wird.

Auch für die zweite Frage nach möglichen Neuwahlen in Italien zeichnet sich ein „Ja“ ab. Zwar gewann Mario Draghi gestern eine weitere Vertrauensabstimmung, nachdem er angeboten hatte, sein Amt als Ministerpräsident fortzuführen, allerdings blieben Teile der Koalitionsparteien der Abstimmung fern, weshalb erwartet wird, dass Draghi heute erneut sein Amt zur Verfügung stellen und damit den Weg für vorgezogene Neuwahlen Ende September / Anfang Oktober freimachen wird. In Reaktion auf diese Entwicklungen weitet sich heute früh der Renditeabstand zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen deutlich aus. Im 10-jährigen Laufzeitbereich springt die BTP-Rendite um mehr als 10 Bp nach oben, während der Bundmarkt mit weitgehend unveränderten Renditen eröffnet. Der Renditeabstand, oder Spread, liegt aktuell bei 225 Bp.

Am frühen Nachmittag werden alle Augen dann auf die Europäische Zentralbank gerichtet sein. Zum einen wird die Notenbank erstmals seit über zehn Jahren wieder ihre Leitzinsen anheben, zum anderen dürfte sie zumindest die Grundzüge des „Anti-Fragmentierungs-Instruments“ präsentieren. Trotz monatelanger Vorabkommunikation ist die Anlegerschaft in der Frage des Ausmaßes der Zinsanhebung komplett gespalten. Vor zwei Monaten hatte Notenbankpräsidentin Christine Lagarde in einem Blog-Beitrag eine Zinsanhebung um 25 Bp signalisiert. Zwei Wochen später wurde diese Aussicht im Anschluss an die letzte Ratssitzung untermauert. In den Wochen seither konzentrierte sich die Kommunikation der EZB ebenfalls auf einen 25-Bp-Schritt. Vor zwei Tagen allerdings hieß es in Agenturmeldungen, die Notenbank würde auf ihrer heutigen Sitzung auch eine Zinsanhebung um 50 Bp diskutieren. Im weltweiten Vergleich wäre ein 25-Bp-Schritt in der Tat gering. Und so wird die heutige Leitzinsverlautbarung in jedem Fall eine Überraschung. Wir gehen weiter davon aus, dass die EZB an dem von ihr kommunizierten Schritt um 25 Bp festhalten wird. Mit der historischen Zinsentscheidung einher geht eine Änderung im Veröffentlichungszeitplan. Die geldpolitischen Entscheidungen werden nicht mehr um 13:45 Uhr veröffentlicht, sondern eine halbe Stunde später um 14:15 Uhr. Die Pressekonferenz beginnt nicht mehr um 14:30 Uhr, sondern erst um 14:45 Uhr.

Im Rahmen der Pressekonferenz wird dann neben der Leitzinsanhebung das Anti-Fragmentierungs-Instrument im Mittelpunkt des Interesses stehen, welchem die EZB die Bezeichnung „Transmission Protection Mechanism“ verliehen hat. In einer Phase, in der die Zentralbank die Leitzinsen anhebt, ist zu erwarten, dass sich die Renditeabstände zwischen den nationalen Staatsanleihemärkten ausweiten. In einem gewissen Ausmaß ist dies tolerierbar. Sollte diese Spreadausweitung insbesondere infolge spekulativer Handelsaktivitäten jedoch über das fundamental gerechtfertigte Niveau hinausgehen, würde sich die EZB in der Umsetzung ihrer geldpolitischen Maßnahmen beeinträchtigt sehen. Die Finanzierungsbedingungen in dem betreffenden Land könnten straffer sein als es die Notenbank anvisiert. Aus diesem Grund hält die EZB es für erforderlich, über ein Instrument zu verfügen, welches spekulativ getriebenen übermäßigen Spreadentwicklungen entgegenwirkt.

Die Ausgestaltung dieses Instruments dürfte entscheidend dafür sein, wie die Anleger das gesamte Paket an EZB-Ankündigungen heute Nachmittag bewerten werden. Aktien, EUR-USD und der Bundmarkt starten allesamt recht stabil in den Handel, die einzig sichere Prognose für diesen 21. Juli ist allerdings, dass dies nicht so bleiben wird…

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