Kommentar
11:20 Uhr, 15.12.2020

Zwei Pandemieszenarien für 2021: Die positive Überraschung

Mehrere Impfstoffe sind verfügbar, die Impfungen beginnen. Eigentlich ist für 2021 alles klar. Eigentlich. Es gibt zwei Szenarien, mit denen aktuell niemand rechnet.

Die Börse spiegelt einen Konsens wider. Der Konsens ist momentan erfreulich. 2021 wird alles gut. Die wirtschaftliche Lage normalisiert sich. Europa, die USA, Asien, überall gibt es hohes Wirtschaftswachstum, die Arbeitslosigkeit geht zurück und Unternehmen können die Gewinne einfahren, die Anleger erwarten. Wenn es so kommt, ist alles in Ordnung. Oftmals kommt es anders. Vor allem zwei Szenarien sollten Anleger nicht komplett ignorieren. Das eine ist ein durchaus erfreuliches, das andere ist eher düster. Zuerst zum erfreulichen Szenario.

In diesem Szenario kommt es 2021 zu einer positiven Überraschung. Es ist kein Geheimnis, dass die monetäre und fiskalische Lockerung in diesem Jahr beispiellos war. Was diese Lockerungen tatsächlich bedeuten, wissen wir erst, wenn sich die Lage wieder normalisiert.

Zu Beginn der Pandemie wurden von der Fed, EZB, Bank of Japan, Bank of England und Schweizer Notenbank pro Monat über 1,5 Billionen in den Markt gepumpt (Grafik 1). Andere Notenbanken legten erstmalig QE auf. Dazu gehörten Australien, Kanada und Neuseeland.


Inzwischen ist die Summe deutlich kleiner und liegt bei 250 Mrd. Man darf aber nicht vergessen, dass vor wenigen Jahren eine solche Summe auf Jahresbasis Anleger schon frohlocken ließ. Aktuell sind es monatlich 250 Mrd. Das ist immer noch eine gigantische Summe.

Die Bilanzausweitungen sind im Vergleich zu früheren QE Programmen nicht einfach nur Geld, welches am Ende als Überschussreserven der Geschäftsbanken wieder bei der Notenbank geparkt wird. Hier werden Staaten finanziert. Staaten unterstützen die Konjunktur wie nie. Allein in den USA lagen die ersten Konjunkturprogramme bei fast 3 Billionen Dollar und nun könnte eine weitere Billion hinzukommen.

Die Mehrausgaben bleiben vorerst hoch. Notenbanken werden 2021 weiter Anleihen kaufen und über das Gesamtjahr 2021 wohl 3 Billionen Dollar zur Verfügung stellen. Die Bilanzsummen werden insgesamt 25 Billionen erreichen (Grafik 2).


Nun stelle man sich vor, dass sich die Wirtschaft 2021 dank der Impfungen schnell normalisiert. Gleichzeitig geben Regierungen immer noch Geld mit vollen Händen aus. Es kann durchaus sein, dass die Feinabstimmung nicht gelingt. Der Staat schiebt die Wirtschaft massiv an, obwohl sie von alleine schon wieder loslegt.

In einem solchen Szenario kommt es zu viel höherem Wachstum als bisher angenommen. Die Arbeitslosigkeit sinkt so schnell auf ein Vollbeschäftigungsniveau wie noch nie. Ein Konsumrausch, zu verdanken einer hohen Sparquote im Jahr 2020, sorgt für Versorgungsengpässe. Firmen können so schnell nicht produzieren wie nachgefragt wird. Die Inflation steigt unerwartet an. Unternehmensgewinne explodieren förmlich.

Der Dax steht da schnell bei 15.000 Punkten und der S&P 500 bei mehr als 4.000 Punkten. Ein solcher Boom zwingt Notenbanken allerdings die Unterstützung zurückzufahren. Die Aussicht auf höhere Zinsen kann für hohe Volatilität sorgen. Bevor das jedoch jemand merkt, gibt es den beispiellosen Boom im Jahr 2021.

Das zweite Szenario ist praktisch das Gegenteil. Mehr dazu in einem separaten Artikel.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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