Kommentar
09:34 Uhr, 11.05.2004

Zinsspekulation könnte weiter angeheizt werden

Die abgelaufene Börsenwoche war erneut von einer rückläufigen Kurstendenz gekennzeichnet. Bei um knapp 1% rückläufigem Weltindex (FT/S&P) mit vergleichbar negativer Kursdynamik in USA und in Euroland konnte sich die technologielastige NASDAQ mit nahezu unverändertem Index relativ gut halten. Dagegen stand Japan an nur zwei Börsentagen auf Grund einer fast 100%igen Abhängigkeit des Landes von Ölimporten stärker unter Druck. Der Rohölpreis ist innerhalb der letzten Woche um etwa 2 US-Dollar bis nahezu auf die 40 US-Dollar-Marke angestiegen. Daneben wurden die Weltaktienmärkte durch die wachsenden Befürchtungen einer eventuell schon im Juni möglichen Anhebung des US-Leitzinses durch die US-Notenbank belastet.

In den USA standen in der letzten Woche zwei Ereignisse im Vordergrund, die Zinsängste entfachten. Zum einen ließ die FED die Zinsen auf ihrer turnusmäßigen Sitzung am letzten Dienstag zwar auf unverändert niedrigem Niveau, stimmte jedoch die Märkte auf Zinserhöhungen ein. Dabei unterstellt sie, dass sich bei den Unternehmen die Einstellungsneigung von neuen Arbeitskräften verbessert hat und die Produktion solide steigt. Die Inflation sei kurzfristig zwar stärker spürbar, auf längere Sicht sollte sie jedoch eingedämmt bleiben. Insofern scheinen sich die Märkte auf eine allmähliche Zinsanhebung ab Juni in 25er Schritten bis zum Jahresende von aktuell 1,0 auf dann 1,75% bei den Fed Funds einzustellen. Zum anderen erhielt der Markt zum Wochenschluss bzgl. der geänderten Zinseinschätzung Unterstützung von den Arbeitsmarktdaten. Nachdem die Neueinstellungen bereits im März mit +337.000 besonders positiv ausfielen, konnte die Trendwende im April mit +288.000 eindrucksvoll bestätigt werden. "Die Konjunktur hat nunmehr gute Chancen auf eine sich selbst tragende Erholung", sagt ADIG-Fondsmanager Klaus Breil. "Allerdings werden die Unternehmen durch die zuletzt wieder steigenden Arbeitskosten insbesondere über die Nebenkosten belastet", so USA-Experte Breil. Die Einkaufsmanagerindizes konnten mit ihrem Anstieg im Dienstleistungssektor auf ein neues Allzeithoch und beim Verarbeitenden Gewerbe mit dem Verharren auf hohem Niveau allerdings keine positiven Impulse setzen.

In Europa zeigten ansteigende Einkaufsmanagerindizes vom April - u.a. Großbritannien sowie verschiedene Länder in Euroland - dass auch in Kontinentaleuropa kein Grund für einen überzogenen Konjunkturpessimismus besteht. Auch das im April angezogene Verbrauchervertrauen lässt für die Binnennachfrage in Euroland, zumindest auf Sicht zweites Halbjahr, hoffen. Allerdings war die Industrieproduktion (Stand März) in Deutschland erneut überraschend schwach. Möglicherweise werden die Zahlen (Monatsrückgang um 2,3%, Jahresrate -0,8%) später nach oben revidiert werden. Die Unternehmensberichte, meistens mit Bezug auf das erste Quartal, fielen überwiegend positiv aus. Die Versicherungstochter von Credit Suisse, DBV-Winterthur, muss für 2003 auf Grund von Abschreibungen von Beteiligungen und Steuernachzahlungen einen Nettoverlust von fast 90 Mill. Euro verbuchen. Für 2004 wird allerdings eine Rückkehr in die Gewinnzone erwartet. Die Schweizer Großbank UBS konnte im ersten Quartal das beste Ergebnis ihrer Geschichte ausweisen, wobei sich der Konzerngewinn im Vergleich zum Vorjahresquartal verdoppelt hat. Allein in diesem Quartal konnten neue Kundengelder in Höhe von 35 Mrd. SFR akquiriert werden. Der deutsche Automobilzulieferer und Reifenhersteller Continental steigerte das operative Quartalsergebnis überproportional um knapp 35% bei um knapp 6% erhöhten Umsatzerlösen. Das Quartalsergebnis des Warenhaus- und Versandhandelskonzerns KarstadtQuelle war dagegen mit einem um 4,4% ggü Vorjahr rückläufigen Umsatz sowie einem um 23 auf 171 Mill. Euro angestiegenen Betriebsverlust enttäuschend, spiegelt aber die eher rückläufige Nachfrage im deutschen Einzelhandel wider. Die Allianz Versicherung meldete einen Gewinnturnaround: der Konzerngewinn betrug im ersten Quartal 650 Mill. Euro, nachdem im Vorjahresquartal noch ein Verlust von 546 Mill. Euro verzeichnet worden war. Adidas-Salomon hat seinen Konzerngewinn um mehr als ein Drittel steigern können. BMW meldete bei um knapp 5% höherem Umsatz einen um knapp 3% höheren Überschuss, im Branchenvergleich durchaus achtbare Zahlen.

