Wissensartikel
14:51 Uhr, 30.10.2018

Spread-Trading unter der Lupe - Starinvestor versenkt Millionen!

Bill Gross verlor in diesem Jahr Millionen mit einem oftmals als risikoarm bezeichneten Tradingstil: dem Spreadtrading. Was steckt tatsächlich dahinter?

Wenn Sie ein Märchenfan sind, sind Sie an der Börse goldrichtig. Was habe ich in den letzten zwei Dekaden nicht alle schon für Storys und Geschichten gehört, wie man an der Börse Geld verdienen kann - natürlich ganz ohne Risiko! Eine dieser Geschichten drehte sich um das Spread-Trading.

Was ist Spread-Trading?

Beim Spread-Trading geht der Anleger im Grunde zwei Geschäfte gleichzeitig ein, die miteinander in Beziehung stehen. Diese können sich auf die gleichen Basiswerte mit unterschiedlichen Laufzeiten oder aber auf unterschiedliche Basiswerte beziehen. Die konkreten Intentionen des Traders können sehr vielfältig sein. Zentraler Aspekt des Spread-Trainings ist es jedoch, von der Differenz zwischen den beiden Positionen zu profitieren. Dem Spread-Trader geht es also weniger um die Kursentwicklung in nur einem Basiswert, sondern um die Entwicklung beider in Relation zueinander.

Ein einfaches Beispiel für einen Spread wäre der Kauf von Volkswagen und das Shorten von Daimler, wenn man der Meinung ist, dass sich VW besser entwickeln wird, als der Mitbewerber. Ein solcher Spread soll viele Vorteile mitbringen. Befürworter des Spreadtradings argumentieren beispielsweise, dass

  1. Das Risiko kleiner ist, da man sich bspw. bei unserem VW-Daimler-Spread keine Gedanken über die grundlegende Richtung des Marktes machen muss. Der Spread kann Geld verdienen, egal ob die Aktien fallen oder steigen.
  2. Die Volatilität (als konkretes Risikomaß) kleiner ist. Die Trades sind risikoärmer
  3. Die Kapitalanforderungen beim Spread geringer sein können

Glauben Sie nicht alles vorbehaltlos, was Sie hören!

Bei all diesen vermeintlichen Vorteilen verfällt man schnell (und gerne) dem Gedanken, beim Spread-Trading handelt es sich um eine lukrative, risikoärmere Tradingvariante. Größere Gewinne bei kleinerem Risiko, wer möchte das nicht! Sie sollten jedoch nicht so blauäugig sein, und alles vorbehaltlos glauben, was man Ihnen an der Börse weismachen möchte. Wie groß das Risiko auch im Spreadtrading sein kann, hat in diesem Jahr Starinvestor Bill Gross bewiesen. Im eigentlich ruhigen Metier der Staatsanleihen spekulierte dieser mit seinem Fonds auf eine Annäherung des Spreads zwischen amerikanischen und deutschen Staatsanleihen und verlor dabei Millionen! Obwohl der Spread im Sommer mit 2,5 Prozentpunkten auf einem historisch hohen Niveau war, trat das Szenario nicht ein. Der einstige Bond-König hielt zwar weiter an seinem Plan fest, musste sich am Ende aber dem Druck seiner Anleger beugen. Die Position wurde verkleinert und Gross realisierte enorme Verluste.

Setzen wir die rosarote Brille ab, dann …

… sollten wir an erster Stelle festhalten, dass auch das Spread-Trading eine Spekulation darstellt. Wie bei allen anderen Spekulationen kann diese aufgehen, muss sie aber nicht. An unserem VW-Daimler-Spread lässt sich dies sehr gut erklären. Wir spekulieren mit diesem zwar tatsächlich nicht auf eine konkrete Bewegung der Aktien nach oben oder unten, dafür aber auf die Bewegung beider Aktien zueinander. Unser Spread verdient nur dann Geld, wenn VW in einem steigenden Markt tatsächlich mehr zulegt, als Daimler. In einem fallenden Markt muss VW weniger nachgeben, als der Mitbewerber Daimler, um im Spread Geld zu verdienen. Wir können also tatsächlich unabhängig von der grundlegenden Marktrichtung profitieren, aber eben nur dann, wenn sich VW besser schlägt als Daimler. Den größten Gewinn würden wir erzielen, wenn VW steigt und Daimler fällt.

