Kommentar
19:07 Uhr, 04.09.2019

Zinsen im Sturzflug: Was will Trump eigentlich noch?

Trump kritisiert regelmäßig die Notenbank, weil er tiefere Zinsen will. Die Zinsen sind allerdings bereits im Sturzflug. Was will er also?

Zinsen können auch sinken, selbst wenn die Notenbank nichts tut. Genau das ist in den letzten Monaten geschehen. Ende 2018 wurden die Zinsen sogar noch angehoben. Trotzdem sind die Renditen von US-Anleihen massiv gesunken. Als Beispiel dient die Rendite der 30-jährigen Staatsanleihen. Man kann den Renditerückgang nicht anders als einen Crash bezeichnen (Grafik 1).

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Bei einem so ausgeprägten Rückgang muss man sich fragen, ob es so etwas überhaupt schon einmal gab. Die Rendite ist immerhin von 3,46 % auf 1,9 % gesunken und das innerhalb relativ kurzer Zeit. Vergleicht man diesen Rückgang über die Historie 30-jähriger Anleihen, kommt man zu dem Schluss, dass es nichts Außergewöhnliches ist (Grafik 2).

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Die graue Linie zeigt den Rückgang über den gleichen Zeitraum wie zuletzt (die Lücke zwischen 2001 und 2006 kommt daher, dass es in dieser Zeit keine Anleihen mit 30-jähriger Laufzeit gab). Im Jahr 2015 gab es schon einmal einen Rückgang, der wie jetzt 1,5 Prozentpunkte bzw. 150 Basispunkte betrug. Während der Finanzkrise lag der Rückgang sogar bei 2 Prozentpunkten. Es scheint auf den ersten Blick also so, als ob es gar nicht außergewöhnlich wäre.

Der Eindruck täuscht. Das Zinsniveau war bereits vor dem Rückgang niedrig. In den 70ern lag die Rendite bei mehr als 10 %. Ein Rückgang von mehreren Prozentpunkten ist da kein Kunststück. Liegt die Rendite jedoch bei 3,5 %, so ist ein Rückgang von 1,5 Prozentpunkten sehr viel mehr wert.

Prozentual ist der Rückgang der Rendite mit 43 % so hoch wie nur einmal zuvor in der Geschichte (Grafik 3). Das war 2008. Dass damals alle Welt in sichere Anleihen flüchtete und die Rendite zum Einsturz brachte, verwundert nicht. Heute ist es wieder soweit. Es herrscht regelrechte Panik auf dem Anleihemarkt.

Obwohl die Notenbank die Zinsen bisher nur um 25 Basispunkte gesenkt hat, sind die Zinsen für den Staat und praktisch jeden, der Schulden aufnimmt, so schnell gefallen wie noch nie in Zeiten, die noch als relativ sicher bezeichnet werden können.

Bei einem so historischen Rückgang des Zinsniveaus fragt man sich, was Trump überhaupt noch will. Viel mehr geht fast nicht. Natürlich ist der Leitzins eine Benchmark, die jeder im Sinn hat. Sie bestimmt jedoch nur einen kleinen Teil der Zinsen, die Akteure in einer Wirtschaft zahlen. Die Marktzinsen haben einen historischen Einbruch hinter sich. Die 30-jährigen Anleihen haben eine so niedrige Rendite wie noch nie. Was will man eigentlich mehr?

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16 Kommentare

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  • Schimanski
    Schimanski

    Enteignung wie damals im Osten :-)

    07:43 Uhr, 05.09. 2019
  • Dr. Bull
    Dr. Bull

    Und das wird er auch schaffen, auch wenn es einen "Umweg" über eine Herbstkorrektur gibt. Und dann werden sich alle (mit oder ohne Trump-Tweet) fragen "warum gehen plötzlich die US Märkte durch die Decke und hören nicht mehr auf zu steigen?".

    00:35 Uhr, 05.09. 2019
    2 Antworten anzeigen
  • trend-x
    trend-x

    das Kind möchte den Zinsschnuller, in der Hoffnung sein Projekt Dowald 30.000 zu erhalten, um der Justiz zu entkommen.

    21:28 Uhr, 04.09. 2019
  • wizardmw
    wizardmw

    Da fragt man sich eher schon, was wissen wir noch nicht, was die anderen schon wissen.... Wenn jetzt schon Panik herrscht, dann bahnt sich was Grosses an, was uns wohl alle "überraschen" wird...

    21:10 Uhr, 04.09. 2019
    1 Antwort anzeigen
  • wolp
    wolp

    Viel Wahres dran. War auch das Thema in Genf, dort von vielen mit dem Thema Befassten die gleiche Meinung. Merci

    21:09 Uhr, 04.09. 2019
  • JürgneDax
    JürgneDax

    Guter Artikel

    19:27 Uhr, 04.09. 2019
  • While E. Coyote
    While E. Coyote

    MAOAM, die Weltherrschaft und ein QE

    19:24 Uhr, 04.09. 2019
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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