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11:09 Uhr, 29.07.2019

10 Fragen an Top-Trader: Henry Philippson

Interviewserie mit dem Deutschen Derivate Verband. Wissensvermittlung ist eines der Kernanliegen der Verbandsarbeit.

In diesem Rahmen hat der Deutsche Derivate Verband in Kooperation mit Guidants (www.guidants.com) die Publikationsreihe „10 Fragen an Top-Trader“ ins Leben gerufen. Guidants ist die personalisierbare Investment- und Analyseplattform der BörseGo AG und liefert einen Zugang in die Welt des Tradings. Die Investmentplattform erlaubt es den Anlegern, die Märkte in ihrer Gesamtheit zu analysieren. In dieser Ausgabe sprechen wir mit Henry Philippson (jetzt auf Guidants folgen!). Links zu weiteren Interviews finden Sie am Ende des Artikels!

Henry Philippson handelt seit mehr als zwei Jahrzehnten an den Kapitalmärkten. 1999 entdeckte er die Vorteile des Chartlesens für sich und ist seitdem überzeugter Anhänger der Technischen Analyse. Bereits im April 2000 absolvierte er das Diploma in Technical Analysis (DipTA) der International Federation of Technical Analysts und hat sich seitdem auf diesem Gebiet permanent weitergebildet. Seine Abschlussarbeit an der Freien Universität schrieb er über amerikanische und japanische Geldpolitik und im Jahre 2008 absolvierte er das ACI Dealing Certificate für den Devisenhandel. Seit mehr als 7 Jahren hat er sich auf den Handel am Devisenmarkt spezialisiert. Nach Stationen bei einer Berliner Vermögensverwaltung, Thomson Reuters in der Schweiz und einem Devisenhändler auf Malta verstärkt Philippson seit 2014 das Redaktionsteam von GodmodeTrader als Technischer Analyst mit Schwerpunkt Aktien- und Währungsanalysen. Seinen Stream auf der Tradingplattform Guidants haben rund 9.000 Follower abonniert.


Wann und wie sind Sie zum Trading gekommen?

Ich habe als Student in Leipzig im Jahre 1997 beim IPO der Pro7-Aktie eine Zuteilung bekommen. Ich weiß nicht mehr ganz genau wie viel, der Zeichnungsgewinn lag aber deutlich über 1.000 D-Mark. Das war für mich als Student eine Menge Geld und dadurch habe ich natürlich Blut geleckt und mit dem Handel von Aktien angefangen. Das war damals relativ einfach, weil die Kurse damals (fast) nur eine Richtung kannten: aufwärts. Das böse Erwachen für mein Depot kam dann aber bereits im Frühjahr 2000. Mit dem Thema Trading ging es dann so richtig für mich los im Jahr 2001 als Werksstudent bei einer Berliner Vermögensverwaltung am Kurfürstendamm. Dort wurden primär Futures und Devisen gehandelt – hoch spannend für mich als Student. Gut, dass ich damals keine Freundin hatte – ich war entweder im Büro oder an der Uni. Meine Mitbewohner in der Neuköllner WG am Hermannplatz habe ich fast nur am Wochenende gesehen.

Wie viele Trades machen Sie pro Tag, Monat und Jahr? Wie viele Stunden traden Sie täglich?

Ich habe früher gern sehr kurzfristig gehandelt, auch mal gern im 5-Minuten Chart. Da sind schon mehr als 200 – 300 Trades im Monat zusammengekommen. Diese Frequenz habe ich allerdings in den vergangenen Jahren deutlich zurückgefahren. Auf Grund meiner Tätigkeit als Finanzredakteur bei der BörseGo AG habe ich keine Zeit, den ganzen Tag auf 5-Minuten Charts zu starren. Ich konzentriere mich daher mehr auf Setups im Stundenchart und komme im Schnitt auf 3 – 5 Trades pro Tag.

Auf welche Märkte und/oder Indizes fokussieren Sie sich?

Vorwiegend fokussiere ich mich auf Devisen und hier vor allem die Dollar-Paare. Ab und an handle ich aber auch Rohstoffe wie Gold oder Rohöl und natürlich den fast schon obligatorischen DAX. Vom Aktienhandel bin ich in den vergangenen Jahren ein wenig abgekommen. Dafür fehlt mir wahrscheinlich ein bisschen die Geduld, da man hier oft mehrere Tage oder Wochen auf die entsprechenden Bewegungen warten muss. Zudem bin ich der Meinung, dass es beim Handel von Unternehmensaktien immer ein paar Leute gibt, die näher am Unternehmen sind (Insider) als ich und somit „mehr“ wissen.

Wie würden Sie Ihre Trading-Strategie in wenigen Sätzen beschreiben?

