Kommentar
12:57 Uhr, 12.02.2008

ZEW-Konjunkturerwartungen - quick and dirty

1. Die Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung hielt einmal mehr eine Überraschung bereit: Die ZEW-Konjunkturerwartungen erholten sich in einem schwierigen Umfeld und stiegen um 2,1 Punkte auf 39,5 Punkte an (Bloomberg: -45,0 Punkte, DekaBank: -47,0 Punkte). Dagegen brach die Lagebeurteilung regelrecht ein und sank um 22,9 Punkte auf nunmehr 33,7 Punkte (Bloomberg: 50,0 Punkte, DekaBank: 49,0 Punkte).

2. Was ist passiert? Die Finanzmarktanalysten werden über ihre Erwartungen für die konjunkturelle Entwicklung auf Sicht von sechs Monaten befragt. Ausgehend von der schlechten gegenwärtigen Situation und beflügelt von der Hoffnung auf die positiven Effekte des US-Konjunkturpakets und der Fed- Zinssenkungen zeigen sie sich für den Spätsommer 2008 wieder zuversichtlicher. Diesen Schluss legt der starke Anstieg der US-Konjunkturerwartungen um 22,0 Punkte nahe.

3. Die schlechten Nachrichten der vergangenen vier Wochen – wie die Rückgänge bei den Einkaufsmanagerindizes für Dienstleister hüben und drüben des Atlantiks oder der schwache US-Arbeitsmarktbericht – schlugen sich allein in der Lagebeurteilung nieder. Diese sank nur im Juli 2001 schneller. Alles in allem gab das von uns ermittelte ZEW-Klima (analog zum ifo Geschäftsklima) deutlich nach und unterstreicht die gegenwärtige konjunkturelle Abkühlung.

4. All das deutet auf eine ausgeprägte, aber kurzlebige Konjunkturdelle hin – quick and dirty! Das erste Halbjahr steht unter keinem guten Stern: Die Weltwirtschaft entfaltet nicht mehr die Zugkraft wie in den vergangenen Jahren. So hat sich der OECD-Frühindikator für die deutschen Handelspartnerländer inzwischen wieder in negatives Terrain (auf den niedrigsten Stand seit 2001) zurückbegeben und deutet auf eine Abschwächung des Exportwachstums hin. Die Eurostärke tut ihr Übriges dazu, um die Exportwirtschaft zu dämpfen. Gleichzeitig steht zu befürchten, dass der Konsum zumindest im ersten Quartal 2008 nicht in die Bresche springen kann. So ist der Einkaufsmanagerindex für die Einzelhändler weiterhin deutlich im Kontraktionsbereich. Unserer Prognose nach kühlt sich das Wachstum im ersten Halbjahr weiter ab und bewegt sich gefährlich nahe an der Nulllinie.

5. Doch ausgehend von der Moderation der Inflation, einer robusten Arbeitsmarktentwicklung und erfreulichen Tariflohnsteigerungen hat der Konsum im zweiten Halbjahr das Potenzial, positiv zu überraschen. Wenn bis dahin die Notmaßnahmen in den USA greifen, könnten auch für die Exportwirtschaft wieder zusätzliche Impulse kommen. Es steht daher nicht zu befürchten, dass aus der Konjunkturdelle wieder eine lange Stagnationsphase wird. Im Jahresrückblick werden wir daher auf eine starke, aber zeitlich beschränkte Wachstumsverlangsamung zurückblicken können.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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