Kommentar
10:39 Uhr, 25.10.2010

Zukünftige Ölförderung: Umdenken im Königshaus Saud

Erwähnte Instrumente

Die Händler am Ölmarkt scheinen sich mit Preisen über 80 Dollar wohl zu fühlen. Der an den Ausbruch angeschlossene Rücksetzer verlief zwar volatil, brachte aber nicht wie im August deutlich fallende Notierungen mit sich:

Die Situation ist am ehesten vergleichbar mit März und April dieses Jahres. Einer volatilen Konsolidierung folgte damals ein Anstieg um über sieben Dollar auf 87 Dollar.

Zweifelhaftes aus Saudi Arabien

In der vergangenen Woche meldete sich der Ölminister Saudi Arabiens, Ali Al-Naimi, und versuchte zu beschwichtigen. Er müsse alle enttäuschen, die daran glauben, dass die Zeit des billigen Öls vorüber sei, hieß es in einer Agenturmeldung von Reuters. „Wie könnte ich behaupten, dass es kein billiges Öl mehr gibt, wir haben immer noch 88 Milliarden (Barrels) im Ghawar-Feld (…) Sie können die Behauptung, dass es kein billiges Öl mehr in Saudi Arabien gibt, getrost vergessen.“ Natürlich: Saudi Arabien hat noch genügend Öl. Al-Naimi meldete sich zu einem delikaten Zeitpunkt. Auf der anderen Seite des Globus tagte in der vergangenen Woche die ASPO, ein Verband, der sich auf die Erforschung des Problems des weltweiten Ölfördermaximums spezialisiert hat.

Was die Ölpreise heute vor allem bestimmt, ist nicht der Preis der gesamten Produktion, sondern die Entwicklung der Grenzkosten zusätzlicher Produktion. Wenn irgendwo auf der Welt die Nachfrage um zum Beispiel 300,000 Barrels täglich wächst, muss das Angebot um diesen Betrag gesteigert werden. Saudi Arabien prognostizierte noch unlängst eine Fördermengenkapazität von 12,5 Millionen Barrels täglich. Diese Menge solle in wenigen Jahren durch eine bessere Wartung des Ghawar-Ölfelds und durch die Erschließung des Manifa-Feldes möglich sein (vor wenigen Jahren war noch von einem Potenzial bis 15 Millionen Barrels/Tag die Rede).

Experten zufolge hat Saudi Arabien Probleme, die Geschwindigkeit, mit der das eingepumpte Wasser sich im Ghawar-Feld verteilt, zu beschleunigen (aus dem Ghawar-Feld kann heute nur deshalb Öl gefördert werden, da Millionen Liter Wasser hinein gepumpt werden, um den Druck aufrecht zu erhalten). Offenbar geht Saudi Arabiens Ölkonzern Saudi Aramco jetzt vorsichtiger vor. Al-Naimi sprach in der vergangenen Woche von nur noch 12 Millionen Barrels/Tag, die einmal gefördert werden könnten. Heruntergebrochen auf die weltweite Ölförderkapazität stehen also zukünftig 500,000 Barrels/Tag weniger auf der Agenda.

Strategiewechsel im Königshaus Saud

Weitere Besorgnis erregende Entwicklungen gibt es rund um das Manifa-Ölfeld, dem größten Hoffnungsträger Saudi Arabiens. Das Feld enthält saures Öl, das einen starken Schwefelanteil hat. Außerdem ist das Öl stark mit Vanadium kontaminiert. Um aus diesem Öl vermarktungsfähige Mineralölprodukte wie Benzin oder Diesel herzustellen, bedarf es spezielle Raffinerien, die Saudi Arabien im eigenen Land bauen will. Die Bauarbeiten für die zwei geplanten Raffinerien verlaufen aber schleppend. In anderen Worten: Ohne die beiden Raffinerien ist das Öl im Mainifa-Feld bedeutungslos. Bislang war das Jahr 2013 für die Fertigstellung der Raffinerien angepeilt. In neuen Agenturmeldungen war schon vom Jahr 2024 die Rede. Wenn das kein Tippfehler war, würde dies bedeuten, dass Saudi Arabien seine Strategie geändert hat und in den kommenden Jahren nicht mal annähernd das Ziel von 12 Millionen Barrels/Tag anpeilt. Auch die Aussagen des Ölministers deuten auf einen Strategiewechsel hin:

Naimi sagte, dass das Königreich ausreichende Kapazitäten für eine tägliche Fördermenge von 12 Millionen Barrels besitzt und dass es eine Strategie verfolgt, seine Ressourcen zu bewahren und neue Energiequellen zu erschließen. „Wir haben die Produktionskapazität und wir müssen unser Vorkommen nicht in der Geschwindigkeit erschöpfen, als jemand, der das Ganze als Investment betrachtet (…) Also müssen wir unsere Quellen nicht so schnell erschöpfen, wie wir sollten“, erklärt Naimi.

Da auch die saudische Binnennachfrage nach Öl steigt und immer mehr Öl nach China verkauft wird, sinkt damit zwangsläufig die für den Westen verfügbare Menge an Öl. Wenn man annimmt, dass der weltweite Ölverbrauch pro Jahr um 1,5 Millionen Barrels wächst, dürfte der Ölverbrauch in zwei Jahren das verfügbare Angebot übersteigen. Das ist die Botschaft, die nach der ASPO-Konferenz veröffentlicht wurde. Es ist interessant, dass Saudi Arabien diese Botschaft gleich kurz nach Ende der Konferenz – zumindest zwischen den Zeilen - bestätigte.

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