Kommentar
10:35 Uhr, 31.01.2006

Zahlen und Übernahmen treiben Börsen an

Mit einem eindrucksvollen Zwischensprint in der vergangenen Woche holten die weltweiten Aktienmärkte ihren Rückstand auf, der in den beiden Wochen zuvor entstanden war. An der Spitze der Bewegung stand der DAX, der damit seit Jahresultimo 2005 um 4,4 Prozent zulegte. Haupttreiber waren euphorisch aufgenommene Zwischenergebnisse und mutige Übernahmepläne.

USA: GM steigen trotz Milliardenverlust um 19 Prozent

In den USA dominierten unverändert die Unternehmensberichte für das vierte Quartal das Börsengeschehen. Dabei ließen auch die jüngsten Veröffentlichungen keinen klaren Trend erkennen. Über den Prognosen hier, schlechter als erwartet dort. Dass unter dem Strich aber dennoch ein ordentliches Wochenplus im Dow Jones von 2,2 Prozent verblieb, lag nicht zuletzt daran, dass ganz große Enttäuschungen wie in den beiden vorangegangenen Wochen ausblieben. Bei General Motors war der Markt bereits auf Schlimmes eingestellt, was dann auch tatsächlich so kam: Im vierten Quartal wurde nach vorläufigen Zahlen ein Verlust von 4,8 Mrd. USD, im Gesamtjahr von 8,6 Mrd. USD eingefahren; dies alles bei einem stagnierenden Jahresumsatz von 51,2 Mrd. USD.

Dennoch haussierte die Aktie im Wochenverlauf um 18,7%. Darin spiegeln sich die Hoffnungen, dass GM die Talsohle durchschritten haben könnte und nun bessere Zeiten für den Autobauer anbrechen. Kräftig aufwärts ging es auch für Caterpillar (Aktie im Wochenverlauf plus 11,1%). Der Hersteller schwerer Baumaschinen konnte die rege Nachfrage seitens der Bau- und Minenunternehmen in Rekordzahlen ummünzen. Weitere Gewinner im Dow Jones waren Alcoa (plus 8,7%), United Technologies (plus 6,8%) und Microsoft (plus 5,2%). Microsoft konnte im vierten Quartal dank zahlreicher neuer Produkte einen kräftigen Umsatzanstieg von über neun Prozent verbuchen und zudem die Gewinnschätzungen übertreffen. Im Übernahmekampf um den Medizintechnikhersteller Guidant (minus 2,9%) hat letztendlich der Späteinsteiger Boston Scientific (minus 8,3%) das Rennen gewonnen. Bieterkonkurrent Johnson & Johnson (minus 3,5%) war nicht gewillt, über die 27 Mrd. USD von Boston zu gehen. Dem Vernehmen nach wird J&J für die Niederlage mit einer Vertragsstrafe von Guidant in Höhe von etwa 700 Mio. USD kompensiert. Von konjunktureller Seite kamen wenig und zudem widersprüchliche Signale. Die Auftragseingänge für langlebige Güter stiegen im Dezember stärker als erwartet an, während sich aber das BIP-Wachstum im vierten Quartal überraschend deutlich abschwächte. Nach annualisiert plus 4,1 Prozent im dritten Turnus betrug der Zuwachs im vierten Vierteljahr nur noch 1,1 Prozent. Im Gesamtjahr 2005 expandierte das BIP damit um 3,5 Prozent nach 4,2 Prozent in 2004.

