Kommentar
17:16 Uhr, 13.11.2009

Yin und Yang des US-Arbeitsmarkts

Nachdem eine Reihe weiterer Konjunkturdaten veröffentlicht wurde und die Gefahr einer frühzeitigen Straffung der Geldpolitik
gebannt ist, haben die Aktienmärkte gute Fortschritte gemacht. Erstmals seit Mitte Oktober sind Industrieländeraktien
in der letzten Woche wieder gestiegen, und Emerging-Market-Aktien haben einen Teil der Verluste aus der
Vorwoche wieder aufgeholt. Die gute Stimmung hielt die ganze Woche an. Aufgrund unserer Risikovorgaben haben wir
unser Emerging-Market-Engagement verringert. Wir sind für die Assetklasse aber weiter optimistisch und bleiben übergewichtet.
Mit den Erlösen haben wir Industrieländeraktien gekauft. Hier sind wir noch immer neutral positioniert. Insgesamt
bleiben wir in Aktien übergewichtet.

Die jüngsten Konjunkturdaten haben nicht wirklich für Klarheit gesorgt. Wie der aktuelle US-Arbeitsmarktbericht zeigt,
sind im Oktober weniger Arbeitsplätze verloren gegangen als im September, und im September und August war der Arbeitsplatzabbau
geringer als zunächst geschätzt. Erfreulich war auch, dass die Zahl der Zeitarbeitsplätze gestiegen ist.
Dementsprechend ist auch die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosengeld zurückgegangen. Andererseits zeigte der Household
Survey, dass noch immer Stellen abgebaut werden, was die Arbeitslosenquote auf 10,2% steigen ließ – den höchsten
Wert seit 1983. Anlass zu Hoffnung geben wiederum die steigenden Überstundenzahlen. Dennoch ist der Oktober
bereits der zweite schwache Monat in Folge für den US-Arbeitsmarkt. Auch ergab die Haushaltsumfrage, dass es zuletzt
schwieriger geworden ist, einen Job zu bekommen. Insgesamt scheint es, als würde der Arbeitsmarkt den Verbrauch
nicht in dem Maß stützen, wie es für eine konsumgetriebene Erholung der US-Konjunktur nötig ist.

Erhebliche Kosteneinsparungen der amerikanischen Unternehmen waren einer der Gründe für den Produktivitätsanstieg
um 4,3% im 3.Quartal (im Vorjahresvergleich). Das lässt hohe Unternehmensgewinne erwarten und steigert die Wettbewerbsfähigkeit
der Unternehmen, könnte allerdings auch zu niedrigeren Verkaufspreisen führen – und damit den Deflationsdruck
erhöhen.

Im Euroraum ist das Verbrauchervertrauen zwar stärker gestiegen als in den USA, doch auch hier geben die Verbraucher
ihr Geld nur zögerlich aus. Im September sind die Einzelhandelsumsätze unerwartet gefallen. Der ZEW-Indikator,
der die Analystenerwartungen für Deutschland misst, ist im November zurückgegangen. Grund dafür könnte die schlechte
Stimmung an den Aktienmärkten in der zweiten Oktoberhälfte sein. Der Indexstand ist aber immer noch hoch, so dass es
keinen Grund zur Beunruhigung gibt.

Die Industrieproduktion war im September in Deutschland hoch, da die Exporte gestiegen sind – anders als in Frankreich
und Italien, wo die Zahlen enttäuschten. Wir gehen nicht davon aus, dass der starke Anstieg der Industrieproduktion
im Euroraum ausreicht, um eine merkliche Erholung auszulösen. Die Unternehmen sind recht hoch verschuldet, und
die Kapazitätsauslastung ist niedrig. Dies dürfte die Investitionsausgaben begrenzen. Auch könnte der Arbeitsmarkt noch
eine ganze Weile brauchen, um sich wieder zu erholen, wenn die staatlichen Beschäftigungsprogramme nächstes Jahr
auslaufen.

In China sind die ohnehin schon hohen Einzelhandelsumsätze und die Industrieproduktion im Oktober weiter gestiegen.
Auch die Investitionen blieben stabil, und der Export hat weiter zugenommen. Die hohen Investitionen gehen zumeist
vom Staat aus, doch ist die Konjunktur zweifellos dynamischer geworden. Dennoch wurden noch weniger Kredite vergeben
als zuletzt, weil die Regierung offenbar weniger interveniert. Die Verbraucherpreise sind auch im Oktober gefallen,
dürften aber bald wieder steigen.

Nach dem Anstieg im September signalisierten die vorläufigen Oktoberdaten, dass die Auftragseingänge im japanischen
Maschinenbau weiter zugenommen haben. Der prozentuale Anstieg seit den Tiefständen ist zwar beeindruckend, doch ist
die Lage des verarbeitenden Gewerbes noch immer erheblich schlechter als vor der Krise. Die Economy Watchers Survey,
ein wichtiger Frühindikator, der eine v-förmige Erholung signalisiert hatte, ist im Oktober gefallen. Noch lässt sich aber
nicht sagen, ob dies der Beginn eines Abwärtstrends ist.

Die EZB äußerte sich nach ihrer Sitzung in der letzten Woche kaum anders als die Federal Reserve und die Bank of Japan.
Die Europäische Zentralbank deutete an, dem Bankensektor möglicherweise nicht mehr unbegrenzt einjährige Kredite
zur Verfügung zu stellen. Sie sagte aber nichts zu drei- und sechsmonatigen Krediten. Befragt nach dem
Konjunkturausblick bezeichnete die EZB den vor uns liegenden Weg als „steinig“. Angesichts der schwächeren Nachfrage
aus den USA könnte es schwierig werden. Inflation ist daher sicherlich kein Thema, so dass die EZB die Zinsen wohl noch
eine Weile unverändert lassen dürfte.

Quelle: Fortis Investments

Fortis Investments ist die unabhängige internationale Asset-Management-Tochter der Fortis-Gruppe. Mit über 40 Investmentzentren, 500 Investmentspezialisten und über 2.000 Mitarbeitern ist Fortis in mehr als 30 Ländern vertreten. Das weltweit verwaltete Vermögen beträgt 170 Milliarden Euro (Stand: 31. Dezember 2008).

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