Wissensartikel
14:15 Uhr, 17.02.2015

Die Macht des Pyramidisierens (3)

Es ist nicht alles Gold, was glänzt und so gibt es auch beim Pyramidisieren Vor- und Nachteile. Aber Hürden sind dazu da, überwunden zu werden.

Erwähnte Instrumente

  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (XETRA)

Im zweiten Teil unserer Reihe zum Pyramidisieren haben wir folgendes Fazit ziehen können:

Wollen Sie Ihrem Konto enorme Performanceschübe und beeindruckende Chance-Risiko-Verhältnisse verleihen, scheint das Aufbauen von Positionen eine geeignete Möglichkeit zu sein. Auch wenn wir uns heute bereits eines konkreten Handelsansatzes bedient haben, sollte dieser Artikel immer noch dem Grundverständnis des Pyramidisierens dienen und hinterfragen, was an diesem Tradingstil dran ist. Wir konnten eindrucksvoll zeigen, wo die Vorteile liegen, aber auch, welchen Preis der Trader dafür zu zahlen hat.

Zudem wird im Umkehrschluss noch einmal anhand konkreter Zahlen deutlich, welchen Gefahren sich Trader aussetzen, die gegen den Trend ständig verbilligen. Sie mögen zwar eine Trefferquote von 85% aufweisen (Gegenteil des Pyramidisierens), aber der Trend wird kommen, mit dem die Verluste das Konto ruinieren.

Der Weg hin zu einer vollständigen und handelbaren Tradingstrategie ausgehend von unserem kleinen Ausflug ist aber noch weit. Nicht nur, dass jeder Trader noch ganz persönliche Aspekte wie die eigene Kapitaldecke berücksichtigen muss, die gerade beim Pyramidisieren schnell ans Limit gehen kann, auch im emotionalen Bereich muss die Systematik handelbar sein. Hier treffen wir wohl auf die größte Herausforderung innerhalb des Pyramidisierens. Mit so kleinen Trefferquoten zu agieren, fällt nicht leicht und vergessen Sie bitte nicht, dass Sie immer am Ball bleiben müssen. Sie können es sich einfach nicht leisten, die wenigen, dafür aber umso größeren Gewinner, zu verpassen. Wie Abbildung 4 zeigt, erzielten eigentlich nur vier große Trades den Gesamtgewinn. Von diesen dürfen wir keinen einzigen auslassen oder auch nur mit verminderten Positionsgrößen handeln. Genau diese Gefahr besteht jedoch, wenn man zuvor über Monate/Jahre hinweg trotz vieler Versuche kein Geld verdient hat. Fragen für einen weiteren Artikel gibt es also genug. Ob wir auch Antworten finden?

Im Anschluss an diesen Artikel hat sich auf Godmode eine kleine Diskussion entwickelt, die weitere Fragen aufwarf. Durchhaltevermögen und Disziplin beispielsweise sind wichtig, aber @Trader69 führt an, dass für ein erfolgreiches Pyramidisieren noch einiges mehr nötig ist. Lange Haltedauern schlagen gerade im gehebelten CFD-Trading mit entsprechend hohen Kosten zu Buche. Oder Wie sieht es mit emotionalen Faktoren wie Gier & Angst aus, wirft @MonsterLutz in den Raum? Viele Trader werden wohl ihre Gewinne zu früh mitnehmen und deshalb die Vorteile des Pyramidisierens nicht auskosten können.

All diesen Hinweisen möchte ich mich uneingeschränkt anschließen. Die Theorie ist das eine, die Praxis oftmals etwas anderes. Wie jeder Tradingstil erfordert auch das Pyramidisieren von Positionen ein passendes Umfeld. Dies bezieht sich auf alle relevanten Aspekte des Tradings: Zeit, Kapital, Emotionen.

Faktor Zeit

Das Pyramidisieren ist ein eher längerfristiger Ansatz. Bei dieser Aussage sollten Sie sich jedoch von den üblichen Dimensionen der Zeit lösen. Wenn ich von längerfristig spreche, dann meine ich nicht unbedingt Monate oder Jahre, sondern vielmehr im Vergleich zu anderen Tradingstilen eine Haltedauer von mehr Kerzen. Diese Dimensionierung der Zeit ist weniger irreführend, denn natürlich besteht auch für den klassischen Intradaytrader die Chance, während eines Tages Positionen aufzubauen, ja selbst im 1 Minutenchart. Abbildung 1 beispielsweise zeigt einen kleinen Aufwärtstrend im DAX-Future vom Freitag und natürlich kann man auch in einem solchen Positionen aufbauen. In den klassischen Zeitdimensionen halten wir die Position extrem kurz, nämlich nur etwas mehr als eine Stunde, gemessen in Kerzen aber sind es fast 100 Kerzen, das ist gegenüber einem Scalptrader im 1-Minutenchart schon eine halbe Ewigkeit. Das Pyramidisieren ist in der gleichen zeitlichen Ebene sicher ein längerfristiger Ansatz, hat aber nicht zwangsläufig etwas mit Investieren über Jahre zu tun.

