Kommentar
08:26 Uhr, 06.08.2019

10-jährige Rendite USA - Zollt Fehlausbruch Tribut

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Zollt Fehlausbruch Tribut

„N.N. – new normal oder nochmals negativ“, so lautete unsere gleichermaßen ambitionierte wie marktkonträre Überschrift zum Jahresausblick. Auf der Rentenseite vertraten wir also eine gewagte Außenseitermeinung. Die neuen Rekordstände beim Euro-BUND-Future bzw. die spiegelbildlichen Renditetiefs geben uns inzwischen Recht. Vor diesem Hintergrund haben wir mit unserem Jahresausblick einen absoluten Prognosetreffer gelandet. Wichtiger als die Rückspiegelbetrachtung ist allerdings, was die zweite Jahreshälfte auf den Zinsmärkten noch bringen wird. Fast schon traditionell möchten wir zur Beantwortung dieser Frage mit der Analyse der 10-jährigen Rendite in den USA beginnen. Die alte Tradingweisheit, wonach auf Fehlausbrüche schnelle, dynamische Bewegungen in die entgegengesetzte Richtung folgen, lässt sich hier lehrbuchmäßig festmachen. Schließlich diente das „false break“ vom Oktober 2018 über den Abwärtstrend seit 1981 (akt. bei 2,92 %) bzw. über die Nackenlinie des Doppelbodens der letzten acht Jahre (3,04 %) im Januar als unser entscheidendes Kernargument für fallende Renditen (siehe Chart 1).

10-jährige Rendite USA (Monthly)

Strukturelle Schwäche: Renditen bleiben unter Druck

In der Folge fiel die 10-jährige Rendite in den USA seit Oktober vergangenen Jahres in der Spitze von 3,26 % auf 1,94 % zurück. Die jüngste Monatskerze liefert mit ihrem markanten oberen und unteren Schatten sowie dem kleinen Kerzenkörper ein erstes Indiz für eine Gegenbewegung. Interessanterweise bildet sich dieses Candlestickmuster auf Basis der Tiefpunkte vom September 2017 (2,02 %) und vom Dezember 2008 (2,04 %). Mit anderen Worten: Nach dem dynamischen Renditerutsch der letzten Monate hat eine technische Reaktion im Bereich der genannten Unterstützungen durchaus Charme. Spätestens im Bereich der horizontalen Barrieren zwischen 2,30 % und 2,45 % sollte diese dann aber bereits wieder auslaufen, ehe danach der nächste Zinsrutsch einsetzen sollte. Ein Abgleiten unter die o. g. Schlüsselzone bei rund 2 % dient dabei als Katalysator für nochmals deutlich niedrigere Zinsen. Der abgelehnte Bruch des Basisabwärtstrends der letzten 40 Jahre bzw. die fehlgeschlagene untere Umkehr der letzten Jahre bleiben unverändert die großen, strategischen Belastungsfaktoren. Per Saldo ist eine Trendwende nicht in Sicht, so dass die 10-jährige Rendite in den USA weiterhin einer strukturellen Schwäche ausgesetzt sein dürfte.

10-jährige Rendite USA (Monthly)

Neues Allzeithoch und kein Ende in Sicht

In Deutschland diente uns der 6-Monats-Chart des Euro-BUND-Future als entscheidende Argumentationsgrundlage. Der Charme der hohen Zeitebene lässt sich hier ganz deutlich erkennen. Seit dem Rekordstand von 2016 bei 168,86 befand sich das Rentenbarometer in einer konstruktiven Konsolidierungsphase. Die beiden Halbjahreskerzen von 2018 nahmen mit ihren markanten Lunten bzw. einem idealtypischen „Hammer“ ein Ende des Kräftesammelns bereits vorweg. Da beide 2018er-Kerzen darüber hinaus nahezu deckungsgleiche Hochs bei rund 164 aufwiesen, definierten wir im Januar einen Anstieg über dieses Level als prozyklischen Buy-Trigger. Der beschriebene Katalysator hat seine Wirkung nicht verfehlt, denn beim Euro-BUND-Future wurde nicht nur das o. g. Allzeithoch überwunden, sondern auch unser Kursziel von 170 deutlich übertroffen. Mittlerweile konnte das Rentenbarometer sein Rekordlevel bis auf über 176 ausbauen. Der Aufwärtstrend seit Sommer 2008 erfuhr also in den letzten Monaten eine dreifache Bestätigung. Einmal durch die 6-Monats-Kerzen von 2018, dann durch den Abschluss der Konsolidierung seit 2016 und zu guter Letzt durch das neue Allzeithoch (siehe Chart 3).

