Kommentar
10:16 Uhr, 22.02.2019

Wollen die Anleger die Realität nicht sehen?

Der Markt gibt einfach nicht nach, obwohl es an Widerständen und schwierigen Daten nicht mangelt. Man fragt sich: Sind Anleger blind?

Wahrscheinlich sind Anleger nicht blind, sondern einfach nur im Freudentaumel über Fortschritte im Handelskonflikt mit China. Diese Fortschritte lassen sich zwar nicht wirklich beziffern, doch darauf kommt es nicht an. Anleger gehen davon aus, dass die Einigung kommt.

Das, zusammen mit einer akkommodierenden Notenbank und keinem zweiten Shutdown, hat den Markt gestützt. Da stört es nicht, dass die USA Europa Zölle androhen und der Brexit immer näher rückt. Es stört auch nicht, dass die Wirtschaftsdaten immer schlechter werden.

Vor kurzem sorgten die Einzelhandelsumsätze für Gesprächsstoff. Die Umsätze sind ende 2018 der ersten Berechnung nach stark gefallen. Das hat niemand so recht geglaubt. Die Sorgenfalten waren schnell wieder geglättet. Inzwischen häufen sich jedoch die Hinweise auf eine deutliche Abkühlung der US-Wirtschaft.

Egal wie man es dreht und wendet, der Einzelhandel schwächelt. Es ist aber nicht der einzige Sektor, dem es so geht. Auch die Wirtschaftsstimmung bekommt einen herben Dämpfer. Der Philadelphia Fed Report zeigt den freien Fall der Wirtschaft an (siehe Grafik).


Der Index notiert inzwischen im negativen Bereich. Das deutet nicht nur auf eine Verlangsamung hin, sondern sogar auf ein Schrumpfen der Wirtschaft. Der Rückgang des Index war dabei zuletzt so deutlich wie seit der Finanzkrise nicht mehr.

Zugegeben, der Index misst die Aktivität in der Region der Philadelphia Fed, dem dritten Fed-Bezirk. Dieser umfasst die Bundesstaaten Pennsylvania, New Jersey und Delaware. In diesen drei Staaten leben 7 % der US-Bevölkerung. Das muss also noch nichts heißen.

Die Aktivität dieser Region ist allerdings stark mit dem ganzen Land korreliert. Das Wachstum der USA und der Philly Fed Index gehen Hand in Hand. So stark wie der Index eingebrochen ist, müsste sich das Wachstum auf 1,5 % abschwächen. Das ist eine Halbierung zum Tempo im vergangenen Jahr.

Sinkt der Index weiter, ist auch Wachstum unterhalb von 1 % denkbar. Das reicht für gewöhnlich schon aus, um Unternehmensgewinne stagnieren zu lassen, zumal aus dem Ausland für US-Unternehmen derzeit keine Unterstützung kommt. Der Auslandsgewinn dürfte eher schrumpfen als zulegen.

Die Rallye der letzten Wochen war für viele überraschend. Euphorie muss aber nicht rational sein. Aus rationalen Gesichtspunkten ist der Markt schon wieder zu hoch bewertet. Ein Ende des Handelskonfliktes wird die Unternehmensgewinne auch nicht nach oben katapultieren. Ein Ende wird kurzfristig keinen Effekt haben.

Anleger sind aktuell nicht zugänglich für Fundamentaldaten. Ich vermute aber stark, dass es zu einem Abverkauf kommt, wenn sich die USA und China einigen. Ganz nach dem Motto: die Aussicht auf eine Einigung kaufen und verkaufen, wenn sie erzielt ist.

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28 Kommentare

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  • wizardmw
    wizardmw

    Woher solche Gedanken??? Ist doch scheiss egal was mit der Konjunktur ist - QE4 steht vor der Tür und mich würde es nicht wundern, wenn die FED schon fleißig Aktien kauft - die BOJ machts vor. Die Vermögenspreise müssen um jeden Preis oben gehalten werden. Der Dow steigt trotzdem bald locker auf 30000 oder mehr- egal wie die Wirtschaftsdaten ausfallen oder sie werden halt passend gemacht. Ich glaube hier niemanden nichts mehr. Fakt ist, im Dezember muss die Hütte schon lichterloh gebrannt haben, als der Dow unter 22000 stand. Vermutlich haben die mit Aktien besicherten Kredite schon gebrannt, so daß die FED von den Banken die Pistole auf die Brust gesetzt bekommen hat - nach dem Motto Kertwende oder Finanzkrise.....

