Keine Angst vorm Hebel!
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Immer wieder hört und liest man Empfehlungen, auf den eingesetzten Hebel zu achten. Diese lauten meist in etwa so: Als Anfänger sollten Sie nie größere Hebel als 5 wählen, während risikofreudigere Trader und Fortgeschrittene gerne auch zu größeren Hebeln greifen können! Dies suggeriert, dass der Hebel ein entscheidendes Maß für das Risiko ist, aber ist dem wirklich so?
Ja und nein! Wer den Hebel nicht versteht, was sicherlich bei vielen Einsteigern an der Börse der Fall ist, dem kann eine solche Empfehlung das Traderleben retten. Wer sich hingegen genauer mit dem Hebel auseinandersetzt, wird erkennen, dass dieser nichts mit dem Risiko zu tun hat.
Angenommen wir interessierten uns vor einigen Jahren für die Aktien der Deutschen Telekom, die in 2013 dabei waren, einen mittelfristigen Widerstand bei 10,06 Euro aus dem Weg zu räumen (siehe Abb.1). Damals ein schönes Kaufsignal, immerhin stieg die Aktie im Hoch bis auf 17,62 EUR an. Gehen wir den klassischen Weg ohne CFDs und Zertifikate, also ohne Hebel und wollen uns 500 Aktien ins Depot legen, so müssten wir dafür beim aktuellen Preis pro Aktie von 10,12 Euro insgesamt 500 * 10,12 = 5.060,00 Euro investieren.
Risiko vs. Investition
Um dem Hebel weiter auf die Schliche zu kommen, müssen wir einen kleinen vorbereitenden Schritt machen und den Risikobegriff definieren. Unter Risiko wird in diesem Fall der potentiell entstehende Verlust in Euro verstanden, sollte das Geschäft nach hinten losgehen. Unseren Trade in der Deutschen Telekom Aktie sichern wir beispielsweise mit einem Stopploss bei 9,40 Euro ab. Allein durch Setzen des Stopps haben wir unser Risiko fixiert. Dieses ergibt sich aus der Differenz von Einstiegspreis und Stopploss:
Risiko = 10,12 Euro – 9,40 Euro = 0,72 Euro
pro gekaufter Aktie bzw.
Risiko gesamt = 500 Stück * 0,72 Euro = 360,00 Euro.
In unseren Trade auf die Deutsche Telekom müssen wir also 5.060,00 Euro investieren, aber riskieren letztlich durch unseren Stopploss nur 360,00 Euro. Das ist ein wichtiger Unterschied. Die Investitionssumme ist der nötige Geldbetrag, um das Geschäft durchzuführen, während der Risikobetrag wesentlich kleiner ist. Nur dann, wenn kein Stopploss gesetzt wird, sind Investitionsbetrag und Risikobetrag identisch.
Hebel & Risiko
Kommen wir nun zu unseren Zertifikaten zurück. Anstatt die Aktie direkt zu kaufen, möchten wir einen Hebel einsetzen. Abbildung 2 zeigt eine Auswahl an damaligen Zertifikaten, die jeweils ein Bezugsverhältnis von 1 haben. Dies bedeutet, dass ein Zertifikat eine Aktie ersetzt und Kursveränderungen der Aktie im Verhältnis 1:1 im Zertifikat mitlaufen. Steigt der Kurs der Deutschen Telekom Aktie um einen Cent, dann steigt auch der Kurs eines jeden Longzertifikats um einen Cent. Fällt der Kurs der Deutschen Telekom um 20 Cent, verliert auch jedes der Zertifikate 20 Cent. Würden wir auf ein Zertifikat mit einem Bezugsverhältnis von 0,1 zurückgreifen, gäbe es bei einer Kursveränderung von 20 Cent in der Aktie im Zertifikat nur eine Veränderung von 2 Cent. Ein Zertifikat ersetzt also nur 0,1 Aktie bzw. um eine Aktie mit dem Zertifikat abzubilden, müssten wir 10 Stück von diesem kaufen.