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Der Faktor Zeit zielt aber nicht nur auf die Haltedauer einer Position ab, sondern auch auf die Arbeitszeit. Salopp formuliert bringt das Pyramidisieren mit Blick auf diese einen weiteren Vorteil mit, denn das Einstiegstiming wird weniger wichtig. Mit dem Aufbau einer Pyramide wird ein Mischkurs angestrebt und der einzelne Einstiegspreis spielt keine zentrale Rolle mehr. Ob Sie die nächste Position in der Aktie nun bei 99 oder 100 Euro eingehen, ist mit Blick auf die Gesamtposition nicht kriegsentscheidend und so müssen Sie nicht ständig vor dem Computer hocken, um ja nicht den perfekten Einstieg zu verpassen. Dies gibt ihnen eine größere Flexibilität, das Trading in Ihr normales Arbeits- und Familienleben zu integrieren.

Faktor Kapital

Das Kapital ist von Natur aus einer der entscheidenden Faktoren im Trading und für nahezu jeden privaten Trader ein höchst limitierender Faktor. Um potentielle Lösungen erarbeiten zu können, müssen wir jedoch der wahren Natur dieses Problems nachkommen. Hierbei stoßen wir auf zwei wesentliche Aspekte:

  1. Positionen können nicht beliebig gestückelt werden. Aktien lassen sich beispielsweise nur in ganzen Einheiten kaufen oder verkaufen.
  2. Für jedes Geschäft sind Handelsgebühren zu zahlen, die zum einen nicht immer nur von der gehandelten Positionsgröße abhängen, sondern zudem auch gerade in Deutschland relativ hoch sind.

Würde es diese beiden Aspekte in der Form nicht geben, dann wäre das Kapital kein limitierender Faktor. Stellen Sie sich einfach nur einmal eine Tradingwelt vor, in der Sie beliebige gebrochene Stückzahlen handeln könnten und für jeden Trade nur stückzahlenabhängige, marginale Gebühren bezahlen müssten. Ein gutes Beispiel für einen solchen Markt ist der Forexhandel. Hier finden wir durchaus Broker, die nicht nur Lots oder Microlots anbieten, sondern extrem kleine Stückzahlen gehandelt werden können – bis hin zu einer Einheit. Fallen hierbei keine Mindestgebühren, wie wir es vom Aktienhandel kennen, an, lässt sich selbst mit Kleinstkonten hochprofessionell traden und pyramidisieren. Wer also diesen Tradingstil spannend findet, aber eine eher kleine Kapitaldecke besitzt, der muss sich nach Märkten und Brokern umschauen, die stückzahlabhängige und relativ moderate Gebühren haben und bei denen Kleinstpositionen gehandelt werden können.

In diesem Zusammenhang gibt es einen weiteren wichtigen Punkt zu beachten: es geht beim Pyramidisieren nicht zwangsläufig darum, viel größere Positionen (Risiken) gegenüber dem klassischen Einmaleinstieg aufzubauen. Natürlich ist dies eine Option, aber genauso gut ist es möglich, dass für den einmaligen Einstieg zur Verfügung stehende Kapital aufzuteilen. Statt also einmalig 1.000 Euro in einen Trade zu stecken, ließe sich eine Pyramide von 10 x 100 Euro aufbauen. Dies war sogar die ursprüngliche Intention dieser Artikelserie. Statt sofort das volle Risiko aufzubauen, wollten wir die Position teilen und nur dann nachlegen, wenn der Trade in unsere Richtung läuft. Bei Trades, die nach dem ersten Einstieg gegen uns laufen und am Ende ausgestoppt werden, haben wir eine viel kleinere Position, als bei funktionierenden Trades. Unser Gesamtrisiko im Trading sinkt.