Das ist relativ einfach: Einen Trend identifizieren und anschließend versuchen, einen günstigen Einstieg in Trendrichtung zu bekommen. Aber das ist leichter gesagt als getan: Die Kunst besteht darin, auf spitzenmäßige Setups zu warten und nicht auf alles zu schießen, was einem vor die Flinte läuft.

Was war der größte Fehler in Ihrer bisherigen Trading-Karriere und was haben Sie aus ihm gelernt?

Ich war im August 2011 mit zwei DAX-Futures auf der Longseite engagiert, obwohl der Markt in diesem Monat quasi im freien Fall war. Der ursprünglich eingegebene Stopp Loss für die Position wurde – aus welchem Grund auch immer – wieder gestrichen. Ich war also mit 2 FDAX (damals meine maximale Positionsgröße) long in einem Crash-Markt unterwegs. Schauen Sie sich gerne mal den DAX-Chart im August 2011 an. Es kam natürlich wie es kommen musste: Ich verlor über 5.000 EUR allein an diesem Tag. Wenn der Verlust eine bestimmte Größenordnung weit jenseits der Schmerzgrenze überschritten hat, reagiert man als Trader wie ein Reh, das vor dem heranfahrenden Auto auf der Straße stehen bleibt: Man starrt komplett handlungsunfähig und mit weit aufgerissenen Augen auf das herannahende Verderben, das dann auch meist ganz schnell kommt. Es ist zwingend notwendig, für jeden Trade ein Risiko zu definieren und dies dann auch zu akzeptieren. Damit dieses Risiko problemlos „akzeptiert“ werden kann, sollte die Positionsgröße nicht zu groß gewählt werden. Diesen Fehler habe ich danach leider noch ein paar Mal gemacht, aber 2011 ist mir in Erinnerung geblieben.

Wodurch finden Sie einen Ausgleich zum Trading-Alltag?

Ich bin 3 – 4 Mal am Tag mit unserem Terrier draußen an der frischen Luft. Zudem spiele ich in der Berliner Landesliga (Ü40) Fußball für einen Kreuzberger Verein.

Wie lange hat es gedauert, bis Sie vom Trading leben konnten?

Die Gewinne meiner Anfangsjahre waren 2001 wieder komplett verschwunden. Bis ich eine dauerhaft profitable Trading-Strategie für mich gefunden hatte, hat es weit über zehn Jahre gedauert. Heute gibt es viel mehr Ausbildungsmöglichkeiten im Bereich Trading – wie zum Beispiel der Ausbildungsservice meines Kollegen Rene Berteit -, die es zu meiner Anfangszeit nicht gab.

Was muss ein erfolgreicher Trader auf jeden Fall beherrschen? Welche Eigenschaften sollte er haben?

Er sollte eine profitable Strategie entwickeln und beherrschen, ein Money-Management System für diese Strategie entwickeln und seine Gedanken kontrollieren, damit er seinen Trading-Plan permanent diszipliniert umsetzt.

Welchen Beruf hätten Sie vermutlich, wenn es mit dem Trading nicht geklappt hätte?

Ich wäre Skilehrer, im Winter in Frankreich und im Sommer in Neuseeland.

Mit wem würden Sie gerne einen Tag tauschen?

Mit Jürgen Klopp, als er das Champions League Finale in Madrid gewonnen hat.

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Börsenrelevanter Tagesablauf

6.45 Uhr: Aufstehen und eine Runde um den Block mit meinem Terrier drehen. Dabei checke ich in der Regel, was in der asiatischen Sitzung passiert ist und was es für Nachrichten gab.

7.15 – 9 Uhr: Ich starte den Rechner und analysiere die wichtigsten Währungspaare für die „Forex Levels am Morgen“ und einen Devisen-Newsletter. Danach Frühstück.

9 – 12 Uhr: Kurz vor 9 Uhr schaue ich mir in der Regel mal den DAX etwas genauer an, um zu eruieren, ob sich da eventuell am Vormittag etwas verdienen lässt. Ich betreue die „Forex Levels am Morgen“ im PROmax-Stream auf Guidants und poste mögliche Tradingeinstiege. Darüber hinaus verfasse ich einen Blog-Beitrag zum DAX und erstelle anstehende Newsletter.

12 – 13 Uhr: Mittagspause

13 – 18 Uhr: Am Nachmittag werden Tradingchancen im Aktienbereich recherchiert und entsprechende Analysen erstellt und auf GodmodeTrader publiziert. Ich veröffentliche Marktkommentare auf meinem Guidants-Desktop, eventuell bereite ich Webinare vor bzw. halte sie.

18 – 22 Uhr: Abends beobachte ich die Märkte, meist mobil über die Guidants App.


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10 Fragen an Daniel Kühn

10 Fragen an André Tiedje

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