Merken Sie etwas? Entscheidend dafür, um wie viel Euro sich das Zertifikat bewegt, ist das Bezugsverhältnis (und nicht der Hebel). Zertifikate mit gleichem Bezugsverhältnis gewinnen oder verlieren auch den gleichen Betrag in Euro, völlig unabhängig davon, wie groß der Hebel ist. In Abbildung 2 hat jedes Zertifikat das gleiche Bezugsverhältnis und damit auch das gleiche Risiko und das, obwohl die Hebel dieser extrem unterschiedlich sind.
Machen wir die Probe aufs Exempel und vergleichen zwei konkrete Zertifikate miteinander. Da wir nicht Äpfel mit Birnen vergleichen können, kaufen wir zwar Zertifikate mit unterschiedlichem Hebel, aber jeweils die gleichen Stückzahlen. Nehmen wir hierzu in Variante eins das Zertifikat mit der WKN CF3XUE und legen uns davon 500 Stück ins Depot, dann müssen wir:
500 * 1,35 Euro = 675,00 Euro
investieren. Fällt der Kurs der Deutschen Telekom auf das Stopploss zurück, verliert die Aktie 0,72 Euro an Wert. Da das Zertifikat ein Bezugsverhältnis von 1 hat, ist der Verlust pro gekauftem Zertifikat identisch und der Gesamtverlust für unsere 500 im Depot liegenden Zertifikate liegt bei:
500 * 0,72 Euro pro Zertifikat = 360 Euro.
In Variante zwei wählen wir einen kleineren Hebel und entscheiden uns für das Zertifikat mit der WKN CF2ZBP. Von diesem werden ebenfalls 500 Stück ins Depot gelegt, womit wir
500 * 1,99 Euro = 995,00 Euro
investieren müssen. Fällt der Kurs der Deutschen Telekom auf das Stopploss zurück, verliert die Aktie wie schon ermittelt, 0,72 Euro an Wert. Da auch das zweite Zertifikat ein Bezugsverhältnis von 1 hat, ist auch hier der Verlust pro Zertifikat mit 0,72 Euro identisch. Damit ergibt sich erneut folgende Risikoanalyse für unsere 500 Stück:
Risiko = 500 * 0,72 Euro = 360,00 Euro.
Wie Sie sehen, sind die Risiken in beiden Fällen gleich. Der Trader verliert unabhängig davon, welches Zertifikat er kauft, pro gehandeltem Stück 0,72 Euro bzw. bei unseren 500 im Depot liegenden Zertis insgesamt 360,00 Euro und das, obwohl die Hebel höchst unterschiedlich sind. Der Hebel spiegelt also in keinster Weise das Risiko wieder. Dieses wird ausschließlich durch die Stopps und die gekauften Stückzahlen bestimmt.
Wie unsere Beispiele zeigen, bleibt das Risiko trotz unterschiedlicher Hebel identisch, sofern um das Bezugsverhältnis bereinigt gleiche Stückzahlen gehandelt werden. Das einzige, was sich mit dem Einsatz verschiedener Hebel ändert, ist die Investitionssumme und genau hier liegt die Gefahr für Tradingeinsteiger. Sie können einfach viel größere Stückzahlen kaufen. Ein Trader mit einem 5.060 Euro Konto wäre auf 500 Aktien der Deutschen Telekom beschränkt, während für die gleiche Größenordnung und unter Einsatz von Zertifikat 1 sein Konto mit nur 675 Euro belastet werden würde. Er könnte jetzt also deutlich mehr als 500 Zertifikate ins Depot aufnehmen.
