"Yes we can" - Wahrheit oder Illusion?
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Liebe Leserinnen, liebe Leser,
jetzt wissen wir’s: Barack Obama hat in den USA das Rennen gemacht und wird neuer Präsident der Vereinigten Staaten. Sein unerschütterlicher Optimismus hat es geschafft, die Mehrheit der Wähler für sich einzunehmen. „Yes we can“, diese simple Botschaft ist angekommen. Ob sie stimmt, ist eine andere Sache. Denn die Rahmenbedingungen sprechen nicht dafür, dass Obama all das bewerkstelligen kann, was er sich vorgenommen - oder zumindest seinen Wählern versprochen - hat.
Mit unglaublichen 10 Billionen Dollar sind die USA so hoch verschuldet wie noch nie zuvor in ihrer Geschichte. Das muss man sich einmal vorstellen: 10 Billionen (englisch: Trillions) sind 10.000 Milliarden oder 10.000.000 Millionen oder – und jetzt wird die Nullenserie schier unüberschaubar – 10.000.000.000.000 Dollar. „Yes we can“, hinter Obamas Versprechen darf ein Fragezeichen machen, wer sich allein diese Zahl anschaut. Denn Schulden schränken die Handlungsfähigkeit immer enorm ein.
Das ist nicht nur bei Staaten so, sondern erst recht bei den privaten Haushalten. Und hier sind nicht nur die USA betroffen, auch wenn die Überschuldungsquote der Privatleute dort (14,7 Prozent) die in Deutschland (10,1 Prozent) deutlich übertrifft. Hierzulande droht vielen Menschen die Überschuldung, warnt aktuell die Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Sie hat den Schuldneranteil in der Bevölkerung sogar nach Bundesländern aufgeschlüsselt, und da gibt es ein deutliches Nord-Süd-Gefälle.
Bei 14,7 Prozent liegt der Anteil der Schuldner an der Gesamtbevölkerung etwa in Bremen, bei 7,2 Prozent in Bayern. Es war bislang auch sehr einfach, sich zu verschulden. Dank Kreditkarten, großzügigen Dispokrediten, dank zahlreichen Finanzierungsangeboten, sei es für den Fernseher-Kauf, sei es für die neue Polstergarnitur im Wohnzimmer. Wer hat da schon den Überblick behalten, welche Raten insgesamt monatlich abzuzahlen sind?
So kommt Deutschland auf die wenig stolze Zahl von über 7 Millionen Überschuldeten. Für die gilt plötzlich nicht mehr „Yes, we can“, sondern „No, we can’t“. Ohne moralinsauer sein zu wollen: Wir müssen den Umgang mit Geld üben, ihn am besten schon unseren Kindern beibringen: Am entspanntesten lebt es sich mit Geld, das man hat, und nicht mit Geld, das man sich nur borgt. Meine „Initiative lehrreich“, die das Thema Wirtschaft und Finanzen schon an die Schulen bringen will, hat genau dieses Ziel.
Auch Anleger können aus diesem Überschuldungsfiasko nur lernen: Geld auf Pump zu investieren, das geht schief. Vielleicht nicht sofort, aber in Phasen wie diesen auf jeden Fall. Waren bislang viele der Meinung, das gelte zwar für Privatanleger, nicht aber für erfahrene, institutionelle Investoren, der wurde aktuell eines Besseren belehrt: Auch die ganz Großen, die mit Krediten die Gewinne auf Ihren Eigenkapitaleinsatz „hebeln“ wollten, sind in der Finanzkrise gründlich auf die Nase gefallen.
Und jetzt? „Yes we can“ – wir können nicht nur, wir müssen sogar wieder lernen, dass Geld nicht auf den Bäumen wächst, und dass wir uns finanziell nur das zumuten, was wir auch verkraften können.
Herzlichst
Ihre Carola Ferstl
- Herausgeberin - http://www.carolaferstl.de/
Carola Ferstl ist Moderatorin bei n-tv
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