Faktor Emotionen

Bei diesem Faktor kommen wir wohl an die größte Hürde für die meisten Trader. Meine Erfahrungen im Rahmen des Coachings legen nahe, dass nur die wenigsten Trader ohne Training pyramidisieren können. Zu klein ist die Trefferquote dessen, zu groß die Angst, Gewinne wieder abzugeben. Bringen wir es auf den Punkt, dann ist das Pyramidisieren von Natur aus nur eine Tradingnische für wenige Trader. Nur die wenigsten werden sich dort sofort wohl fühlen und die Disziplin aufbringen, ihrem Plan zu folgen, mögen die Vorteile auch noch so klar und deutlich sein. In diesem Fall ist es wirklich besser, einen anderen, vielleicht sogar schlechteren Tradingstil zu wählen, anstatt sich mit dem Pyramidisieren zu quälen. Glücklicherweise bietet die Börse genug andere Möglichkeiten, erfolgreich zu sein.

Wer sich hingegen die Vorteile des Pyramidisierens sichern will, der muss den damit verbundenen Weg auch gehen können. Wer dies nicht von Natur aus kann, muss sich die passenden Verhaltensmuster und Denkweisen durch viel Training & Co. aneignen. Aber machen wir uns nichts vor. Sich selbst, seine Einstellung und Denkweise zu ändern ist meist schwieriger, als einen Tradingstil zu suchen, der besser zu den eigenen Stärken und Schwächen passt. Mein Tipp: probieren Sie es einfach aus. Es gibt genug Broker, die ein Demokonto anbieten, um das Pyramidisieren kennenzulernen. Auch wenn viele dem Demotrading skeptisch gegenüber stehen, ich halte es für eine perfekte Trainingsmethode. Man darf es nur nicht als Demotrading betrachten und auf diesem irgendwelchen Unsinn ala: ist doch nur Demo, machen. Wer im Demotrading schon nicht die Disziplin aufbringt, sich an seinen ursprünglichen Plan zu halten, der wird es im realen Trading erst recht nicht schaffen. Klappt es im Demotrading sehr gut, stehen die Chancen auch höher, es im Echtgeldtrading zu schaffen. Natürlich wird dies emotional nochmals eine Schwierigkeitsstufe höher sein, aber vorbereitet durch das Demotrading geht der Trader von vornherein nur potentiell passende Stile auch mit echtem Geld und damit echtem Risiko an. Das wiederum erspart finanzielle Rückschläge, was will man mehr?

Zusammenfassung: Es ist nicht alles Gold, was glänzt! Wie immer liegen vor allem praktische Vor- und Nachteile auch beim Pyramidisieren dicht beisammen, aber Hürden sind dazu da, um überwunden zu werden. Und wer diese nicht angehen möchte, schaut sich in der großen weiten Welt der Börse nach einer anderen Tradingnische um. Glücklicherweise gibt es genug Möglichkeiten. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erfolg,

Ihr Rene Berteit

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15 Kommentare

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  • Trader69
    Trader69

    Herr Berteit macht es überhaupt Sinn so ein System short zu handeln ??? Jeder Chart ist nach oben offen, aber nach unten mit null begrenzt. Wenn ich nur Long handele kann ich einsteigen wo immer ich will, ich kann mein Risiko am Wert null ausrichten u darauf warten das irgendwann der Kurs alle meine Order ins Plus bringt...bei Shortpositionen würde das nicht immer funtionieren . Zudem würde ich mal behaupten, dass einzig Indizes für diese Art des handelns geeignet sind. Aktien können gen Null tendieren, Währungen können über Jahrzehnte seitwärts gehen u von den anderen Möglichkiten würde ich ohnehin die finger lassen.

    16:22 Uhr, 17.02.2015
    1 Antwort anzeigen
  • Trader69
    Trader69

    10 X 100 € ergibt aber keine pyramide ;-)

    15:52 Uhr, 17.02.2015
  • 0815
    0815

    Herr Berteit, ist ein Faktor Zertifikat nicht auch eine Art von Verteuern/Pyramidisieren?

    15:12 Uhr, 17.02.2015
    1 Antwort anzeigen

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Rene Berteit
Rene Berteit
Dein Trading-Coach

Über 25 Jahre professioneller Trader und Tradingmentor! Tausende von real durchgeführten Trades in Aktien, Indizes und Währungen! Fast 20 Jahre Mentorin und tausende von zufriedenen Ausbildungsteilnehmern! Diplom Betriebswirt mit Fokus Börse! Das ist unser Trader(mentor) René Berteit, der Ende der 90er die Börse für sich entdeckt hat. Börse, Trading und die Trader-Ausbildung sind für Ihn keine Berufe, sondern seine Berufung und Leidenschaft.

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