Kommentar
08:42 Uhr, 05.04.2005

Zinsängste trüben das Aktienmarktumfeld

An den amerikanischen Börsen schlossen die Aktienindizes die vergangene Woche mit leichten Minuszeichen. Zwar zeigte sich das Konjunkturszenario ausgesprochen robust. So wiesen unter anderem der Chicago Einkaufsmanagerindex und der ISM-Index für das Nicht-Verarbeitende Gewerbe unerwartet starke Zuwächse auf. Damit verschärften sich allerdings die bereits kursierenden Inflations- und Zinsängste, was den Aktienkursen spürbar zusetzte. Wie erwartet fielen die endgültigen BIP-Zahlen aus. Mit einem Wirtschaftswachstum von 3,8 Prozent im letzten Quartal und von 4,4 Prozent für das Gesamtjahr 2004 befinden sich die USA auf einem stabilen Konjunkturpfad. Hinter den Erwartungen blieb jedoch das Konsumentenvertrauen zurück. Der verhaltene Arbeitsmarktbericht am Freitag konnte nur kurzzeitig die Börsenstimmung auflockern, zumal der Ölpreis mit 57,70 USD je Barrel (WTI) einen neuen Rekordstand erreichte.

Der Bilanzskandal um den Versicherungskonzern American International Group (AIG) zog in den letzten Tagen weitere Kreise. So hat inzwischen auch der bekannte Investor Warren Buffet eine Vorladung erhalten, da eine Tochtergesellschaft von Berkshire bei einer der Finanztransaktionen involviert war. Zugleich wurde bekannt, dass sich AIG rechtswidrig bei eigenen Tochtergesellschaften rückversichert haben soll. Die Ratingagenturn S&P und Moody's haben inzwischen ihre Ratings für den Versicherer verringert und halten weitere Abstufungen für möglich. Der Abwärtstrend der AIG-Aktie setzte sich daher fort. Im Telekomsektor ging unterdessen der Bieterwettstreit um MCI in eine weitere Runde. Qwest erhöhte sein Angebot auf nun 8,9 Mrd. USD und hofft damit, doch noch die Entwicklung zu seinen Gunsten ändern zu können. Kontrahent Verizon Communications hatte zuletzt insgesamt 7,6 Mrd. USD für den zweitgrößten US-Anbieter von Fernverbindungen offeriert und auch die Zustimmung des MCI-Managements gewonnen. Im Technologiebereich zogen die beiden Biotechwerte Elan Corp. und Biogen Idec die Aufmerksamkeit auf sich. Die Bestätigung eines zweiten Todesfalls in Folge der Anwendung des von beiden Unternehmen entwickelten Multiple-Sklerose-Medikaments Tysabri sorgte für weitere kräftige Kurseinbußen. Diese Nachricht trifft Elan besonders hart, denn mit dem zweiten Todesfall schwinden die Hoffnungen, dass das einzige Medikament wieder am Markt zugelassen werden könnte. BioGen Idec dagegen ist mit seinen Produkten breiter diversifiziert, sodass hier der Rückschlag nicht ganz so dramatisch war. Einen Kurssprung machte die Aktie von Hewlett-Packard nach der Ernennung eines neuen Vorstandschefs.

Der japanische Aktienmarkt konnte in den letzten Tagen leichte Zuwächse verbuchen. Das Ende des Fiskaljahres per 31.03. wirkte sich auf die Kurse an der Tokioter Börse nur wenig aus. Stattdessen orientierte sich die Anleger an den verhaltenen Vorgaben aus New York. Der veröffentlichte Tankan-Bericht, in dem die BoJ unter anderem die aktuelle Stimmungslage der Unternehmen bekannt gab, fiel zudem relativ schwach aus. Die Marktteilnehmer zeigten sich aber dennoch für die weitere Konjunkturerholung optimistisch gestimmt.

An Europas Börsen kamen die Aktienindizes per saldo ebenfalls kaum von der Stelle, was aber nicht nur an den Vorgaben aus Übersee lag. Enttäuschend waren die Indikatoren zur hiesigen Konjunkturentwicklung. Der Einkaufsmanagerindex für die Eurozone gab auf 50,4 Punkte nach und dokumentiert damit die anhaltend schwache Wirtschaftsdynamik. In Deutschland weist das Konsumklima laut der jüngsten GfK-Studie ebenfalls nur eine verhaltene Entwicklung auf. Der DAX konnte dennoch mit einem leichten Zuwachs die Woche beenden, wozu positive Unternehmensnachrichten ihren Teil beitrugen. Der Nutzfahrzeugbauer MAN erhielt von der britischen Armee einen Großauftrag zur Fertigung von 5.200 LKWs für rund 1,5 Mrd. Euro, was dessen Aktienkurs nach einem schwachen Wochenauftakt wieder beflügelte. Gute Geschäftszahlen lieferte Continental. Der Automobilzulieferer legte auf der Bilanzpressekonferenz ein Rekordergebnis für 2004 vor und äußerte sich auch für das laufende Jahr zuversichtlich. Die Aktie zählte vor diesem Hintergrund auch zu den Wochengewinnern und erreichte ein neues Allzeithoch.

Ausblick: Zur Wochenmitte wird in den USA mit den Zahlen vom Aluminiumkonzern Alcoa die nächste Quartalsberichtsaison beginnen. Nach den zahlreichen Konjunkturdaten der Vorwoche wird sich in den nächsten Wochen das Hauptaugenmerk der Anleger nun wieder dem Unternehmenssektor und den Geschäftsergebnissen zuwenden. Indikatoren zur Wirtschaftsentwicklung wie die Großhandelsdaten und die Verbraucherkredite aus den USA dürften hingegen kaum Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Allerdings wird der hohe Ölpreis weiterhin unter besonderer Beobachtung der Marktteilnehmer stehen.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 113,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende März 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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