Euroland: Deutsche Unternehmen machen Furore

In Euroland waren neben dem weiter nach oben zeigenden Ifo-Geschäftsklimaindex in erster Linie deutsche Unternehmen für die ausgelassene Aktienmarktstimmung verantwortlich. SAP (plus 14,7%) und Siemens (plus 9,0%) beeindruckten mit Geschäftszahlen, bei DaimlerChrysler (plus 9,4%) stellte der neue Konzernchef Zetsche seinen erweiterten Restrukturierungsplan vor, und Linde (plus 6,6%) holte mit dem feindlichen Übernahmeversuch bei BOC zum großen Wurf aus. SAP konnte 2005 sowohl seine Lizenzumsätze als auch die Marge steigern, was allein bei Bekanntgabe die Aktie zweistellig hochschnellen ließ. Siemens patzte im ersten Geschäftsjahresquartal zwar beim Gewinn, konnte aber mit dem Sprung beim Umsatz um 22 Prozent und vor allem beim Auftragseingang um 31 Prozent die Anleger für sich gewinnen. Bei DaimlerChrysler wurden unterdessen die Sparmaßnahmen auch auf die Verwaltungsebene ausgedehnt. Dort sollen nun 6.000 Plätze wegfallen, zusätzlich zu den bereits bekannten 8.500 Stellenstreichungen vornehmlich in der Produktion. Der Autobauer budgetiert dafür Kosten von zwei Mrd. Euro, erhofft sich aber auch Einsparungen von 1,5 Mrd. Euro jährlich. Linde wiederum will den um einiges größeren englischen Gasekonkurrenten BOC übernehmen. Nachdem freundliche Wege nicht zum Ziel führten, sollen es nun feindliche. Der Übernahmewert würde rund elf Mrd. Euro betragen, wobei Linde an der Börse selbst nur rund acht Mrd. Euro schwer ist. Hochgradig feindlich geht es momentan im Stahlsektor zu. Nachdem Arcelor feindlich für vier Mrd. Euro bei Dofasco zum Zug kam, will nun Mittal Steel feindlich für 19 Mrd. Euro Arcelor schlucken. Aus den Nummern 1 und 2 der Stahlbranche würde so der mit Abstand größte Stahlkocher der Welt entstehen. Und nebenbei würde wohl Dofasco an ThyssenKrupp weitergereicht werden. Ohne negative Auswirkungen auf den Gesamtmarkt blieben die Enttäuschungen von Repsol YPF (minus 11,8%) und Nokia (minus 0,7%). Der spanische Ölkonzern musste seine nachgewiesenen Reserven wegen politischer und technischer Gründe um ein Viertel nach unten korrigieren. Nokia macht derweil der Preisverfall bei Handys zu schaffen: Trotz Absatz- und Umsatzsteigerung sank der Gewinn im vierten Quartal.

Japan: Sony versprüht Optimismus

In Japan herrschte ebenfalls wieder Hochstimmung. Der Nikkei 225-Index beendete die Woche auf dem höchsten Stand seit über fünf Jahren. Die Livedoor-Verunsicherung ist also verflogen. Hauptantriebskraft war Sony (plus 15,5%), die mit einem überraschend positivem Bericht über das dritte Geschäftsjahresquartal und erhöhten Prognosen für das Gesamtjahr den Markt optimistisch stimmte. Statt eines Verlustes soll nun ein Gewinn unter dem Strich stehen. Der erfreuliche Auftakt von Sony in die japanische Berichtssaison weckte darüber hinaus Hoffnungen, dass die in der laufenden Woche anstehenden Berichte ebenfalls die Erwartungen schlagen werden. Positiv wirkte schließlich die Meldung, dass die Verbraucherpreise im Dezember zum zweiten Mal in Folge gestiegen seien, womit sich ein Ende der Deflation anbahnt.

Ausblick: Guter Auftakt in DAX-Dividendensaison

In der laufenden Woche balancieren Konjunkturnachrichten das bisherige Übergewicht der Unternehmensberichte aus. Den Auftakt machen heute die US-Konsumentenausgaben (Dez.), denen am Dienstag die vorläufigen Verbraucherpreise (Jan.) und am Donnerstag die Erzeugerpreise (Dez.) in Euroland folgen. Abgeschlossen wird der Reigen am Freitag vom US-Arbeitsmarktbericht (Jan.). Laut Bloomberg werden 250.000 neue Stellen erwartet, nach 108.000 im Dezember. Außerdem beraten die Währungshüter am Dienstag in den USA und am Donnerstag in der EWU über das aktuelle Zinsniveau. Der Markt erwartet weitere 25 Basispunkte bei der Fed Funds Target Rate und Konstanz beim Hauptrefinanzierungssatz. Darüber hinaus endet mit dieser Sitzung die Ära Greenspan. Neuer FED-Chairman ist dann Ben Bernanke.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 122 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende Dezember 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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