Zinssenkung in Europa?
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Die Rentenmärkte in den USA und in der Eurozone haben in der vergangenen Woche ihren Gleichlauf beendet. Die Ankündigung weiter steigender Zinsen durch Alan Greenspan ließ die US-Renditen merklich anziehen. Derweil stellen sich die Investoren in der Eurozone zunehmend auf eine Zinssenkung ein. Zuletzt hatten sogar Äußerungen aus der EZB die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Schritt erhöht.
USA - Geldpolitische Zügel bleiben straff
Die Rendite der zehnjährigen US-amerikanischen Treasuries hat ihren Sinkflug gestoppt und ist wieder über die 4-Prozent-Marke gesprungen. Alan Greenspan hatte vor dem Kongress erklärt, dass sich die Anleger auf weiter steigende Zinsen einrichten müssten. Die Konjunktur stehe auf festen Füßen und Inflationsgefahren bestünden nicht, erklärte der Vorsitzende der US-Notenbank. Er räumte aber zugleich ein, dass die Entwicklung der Unternehmensgewinne eine erhöhte Preissetzungsmacht erkennen lasse. Es werde daher die Geldpolitik weiter gestrafft. Eine Zinserhöhung auf der kommenden Fed-Sitzung Ende Juni gilt damit am Markt als ausgemachte Sache. Mehr noch, es wird auch wieder mit Zinserhöhungen über diesen Termin hinaus gerechnet. Diese Einschätzung galt bis zur jüngsten Rede von Greenspan fast schon als kühn, hatte doch vor zwei Wochen das Fed-Mitglied Richard Fisher ein mögliches Ende des Zinserhöhungszyklus angedeutet.
Eurozone - Zinssenkung wird realistischer
In der Eurozone hat dagegen die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung zugenommen. Nach derartigen Forderungen von Politikern, Internationalem Währungsfonds und zuletzt der OECD waren es nun Äußerungen aus den eigenen Reihen, die das allgemeine Renditeniveau nach unten drückten. Der Chefvolkswirt der EZB Ottmar Issing hatte zunächst auf einem Forum durchblicken lassen, dass die Zentralbank eine Zinssenkung in den vergangenen Monaten nicht so kategorisch ablehnte, wie man aufgrund der Äußerungen von EZB-Präsident Jean-Cleaude Trichet hätte denken können. Veröffentlichungen im EZB-Monatsbericht Juni und erneute Äußerungen von Issing wurden von den Marktteilnehmern als weitere Wegbereiter für eine Zinssenkung interpretiert. Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe hat daraufhin im Wochenverlauf neun Stellen auf 3,15 Prozent nachgegeben. Fest im Visier der Akteure scheint nun die Marke von 3,0 Prozent zu sein.
Issing hatte zuletzt gesagt, dass das schwache Wirtschaftswachstum die Risiken für die Preisstabilität reduziert habe. Den Fakt, dass die Terminmärkte eine Zinssenkung einpreisen, kommentierte Issing so: In der Vergangenheit haben die Märkte die geldpolitische Entscheidungen der EZB so gut wie immer richtig eingeschätzt.
Allerdings ist unklar, wie belebend sich eine weitere Zinssenkung auf die Konjunktur auswirkt. Würden Unternehmen oder Arbeitnehmer dadurch investitions- bzw. konsumfreudiger? Außerdem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Inflation mit 2,0 Prozent gerade einmal am oberen Rand des Zielkorridors der EZB angekommen ist. Zwar veranschlagt die jüngste Projektion für 2006 eine Inflationsspanne zwischen 0,9 und 2,1 Prozent. Durch die Euro-Abwertung hat sich aber Rohöl für die hiesigen Konsumenten bereits wieder merklich verteuert, wie ein Blick auf die Zapfsäulen zeigt. Hinzu kommen die Defizitprobleme in mehreren Euro-Ländern. Portugal hat deshalb bereits drastische Maßnahmen beschlossen und erhöht zum Juli die Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte auf 21 Prozent. Von 2006 an soll zudem die Mineralöl- und Tabaksteuer jährlich steigen. Beides wird die Inflation anziehen lassen. Nun ist Portugal zwar eine vergleichsweise kleine Volkswirtschaft und der Einfluss auf die Eurozonen-Inflation wird sich in engen Grenzen bewegen. Aber auch in den bedeutenderen Ländern drücken die Staatsfinanzen und eine Mehrwertsteuererhöhungen könnte aus politischer Sicht hilfreich erscheinen - freilich um den Preis eines wachstumsfeindlichen und inflationstreibenden Umfelds.
Ausblick - Verbraucherpreise der Eurozone im Blick
Die laufende Woche wird Aufschluss über die Preisentwicklung in der Eurozone geben. Die Marktteilnehmer erhalten damit einen wichtigen Hinweis, ob von monetärer Seite überhaupt eine Leitzinssenkung in den Bereich des Möglichen rückt. Außerdem stehen die USA mit wieder hochkarätigen Konjunkturindikatoren auf der Agenda: Dienstag der Einzelhandelsumsatz, Mittwoch der Beige Book genannte Konjunkturbericht aus den Fed-Bezirken.
Quelle: Union Investment
Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 122 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende Dezember 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.
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