Kommentar
07:00 Uhr, 20.01.2009

2009: das Jahr der Insolvenzen

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Die folgenden aus 2008 stammenden Zahlen liegen zwar außerhalb meines Vorstellungsvermögens, aber sie verdeutlichen die Relationen der Finanzkrise:

Marktwert aller weltweit gehandelten Aktien ca. 30 Billionen Dollar

Weltweites Bruttosozialprodukt aller Länder ca. 50 Billionen Dollar

Weltweite Ersparnisse ca. 130 Billionen Dollar

Weltweite Derivate ca. 750 Billionen Dollar

Der Autor Dr. J. Jahnke sieht 3 Ursachen für die Finanzkrise:

1. Globalisierung.

Die Verlagerung von Wirtschaftsleistung aus den entwickelten Ländern ( mit niedriger Sparrate) in die Entwicklungsländer ( mit hoher Sparrate) hob die weltweiten Ersparnisse weit über das Volumen der geplanten Investitionen an. Also bildete sich eine Blase Ergebnis: die globalen Finanzmärkte wurden überschwemmt. Die Zinsen für die Ersparnisse ging nach unten. Niedrige Zinsen und Inflationsraten trieben in der Folge die Preise für alle Finanzanlagen nach oben und gleichzeitig die Profitraten nach unten. In der Folge suchten die Anleger mit ihrem Kapital immer riskantere Anlagen, weil dort die Erträge höher waren. Der Crash dieser Blase war nur eine Frage des Zeitpunktes.

2. Ungleiche Einkommensentwicklung

Unternehmen in den alten Industrieländern, vor allem auch in Deutschland, drücken seit Jahren mit Hinweis auf die asiatischen Billiglohnalternativen die einheimischen Löhne. Damit wurden dann umgekehrt die Unternehmensgewinne und Vermögenseinkommen der Best- und Besserverdiener (shareholder value) hochgetrieben. Dem wohlhabenden Teil der Bevölkerungen wurden so enorme Sparleistungen ermöglicht.. Die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen expandierten, während die Arbeitseinkommen real zurückliefen. Mit den Hartz - Reformen wurde in Deutschland ein großer Niedriglohnsektor mit seinem Negativsog auf das gesamte Lohnniveau aufgebaut. Die Ersparnisse der Besserverdienenden aus den alten Industrieländern wurden nur teilweise in die Realwirtschaft investiert und haben ansonsten ebenfalls die Finanzmärkte überschwemmt

3. Unregulierte Finanzmärkte

Neoliberalisierte Finanzmärkte und Gier der dort Tätigen bilden die dritte Ursache. Die Anlagen in hochriskante Papiere (Finanzderivate) wurden mit einem hohen Anteil an Kredit finanziert. Mit gewaltigen Hebeln im Verhältnis zum Eigenkapital ( 30- bis 50 fach ) konnten sehr hohe Gewinne und entsprechende Provisionen erzielt werde .Dazu kamen noch niedrige Zinssätze der Zentralbanken Die politisch beeinflußten Zentralbanken setzten nur auf Wirtschaftswachstum und trauten sich nicht an ein rechtzeitiges Anstechen der Kreditblase. Als Ergebnis dieser dritten Ursache wurde noch wesentlich mehr an Überschußliquidität in das System gepumpt, als sich aus den beiden anderen Ursachen ohnehin schon ergeben hatte.

Wer ist schuld und was sind die Konsequenzen ?

Es sind nicht nur die „Gierigen" gewesen sondern auch die Politiker, welche durch entsprechende Gesetze das „Spielcasino" erst ermöglicht haben.

„Eine Art neues globales Bretton Woods Abkommen wäre bei weitem die beste Lösung". Eine neue Weltfinanzordnung bedeutet aber doch nichts anderes als eine Weltwährungsreform. Wenn das die graue Eminenz Henry Kissinger sagt, ist es sehr ernst zu nehmen.