Im Umkehrschluss muss jedem Spread-Trader auch klar sein, dass die Idee nach hinten losgehen kann. Steigt Daimler stärker an, als die Volkswagen-Aktie, verlieren wir Geld. Fällt Daimler langsamer als Volkswagen, verlieren wir Geld. Steigt der Daimler-Aktienkurs sogar an, während der der Volkswagen-Aktie fällt, wird es richtig teuer.

Auch mit dem Spread-Trading setzt der Anleger auf eines oder mehrere Szenarien und treten diese nicht ein, verliert auch der Spread-Trader Geld. Dass der Verlust auch in die Millionenhöhe gehen kann, hat Bill Gross eindrucksvoll bewiesen. Allein dieses Beispiel zeigt, dass man mit einer verpauschalierenden Aussage wie „Spread-Trading hat eine geringere Volatilität“ vorsichtig sein sollte. Es mag durchaus sein, dass Spreads prozentual geringer schwanken, als Direktinvestments. Kleinere Schwankungsbreiten bedeuten aber auch kleinere Gewinne und dies kompensiert der Investor gerne damit, größere Positionen aufzubauen. Am Ende ist es dem Tradingskonto aber egal, ob die großen Gewinne bzw. Verluste durch eine kleine Position in einem volatilen Markt oder eine große Position in einem volatilitätsarmen Markt zustande gekommen sind.

Auch den vermeintlich dritten Vorteil, dass das Spread-Trading geringere Kapitalanforderungen besitzt, müssen wir etwas relativieren. Tatsache ist, dass einige Broker durchaus bereit sind, die Marginanforderungen zu senken, sofern ein Spread eingegangen wird. Begründet wird dieses Vorgehen mit der oft geringeren Volatilität im Spread (welche, wie wir schon gesehen haben, gerne durch höhere Positionen kompensiert wird). Dieses Angebot ist aber eine freiwillige Leistung des Brokers und nicht jeder bietet dies an. Dementsprechend ist zu prüfen, ob auch der eigene Broker für das Spread-Trading eine geringere Marge fordert. Sofern dies zutrifft, können sich Trader und Investoren natürlich einen Vorteil sichern. Kompensiert der Trader die geringere Volatilität im Spread aber durch eine größere Position, verschwindet schnell auch der Vorteil der geringeren Marginanforderung. Pro Spread-Position muss man zwar etwas weniger investieren, wenn man dafür aber mehrere Spreads kauft, um die gleichen Renditechancen aufgrund der geringeren Volatilität zu haben, wird der vermeintliche Vorteil negiert.

Fazit

Das Spread-Trading ist ein durchaus interessantes Tradinggebiet, in dem sich auch Privatanleger umschauen können. Auf der einen Seite können Sie gewisse Probleme klassischer Investments umgehen, auf der anderen Seite aber kommen neue/andere hinzu. Wir haben gezeigt, dass einem auch beim Spread-Trading nichts geschenkt wird. Im Grunde sind die gleichen Entscheidungen zu treffen, auch wenn sich die Details auf eine vielleicht andere Ebene erstrecken. Wie heißt es so schön, no risk, no fun!

Viel Erfolg

Ihr Rene Berteit

Wenn Sie sich für Trading-Know-how im Allgemeinen und kurzfristigen Handel im Speziellen interessieren sind Sie bei mir genau richtig. Folgen Sie mir auf Guidants!

3 Kommentare

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  • T3rm1
    T3rm1

    Ich empfinde den Inhalt noch zu theoretisch und wenig greifbar. Nach dem Lesen ist mir noch immer nicht klar, wie diese Technik funktioniert. Gut wäre sicherlich ein Beispiel mit konkreten Werten und den möglichen Ausgängen zu beschreiben.

    18:12 Uhr, 30.10.2018
    1 Antwort anzeigen