Wucht des Aufschwungs lässt Mehrwertsteuercrash vergessen
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1. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) hat im ersten Quartal 2007 um 0,5 % qoq zugenommen. Damit wurden die Erwartungen der von Bloomberg befragten Volkswirte, die im Mittel (Median) bei 0,3 % qoq lagen, wie auch unsere Prognose von 0,2 % qoq übertroffen. Es kam ferner zu Aufwärtsrevisionen der drei Vorquartale. Aus unserer Sicht scheint es insbesondere wahrscheinlich, dass die Vorzieheffekte beim Konsum im vierten Quartal sich nun bemerkbar machen. Das Vorjahresniveau des BIP wird unter Berücksichtigung der 0,6 fehlenden Arbeitstage im ersten Quartal um beachtliche 3,6 % übertroffen.
2. Die heute veröffentlichten BIP-Daten sind lediglich eine Schnellschätzung. Details über die Zusammensetzung des Wachstums werden erst am 24. Mai veröffentlicht. Dennoch lassen sich auch heute schon folgende Tendenzen ausmachen:
• Wachstumsbremse Nummer eins waren wohl die privaten Konsumausgaben. Nach den Vorzieheffekten in das vierte Quartal 2006, die insbesondere Automobile betrafen, brach nun die Nachfrage weg. So sanken die Pkw-Zulassungen im ersten Quartal spürbar und der Einzelhandelsumsatz i.w.S., der den Kfz- Handel einschließt, legte mit einer Schrumpfung um 7,6 % mom einen kleinen Crash hin.
• Die traditionelle Trumpfkarte der deutschen Konjunktur, der Außenbeitrag, stach im ersten Quartal nicht. Die Exporte stagnierten wohl. Dies ist zum einen auf die Abkühlung der Konjunktur in mehreren Abnehmerländern wie den USA zurückzuführen. So sank die Warenausfuhr in diese Regionen nominal anscheinend im zweistelligen Bereich. Aber auch die Exporte nach Asien und in die OPEC gingen spürbar zurück. Zum anderen ist die Exportschwäche auch ein statistisches Artefakt: Im vierten Quartal 2006 kam es zu „Fehlbuchungen“. Denn Exporte aus dem dritten Quartal wurden in das vierte Quartal gebucht und erhöhten dieses künstlich. Entsprechend stellt sich nun die Dynamik aufgrund der überhöhten Vergleichsbasis schwächer dar. Gleichzeitig zeigten sich die Warenimporte in nominaler Rechnung stark und legten um 1,7 % qoq zu. Somit deuten sie auf eine lebhafte Importentwicklung hin. Damit ist der Wachstumsbeitrag des Außenbeitrags gegenüber dem Vorquartal höchstwahrscheinlich negativ.
• Die Bauinvestitionen zeigten sich im ersten Quartal stark. Sie profitierten von Auftragsüberhängen aus dem letzten Jahr, die nun dank der ausgesprochen milden Witterung in ungewöhnlich hohem Tempo bearbeitet werden konnten.
• Die Ausrüstungsinvestitionen wuchsen wieder stärker. Die höchste Kapazitätsauslastung der Industrie seit 1991 sowie die bestehenden und zuletzt wieder gewachsenen Auftragsbestände machen Investitionen zur Erweiterung der Produktionskapazitäten notwendig. Gleichzeitig lohnt es sich noch in diesem Jahr zu investieren, da zum 31. Dezember 2007 die Möglichkeit ausläuft, Investitionen beschleunig
– degressiv - abzuschreiben. Da zudem die Gewinne sprudeln, stellt die Finanzierung der Investitionsobjekte trotz zwischenzeitlich gestiegener Zinsen kein Problem dar.
• Wachstumstreiber Nummer eins waren die Lagerinvestitionen. Die Unternehmen haben trotz der schwachen Nachfrage in weiten Teilen (siehe Konsum und Export) kräftig produziert. Die industrielle Erzeugung stieg um 2,3 % qoq an. Sie füllten somit – bewusst und im Vertrauen auf den Aufschwung – ihre Lager auf, um die Produktion zu glätten.
3. Man kann schon fast sagen: Die Mehrwertsteuerdelle fiel aus. Sie ist zwar im Konsum sichtbar, geht aber im Kanon der starken Investitionstätigkeit unter. Noch im November rechneten von Bloomberg befragte Volkswirte im Mittel (Median) mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 % qoq. Und auch die befürchtete Verlangsamung der weltwirtschaftlichen Entwicklung blieb hinter den Befürchtungen zurück. Damit war es durch die witterungsbedingt guten Bauinvestitionen, durch die robuste Investitionstätigkeit und die vorausschauende Lagerpolitik der Unternehmen möglich, das Schlimmste zu verhindern.
4. Der Blick nach vorne ist ebenfalls ermutigend. Wir erleben in Deutschland derzeit einen klassischen Aufschwung mit Substanz. Nach Anstößen durch die Weltwirtschaft expandierten die Exporte kräftig (2004), regten damit Investitionen an (2005), diese beflügelten den Arbeitsmarkt (2006) und der wiederum wird den Konsum stimulieren (2007/08). Die quantitative und qualitative Erholung am Arbeitsmarkt schafft Einkommen und Zuversicht, die notwendigen Voraussetzungen für die Zündung der vierten Stufe der Konjunkturrakete in diesem Jahr. Damit steht der Aufschwung auf einem breiten – binnen- und außenwirtschaftlichen – Fundament.
5. Mit dem aufgrund der Revisionen um 0,2 Prozentpunkte höheren statistischen Überhang aus 2006 und der positiven Überraschung im ersten Quartal heben wir unsere Prognose für das laufende Kalenderjahr von 2,0 % auf 2,4 % an. Eine komplette Überarbeitung erfolgt, wenn die Detaildaten bekannt gegeben werden.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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