"Greife nie in ein fallendes Messer!"
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Sind Aktien stark im Kurs gefallen, dann begeben sich etliche Anleger gerne auf Schnäppchenjagd. Es ist ja auch verlockend, schließlich sind einige Papiere plötzlich viel billiger zu haben als zuvor. Auch Starinvestor Warren Buffett ist als Value-Anleger bekennender Fan der Schnäppchenjagd: "Egal ob Socken oder Aktien: Ich liebe es, Qualitätsware zu kaufen, wenn sie [im Preis] herabgesetzt wurde", sagte Buffett einmal.
Ist es eine gute Idee, eine Aktie zu kaufen, weil sie plötzlich viel billiger zu haben ist? Eine allgemein sinnvolle Antwort auf diese Frage wird es nicht geben. Eine Aktie, die billiger als zuvor ist, kann fundamental immer noch teuer sein. Und auch eine fundamental billige Aktie kann durchaus "noch viel billiger" werden, wenn die Dinge schlecht laufen.
Ein starker Kursrutsch, der eine Aktie plötzlich viel billiger erscheinen lässt, könnte erst der Anfang einer größeren Abwärtsbewegung sein. Denn möglicherweise hat sich ja an der fundamentalen Situation des Unternehmens oder zumindest an der Art und Weise, wie die Kapitalmärkte die Situation des Unternehmens einschätzen, dauerhaft etwas verändert.
Die Börsenweisheit "Greife nie in ein fallendes Messer" ermahnt Anleger und Trader dazu, besonders vorsichtig mit Käufen zu sein, wenn die Kurse aktuell stark einbrechen. Denn oftmals ist es tatsächlich keine gute Idee, gerade dann kaufen zu wollen, wenn der Verkaufsdruck hoch ist. Zum einen können Abwärtstrends durchaus länger anhalten und weiter führen, als sich viele Anleger vorstellen können. In einem Extremszenario kann eine Einzelaktie vollkommen wertlos werden und ein breiter Aktienindex durchaus über 80 oder 90 Prozent einbrechen.
"Greife nie in ein fallendes Messer" bedeutet also, dass Anleger in der Regel nicht dann kaufen sollten, wenn die Kurse gerade dabei sind, stark einzubrechen.
Diese Börsenweisheit ist auch deshalb ein guter Ratschlag, weil starke Abwärtsbewegungen am Aktienmarkt durchaus auch die Tendenz haben können, sich selbst zu verstärken. Verantwortlich dafür sind vor allem Margin Calls und das sogenannte "forced selling". Ein Margin Call erhält ein Anleger, der auf Hebel (also mit Fremdkapital) zum Beispiel mit Futures oder Optionen spekuliert hat und wegen Verlusten in seinem Konto dazu aufgefordert wird, Geld nachzuschießen oder seine Positionen am Markt zu verkleinern. Wer auf Margin spekuliert, der setzt eben nicht nur sein eigenes Geld ein, sondern auch Fremdkapital. Treten dann Verluste auf, verlangt der Brokers eine zusätzliche Sicherheitsleistung, weil ein Teil des Kapitals durch Verluste aufgezehrt wurde.
In Krisenzeiten kommt es immer wieder vor, dass auch professionelle Anleger, die mit Hebel spekuliert haben, große Verluste verzeichnen. Diese Anleger sind dann unter Umständen gezwungen, ihre Positionen zumindest teilweise zu verkaufen. Es geht dann gar nicht mehr darum, wie der Anleger die Situation des jeweiligen Marktes einschätzt, sondern er muss einfach verkaufen, komme was wolle.
Wollen Anleger nicht verkaufen, sondern sind wegen der Umstände dazu gezwungen, dann wird das auch als "forced selling" oder "forced liquidation" bezeichnet. Der Investor hat gar keine Wahl: Um seine Haut zu retten, muss er verkaufen. Die Verkäufe selbst führen dann zu stärker sinkenden Kursen, als es eigentlich der Fall sein müsste. Solche "Panikverkäufe" führen auch dazu, dass Kurseinbrüche von einer Aktie auf andere Aktien oder sogar auf ganz andere Anlageklassen übergreifen können. Denn hat sich beispielsweise ein Hedgefonds im großen Stil verspekuliert, so wird er wegen des hohen Hebels nicht nur die Positionen verkaufen, mit denen er daneben gelegen hat, sondern muss unter Umständen sein gesamtes Portfolio liquidieren.
So mussten einige Hedgefonds mit Milliardenverlusten während des Corona-Crashs 2020 auch US-Staatsanleihen und während der Finanzkrise 2008 Gold verkaufen, obwohl beide Vermögenswerte in Krisenzeiten eigentlich gefragt sind und vom Crash eigentlich profitieren sollten. Das führte kurzzeitig auch bei diesen "sicheren Häfen" zu starken Kursverlusten, bevor sie wieder deutlich zulegen konnten.
Fazit: Es muss kein Fehler sein, auf Schnäppchenjagd zu gehen, wenn die Kurse stark eingebrochen sind. Oftmals sind Anleger aber besser beraten, eine Bodenbildung abzuwarten, bevor sie einsteigen. Man steigt dann zwar vielleicht etwas später und zu etwas höheren Kursen ein, verringert damit aber sein Risiko, in eine intakte Abwärtsbewegung hineingezogen zu werden.
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