In Japan war die Börsenwoche auf Grund von drei Börsenfeiertagen - golden week - relativ ereignislos. Aber auch die transatlantischen Zinsängste ließen die Tokyoter Börse nicht unbeeindruckt, sodass der TOPX-Index an den beiden Börsentagen um 3% rückläufig war.

Ausblick:

In der laufenden Woche könnten in den USA höher als erwartete Produzenten- als auch Konsumentenpreise die Inflationsdiskussionen und somit die Zinsspekulationen weiter anheizen. "Dabei dürften die zuletzt stark gestiegenen Benzinpreise als Preistreiber verantwortlich sein", erklärt ADIG-Fondsmanager Klaus Breil. "Die Einzelhandelszahlen am Donnerstag und die Industrieproduktion am Freitag sollten das gute Konjunkturbild bestätigen", so Breil weiter. Von der Unternehmensseite berichten Cisco Systems (Dienstag), Walt Disney (Mittwoch) und Wal Mart sowie Dell (Donnerstag). Nachdem die Gewinnberichtssaison allmählich ausläuft und ihre positive Wirkung auf die Märkte bislang verfehlt hat, sind auch von diesen Daten keine positiven Impulse für den Aktienmarkt zu erwarten. "Insofern scheint der amerikanische Aktienmarkt auch diese Woche zwischen einerseits guten Konjunkturdaten sowie andererseits negativ zu interpretierenden Zinsspekulationen gefangen zu sein", sagt USA-Experte Breil. Die Konsolidierung im Rahmen des langfristigen Aufwärtstrends sollte sich somit weiter fortsetzen.

In Europa sind neben dem Ecofin-Treffen in Brüssel und dem EZB-Monatsbericht in einigen Ländern BIP-Zahlen für das erste Quartal zu erwarten. In Großbritannien dürfte der Arbeitsmarktbericht mit verschiedenen Arbeitsmarkt- und Einkommensdaten zeigen, ob die Voraussetzungen für eine robuste Verfassung des Privatkonsums weiterhin gegeben sind. Auf Unternehmensebene stehen erneut eine Vielzahl von Quartalsberichten und Hauptversammlungen an, aus denen die Aktienmärkte aktienspezifische Kursimpulse ableiten können.

In Japan sollten Haushaltsausgaben, Konsumklima, Auftragseingänge im Maschinenbau sowie Konjunkturbericht der Notenbank in der Lage sein, dem Aktienmarkt wieder eine positivere Orientierung zu geben.

Quelle: ADIG

Die ADIG Allgemeine Deutsche Investment-Gesellschaft mbH, Fondstochter der Commerzbank, wurde 1949 gegründet. Das verwaltete Fondsvermögen beträgt mehr als 24,6 Mrd. Euro in 270 Publikumsfonds. Die Aktivitäten der ADIG werden seit kurzem unter dem Dach der COMINVEST Asset Management GmbH geführt.

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