Euro-BUND-Future (Semi-annually)

Trend ist absolut intakt

Sowohl der langfristige Aufwärtstrend seit Sommer 2008 als auch das im Herbst vergangenen Jahres etablierte, steilere Pendant (auf Wochenbasis akt. bei 167,85) sind also absolut intakt. Gemäß der obersten Maxime in Form des klassischen „the trend is your friend“ sind dem technischen Analysten derzeit deshalb die Hände gebunden. Anleger sollten auch im 2. Halbjahr am Ball bleiben und sich vom Markt zeigen lassen, wie weit der besagte Trend letztlich trägt. Das aktuelle Dilemma liegt vielmehr darin, dass sich auf der Oberseite kaum noch Anlaufziele herleiten lassen. Eine der wenigen verbliebenen Zielmarken ergibt sich aus der 161,8 %-Fibonacci-Projektion des gesamten Korrekturimpulses von Juni 2016 bis März 2018 (176,26; siehe Chart 4). Dennoch sollten sich Investoren davor hüten, die spektakuläre Kursentwicklung der ersten sieben Monate auf das Gesamtjahr 2019 hochzurechnen. Vor allem auf der Indikatorenseite gibt es mittlerweile einige Bremsspuren. So notiert beispielsweise der Wochen-MACD auf historisch hohem Niveau. Gleichzeitig ist die Trenddynamik – gemessen am ADX – so stark ausgeprägt wie selten zuvor in diesem Jahrtausend. Die Trendintensität lässt sich also kaum noch steigern, was weitere Kursgewinne des Euro-BUND-Future zusehends erschweren dürfte.

Euro-BUND-Future (Monthly)

Money Management gewinnt an Bedeutung

In die gleiche Kerbe schlägt der RSI, der bei monatlicher Berechnungsweise inzwischen erstmals seit 2016 im überkauften Terrain notiert. Auf Tagesbasis zeigt der Oszillator zudem eine divergente Entwicklung, indem die letzten Rekordstände nicht mehr durch entsprechende Indikatorenpendants bestätigt wurden. Gleiches gilt für den trendfolgenden MACD. Wenngleich der Trend auch in der kurzfristigen Zeitebene absolut intakt ist, signalisieren beide Indikatoren doch einen gewissen Reifegrad des dynamischen Aufwärtsimpulses seit Anfang Oktober 2018, der ein Luftholen wahrscheinlicher macht. Vor diesem Hintergrund möchten wir Ihnen einige charttechnisch relevante Rückzugslinien mit an die Hand geben. Unter Tradinggesichtspunkten definieren das alte Allzeithoch von Anfang Juli (174,05) bzw. die 38-Tages-Linie (akt. bei 173,02) die ersten nennenswerten Unterstützungen (siehe Chart 5). Von strategischer Bedeutung ist aber vor allem die große Kontraktwechsel-Kurslücke von Anfang Juni (untere Gapkante bei 169,01). Zusammen mit dem ehemaligen Rekordstand von 2016 (168,86) entsteht hier eine massive Haltezone, die zur Absicherung langfristiger Kursgewinne am Rentenmarkt prädestiniert ist.

Euro-BUND-Future (Daily)

Wie lautet das Gegenteil von „the sky is the limit“?

Im letzten Schritt unseres Halbjahresupdates möchten wir das Spiegelbild des Euro-BUND-Future – sprich die 10-jährige Rendite Deutschland – beleuchten. Hier formulierten wir im Jahresausblick das „sportlichste“ aller Kursziele (-0,40 %) der gesamten Zinsseite. Selbst das aus der eingezeichneten Schulter-Kopf-Schulter-Formation resultierende Abschlagspotential wurde inzwischen abgearbeitet. Das neue Rekordtief von -0,44 % unterstreicht den bestehenden Baissetrend und signalisiert welch großer Druck unverändert auf den Renditen lastet. Mit Hilfe der 138,2 %-Fibonacci-Projektion der gesamten Zinserholung von Juli 2016 bis Februar 2018 können Investoren eine der wenigen verbliebenen Zielmarken (-0,59 %) bestimmen. Auf der Oberseite ergibt sich aus dem jüngsten Erholungshoch bei -0,22 %, dem ehemaligen Zinstief von 2016 (-0,20 %) und dem steilen Abwärtstrend seit Oktober 2018 (akt. bei -0,19 %) ein erstes markantes Barrierenbündel (siehe Chart 6). Für Trader bietet sich diese Zone als „Stopp“ an.

10-jährige Rendite Deutschland (Weekly)

Hoch, höher … Euro-BUND-Future

Fazit: Wenngleich die Trends auf der Rentenseite absolut intakt sind, dürfte sich die Dynamik des 1. Halbjahres bis zum Jahresultimo nicht wiederholen. Dazu sollte auch die Behavioral Finance beitragen. Anders als zu Jahresbeginn als weite Investorenkreise den beschriebenen Trends kritisch gegenüberstanden, scheint die Mehrzahl der Anleger diese inzwischen „verstanden“ zu haben. Dennoch können Anleger mit den aufgezeigten Stopp-Marken am Ball bleiben und sich vom Markt zeigen lassen, wie weit die etablierten Trends letzten Endes tragen werden. Übergeordnet bleiben die Renditen unter Druck und das Thema „Zinswende“ wurde weiter auf die lange Bank geschoben.

10-jährige Rendite Deutschland (Weekly)

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Autor: Jörg Scherer

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Über den Experten

Jörg Scherer
Jörg Scherer
Leiter Technische Analyse bei HSBC Deutschland

Jörg Scherer, Diplom-Kaufmann und Certified Financial Technician (CFTe), ist Gewinner des 2007er Awards der „Vereinigung Technischer Analysten Deutschlands“ (VTAD) und der Verfasser des kostenfreien täglichen Newsletter HSBC Daily Trading, einem der meist gelesenen Trading-Newsletter Deutschlands. Ebenfalls analysiert Jörg Scherer auf mehreren Terminen im Jahr auf Seminaren in ganz Deutschland und in Webinaren für Privatanleger und institutionellen Investoren den nationalen und internationalen Aktienmarkt, die Rentenseite, Währungspaare und Rohstoffe.

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