Ein Beispiel: Die Abstimmung im Deutschen Bundestag am 7. November 2003 über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen. Der Gesetzentwurf wurde mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Nun behaupten unsere Politiker, wir hätten über unsere Verhältnisse gelebt und müssten den Gürtel enger schnallen. Eine Frechheit, so etwas einer Familie , einem Angestellten, einem Beamtem, einem Arbeiter, einem Rentner, einer alleinerziehenden Mutter oder einem Transferleistungsempfänger zu erzählen.

2009 dürfte das Jahr einer globalen Insolvenzkrise werden. Das Spielcasino - Geschäftsmodel funktioniert nicht mehr. Das Finanzministerium geht davon aus, dass der gesamte deutsche Bankensektor Risikopapiere mit einer Summe von bis zu einer Billion Euro in den Büchern führt. Die deutschen Banken hätten erst "einen Bruchteil ihrer faulen Wertpapiere rund um amerikanische Hypothekendarlehen und Studentenkredite abgeschrieben". Dies habe eine Umfrage der Bundesbank und der Bankenaufsicht BaFin unter 20 großen Kreditinstituten ergeben.

LEAP/E 2020 ( eine französische „Denkfabrik" ) schätzt, dass weltweit ein Betrag von bis zu 30 Billionen Dollar an heißer Luft in den Finanzmärkten steckt. Diese „Geisteranlagen" würden und müssten aus dem System verschwinden. Dies führt lt. LEAP/E 2020 nun zu einer globalen Insolvenzkrise.

Warum ? Stellen Sie sich vor, Sie betreiben ein Geschäft und bekommen ein Liquiditätsproblem. Wenn der cash - flow (Gewinn und Abschreibungen ) einbricht könnten sich evtl. bei Ihrer Bank oder Ihrer Familie neue Liquidität besorgen. Das macht aber nur Sinn, wenn Ihr Geschäftsmodell noch funktioniert und es sich in Ihrem Unternehmen nur um einen vorübergehenden Engpass an Bargeld handelt.

Wenn Ihr Geschäft aber aufgehört hat, profitabel zu sein, dann werden Sie sich mit neuen Krediten nur Zeit bis zur endgültigen Insolvenz „leihen" können. Aber die Pleite werden sie so nicht verhindern können. Vor dieser Situation stehen derzeit nicht nur viele Teilnehmer des globalen Finanzsystems. sondern auch Autokonzerne, Pensionsfonds oder Staaten. Ihr „Geschäftsmodell" basierte auf faulen Krediten und ist diese werden nun abgebaut.

Der Trend ist klar. Wenn in Deutschland bis zu einer Billion EURO und weltweit bis zu 30 Billionen Dollar ( entspricht über 50 Prozent des weltweiten Bruttosozialproduktes) aus den Bilanzen verschwinden müssen, dann steuern wir auf eine weltweite Konkurswelle zu. Diese Beträge sind im Verhältnis zu den Volkseinkommen einfach zu groß, um durch Staaten „ gerettet " werden zu können. Vielmehr stellt sich sogar die Frage, ob Staaten wie die USA oder Großbritannien nicht sogar selbst vor der Insolvenz stehen ? Sobald der Run aus den Staatsanleihen und dem Dollar losgeht, kann es zu einem Chaos kommen. Dies wollen die Staaten natürlich verhindern. Henry Kissinger meinte vor kurzem dazu, die Alternative zu einem Chaos wäre eine neue internationale Ordnung.

„Eine Art neues globales Bretton Woods Abkommen wäre bei weitem die beste Lösung". Eine neue Weltfinanzordnung bedeutet aber doch nichts anderes als eine Weltwährungsreform. Wenn das die graue Eminenz Henry Kissinger sagt, ist es sehr ernst zu nehmen.

Er folgerte: „„Eine Art neues globales Bretton Woods Abkommen wäre bei weitem die beste Lösung“. Eine neue Weltfinanzordnung bedeutet aber doch nichts anderes als eine Weltwährungsreform. Wenn das die graue Eminenz Henry Kissinger sagt, ist es sehr ernst zu nehmen.

Gerhard Nadolny

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