Kommentar
14:30 Uhr, 14.03.2006

ZEW-Konjunkturerwartungen hoch, aber rückläufig

1. Die ZEW-Konjunkturerwartungen haben sich im März leicht eingetrübt. Sie sanken von 69,8 auf 63,4 Punkte. Von Bloomberg befragte Volkswirte hatten im Mittel (Median) mit einem Anstieg auf 71 Punkte gerechnet, wir setzten zu Recht auf einen Rückgang (65 Punkte). Die Lagebeurteilung hat sich dagegen verbessert. Das Ausmaß des Anstiegs um 11,1 Punkte auf einen Stand von -8,4 Punkte überraschte sogar die zuversichtlichen Prognosen (Bloomberg: -15 Punkte, DekaBank: -14 Punkte).

2. Was brachte die vom ZEW befragten Finanzmarktanalysten zu dieser etwas skeptischeren Sicht der Zukunft? Ein Faktor könnte der Ausbruch der Vogelgrippe gewesen sein. Wenngleich die gesamtwirtschaftlichen Risiken derzeit als relativ gering eingeschätzt werden können, so kursierten doch Analysen, die unter bestimmten Bedingungen eine starke Rezession vorhersagten. Ferner trauen die Finanzmarktanalysten der Weltwirtschaft – zu Recht – in sechs Monaten nicht mehr so viel Schwung zu. So haben sich die Konjunkturerwartungen für alle vom ZEW abgefragten Wirtschaftsräume eingetrübt. Das passt zu unserer Prognose einer sich abschwächenden weltwirtschaftlichen Dynamik: Das erste Quartal 2006 war wohl das stärkste in diesem Jahr. Damit aber verliert eine wichtige Säule der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland, der Export, perspektivisch an Stützkraft. Auch die deutlicheren Töne der EZB zum Thema Zinserhöhungen könnten sich negativ bemerkbar gemacht haben.

3. Wenngleich wir uns in der nahen Zukunft durchaus in einzelnen Monaten einen Anstieg der ZEW-Konjunkturerwartungen vorstellen können, so dürfte die Aufwärtstendenz gebrochen sein. Bestenfalls erleben wir ein Dümpeln auf hohem Niveau. Je mehr Zeit vergeht, desto stärker verschiebt sich das 6-Monate-Zeitfenster der ZEW-Konjunkturerwartungen in Richtung der von uns erwarteten Abschwächung der deutschen Konjunktur und desto klarer sollte sich ein Abwärtstrend herauskristallisieren. Bis er eindeutig wird, kann es durchaus noch bis zur Jahresmitte dauern.

4. Damit wären wir beim Ausblick für die Konjunktur. Das erste Halbjahr wird ein starkes sein. Doch ab der Jahresmitte beginnen die außenwirtschaftlichen Impulse schwächer zu werden. Zunächst wird das durch eine starke Binnennachfrage kompensiert. Diese ist durch die mehrwertsteuerbedingten Vorzieheffekte bei Konsum und Bauleistungen geprägt. Im ersten Quartal 2007 paart sich dann die weltwirtschaftliche Schwäche mit dem binnenwirtschaftlichen Nachfrageausfall und lässt die wirtschaftliche Aktivität schrumpfen. Dies ist allerdings kein Dauerzustand, denn die Weltwirtschaft wird sich wieder fangen und die deutsche Konjunktur stützen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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