Fassen wir zusammen
Beim Einsatz von Hebelprodukten können sich Trader mehr leisten, als bei ungehebelten Engagements und dies auch zu tun, ist die eigentliche Gefahr von Hebelprodukten. Der Hebel allein ist jedoch kein Maß für das Risiko, sondern wird es immer erst in Verbindung mit den gehandelten Stückzahlen. Während Tradingeinsteiger diesen Effekt gerne ausnutzen und ihr Tradingkonto über Gebühr strapazieren, achten professionelle Trader ausschließlich auf das Risiko und stimmen die Positionsgröße so ab, dass ein von ihnen gewählter Betrag nicht überschritten wird. So eingesetzt, sind Hebelprodukte eine feine Sache, gerade für kleinere Tradingkonten.
Viel Erfolg
Ihr Rene Berteit
Sehr geehrter Herr Berteit,
ich finde Ihren Artikel sehr interessant, dennoch möchte ich gerne mal eine Aussage in den Raum stellen, die Sie vll. kommentieren könnten:
In Ihrem Artikel beschreiben Sie sehr deutlich und teilweise auch nachvollziehbar, dass der Hebel kein Maß für das Risiko ist. Dennoch bin ich hier folgender Meinung und würde mich über ein Feedback von Ihnen freuen:
Eigentlich stellt der Hebel meiner Meinung nach doch ein Risikomaß dar, vor allem für den Handel mit Knock-out-Produkten.
Denn umso geringer der Abstand zwischen dem aktuellen Kurs des Underlyings (z. B. DAX) und dem Finanzierungslevel (Basispreis = Knock-out-Schwelle, also ohne vorgelagerten Stop-Loss), desto höher ist der Hebel des jeweiligen Open-End-Turbos. Das bedeutet mit sinkendem inneren Wert bzw. mit sukzessiver Annäherung des Basiswertkurses an den Basispreis/KO-Schwelle, nimmt der Hebel zu und somit spiegelt dieser auch das erhöhte Risiko des Eintritts eines Knock-out-Ereignisses wieder (= wirtschaftlicher Totalverlust!)
Das bedeutet meiner Meinung nach, dass der Hebel vor allem als Risikomaß die Gefahr des Eintritts eines Knock-out-Ereignisses widerspiegelt.
Und letztlich finde ich, muss hier in Bezug auf das Risiko auch berücksichtigt werden, dass mit zunehmender Annäherung von Basiswertkurs und Basispreis/KO-Schwelle und somit mit zunehmendem Hebel respektive sinkenden inneren Wert, auch die implizite Volatilität als kursbeeinflussender Preisfaktor an Relevanz gewinnt.
Nicht zuletzt beginnt nämlich dann der Emittent sein Hedge sukzessive am Terminmarkt aufzulösen, was vor allem bei Open-End-Turbo-Calls zum Nachteil des Kunden zusätzlich Verkaufsdruck im Basiswert aufkommen lässt (F-DAX vs. DAX).
Liebe Grüße
...und das gute Aufgeld bei den Turbos nicht vergessen...lasse in einer Exceltabelle mal nen paar open End Dax turbos parallel laufen und notiere mir regelmäßig die KO Werte....da gehen ganz schön viele Cents krachen und es gibt riesen Unterschiede bei den Emitenten.
Wäre das nicht vll mal nen Thema für Sie?
Oder der Vergleichs Aufgeld/Laufzeitkosten von Turbos Open End vs. feste Laufzeit.
Wenn man das Geld Cash hat sollte man m.M. zu Aktien direkt greifen. ICh persönlich komm damit besser zurecht.
Bisserl viel Werbung fuer Freitag Morgen.
1,35 - 0,72 = 0,63, es gibt aber einen Stop Loss bei 1,08, bei anderen Hebelprodukten eine Knock-Out Barriere: Man sollte sich fragen, was da passiert...
Ist das ernst gemeint?
Der Hebel stellt immer die Chancen da sein eingesetztes Trading Kapital zu verlieren. Wer einen hohen Hebel tradet muss bereits sein auch im Gegenzug viel zu verlieren. Logisch, gibt nichts zu verschenken in dieser Welt..
"
Hat dieser wirklich etwas mit Risiko zu tun oder ist dies nur ein Ammenmärchen?"