Kommentar
14:19 Uhr, 18.09.2007

ZEW-Index: Konjunkturrisiken rücken in den Vordergrund

1. Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland haben sich im September zum vierten Mal in Folge eingetrübt und sanken auf -18,1 Punkte. Damit wurden die Erwartungen der von Bloomberg befragten Volkswirte (Median: -17 Punkte) untertroffen, unsere hingegen fast getroffen (DekaBank: -18 Punkte). Die Lagebeurteilung sank auf 74,4 Punkte (Bloomberg: 75 Punkte, DekaBank: 74 Punkte), sodass sich das von uns berechnete ZEW-Klima von 32,6 auf 23,4 Punkte eingetrübt hat.

2. Der heutige Rückgang der ZEW-Konjunkturerwartungen unterscheidet sich von den drei vorangegangenen. Ursprünglich war es die Ungewissheit über das Kurspotenzial an den Märkten, dann kamen die Finanzmarktturbulenzen und die Unsicherheit darüber, wie lange und wie tief die Märkte fallen. Dabei wurden Auswirkungen auf die Konjunktur allenfalls erörtert, die Konjunkturprognosen blieben aber unverändert. Das hat sich in diesem Monat geändert: Zum ersten Mal treten Konjunktursorgen in den Vordergrund. Dies zeigt sich an dem ersten Rückgang der Consensuserwartungen der Banken und Institute bezüglich des Bruttoinlandsproduktswachstum in diesem und im kommenden Jahr. Dies hat folgende Gründe:

• Wie schon in den Vormonaten werden die Gefahren in höheren Finanzierungskosten und einer möglichen Kreditklemme gesehen. In letzteren Fall würden nicht ausreichend Kredite zur Finanzierung von Investitionen bereitstehen.

• Neu sind die Allzeithochs beim Euro und beim Ölpreis. Der Euro nähert sich zunehmend der von uns als kritisch eingestuften Marke von 1,40 EUR/USD. Sollte der Euro längere Zeit über dieser Marke notieren, könnte es neben einer Margenkompression im Exportgeschäft auch zu einer schwächeren Nachfrage nach Produkten „Made in Germany“ kommen. Der hohe Ölpreis ist derzeit nicht nur ein Spiegelbild der guten weltwirtschaftlichen Entwicklung sondern auch die Folge von Spekulationen und Hurrikanen. Damit geht von der hohen Notierung zumindest kurzfristig eine dämpfende Wirkung aus.

• Der enttäuschende US-Arbeitsmarktbericht für den August, der zum ersten Mal seit vier Jahren einen Rückgang der Beschäftigung auswies, war aber wohl der Schocker in den letzten vier Wochen, der die Konjunktursorgen für die USA in die Höhe trieb. So fielen die ZEW-Konjunkturerwartungen für die USA so stark wie noch nie in der über 15-jährigen Geschichte dieses Indikators.

Diese drei Elemente zusammen, haben das Thema Konjunktur im September oben auf die Agenda der Finanzmarktanalysten gesetzt.

3. Muss man sich also um die Konjunktur in Deutschland sorgen? Ganz ohne Frage sind die Risiken für Deutschland gestiegen. Doch bislang handelt es sich in erster Linie um eine Finanzkrise, sodass es auch nicht verwundert, dass insbesondere die Stimmung der Finanzmarktanalysten sich stark eingetrübt hat. Bei den Unternehmen sehen wir derzeit zwar auch einen Rückgang der Geschäftserwartungen, der steht aber bislang im Einklang mit der abflauenden konjunkturellen Dynamik nach dem Spitzenjahr 2006. Die Unternehmen stehen den Turbulenzen bislang also noch gelassen gegenüber.

4. Die immer noch überdurchschnittliche Stimmung der Unternehmen ist der Schlüssel dafür, dass die Folgen der Finanzmarktturbulenzen begrenzt bleiben. Würde es zu einem abrupten Einbruch der Geschäftserwartungen der Unternehmen kommen, würden sie ihre Investitions- und Beschäftigungspläne erst überdenken und dann kürzen. Damit würde die für die Kauflaune der privaten Haushalte so wichtige gute Arbeitsmarktentwicklung beschädigt werden, sodass im Extremfall mit einer erneuten Konsumzurückhaltung zu rechnen wäre. Bislang sehen wir diese Entwicklung aber noch nicht.

5. In den kommenden Monaten ist daher genau auf die Unternehmensstimmung zu achten. Sollte sich diese in höherem Tempo eintrüben, muss mit Bremswirkungen gerechnet werden. Diese wären dann in den Quartalen um die Jahreswende zu erwarten. Kurzfristig garantieren die immer noch hohen Auftragsbestände der Unternehmen eine Fortsetzung des Wachstumskurses.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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