    22:54 Uhr, 22.02. 2019
    1 Antwort anzeigen
  • amateur
    amateur

    Vielleicht wollen die Analysten nicht die Realität sehen...

    18:44 Uhr, 22.02. 2019
  • Eulen_spiegel
    Eulen_spiegel

    Die Fundamentaldaten sind doch, das die Notenbanken schon angedroht haben die Märkte ultimativ mit neuem Geld zu fluten wenn irgend welches rezessives Ungemach droh.

    Helikoptergeld für alle EU-Staaten, massive negative Zinsen mit Bargeldverfall, Neuauflage des QE, alles 3 gleichzeitig - stand ja alles in den Finanzzeitungen.

    Also ist eine Aktienrally nur sinnvoll - weg mit dem Bargeld.

    13:36 Uhr, 22.02. 2019
  • JürgneDax
    JürgneDax

    Rocco hat aber im Juli 2018 gesagt, dass VW bis April 2019 auf 85 (best case) oder sogar 28 Euro (worst case) fällt. Kann er das noch mal überprüfen ?

    11:44 Uhr, 22.02. 2019
    2 Antworten anzeigen
  • benz49
    benz49

    Na wenigstens stimmt die Richtung bei Gold. Es fällt mit der Präzision eines Uhrwerks.

    11:18 Uhr, 22.02. 2019
    2 Antworten anzeigen
  • The Secessionist
    The Secessionist

    Ich denke das Verhalten der Anleger hat viel mit IHREN Artikel ,jüngster Vergangenheit zu tun ! Vor was sollten Anleger denn noch Angst haben 😉😁

    Dienstag, 29.01.2019 - 19:14 Uhr

    Pessimismus, wohin man schaut

    Dafür sind die Anpassungen der Prognosen chronisch langsam. Sie versuchen noch den Abschwung auszuloten. Während das geschieht, wendet sich das Blatt meist schon. Ein exaktes Timing Instrument ist das nicht. Die erste Jahreshälfte wird vermutlich schlimmer als vermutet, die zweite dafür besser als es die Prognosen dann erwarten lassen.

    Clemens Schmale

    Mittwoch, 02.01.2019 - 16:48 Uhr

    Die Angst regiert

    Vielmehr halte ich es für wahrscheinlich, dass sich der Markt im ersten Quartal fängt und dann noch einmal kräftig steigt. Anleger preisen eine Rezession ein, die 2019 nicht kommt. Das wird in Q1 erkannt werden und führt zu einer Rally. 2020 werden die Karten neu gemischt. Die Rezession kommt ja auch, nur eben noch nicht jetzt.

    Clemens Schmale

    Freitag, 21.12.2018 - 17:56 Uhr

    Milder Abschwung naht - kein Katastrophenszenario!

    Wenn wir keinen neuen Rekord aufstellen, dürfte das Tal bald erreicht sein. Wir sollten einen sehr milden Abschwung sehen, der keine Katastrophenszenarien an der Börse rechtfertigt.

    Der Markt korrigiert gerade. Das wird vermutlich auch noch ein paar Wochen so bleiben. Persönlich habe ich einen hohen Cashbestand. Es besteht kein Grund, gerade jetzt plötzlich all in zu gehen. Der Markt scheint allerdings mehr zu korrigieren als aus fundamentaler Sicht notwendig zu sein scheint. Eine bessere Situation gibt es gar nicht. Erholt sich der Markt dann erst einmal, dürfte es recht schnell gehen

    Dienstag, 18.12.2018 - 08:36 Uhr

    Wie wäre es mit ein bisschen Optimismus

    Geht es vom jetzigen Niveau noch einmal 10 % nach unten, was ich persönlich favorisiere, sind das Kaufkurse mit 30-40 % Rallypotenzial. Ein Tief im ersten Quartal 2019 würde mich nicht überraschen.

    Wieso die Korrektur nicht katastrophal schlimm wird, beleuchte ich in dieser Woche. Es gibt genügend Argumente dafür, dass es zu keinem großangelegten Abschwung inklusive globaler Rezession kommt. Aktuell gibt es noch keinen Anlass, sofort zu handeln. Persönlich beobachte ich den Markt, ganz entspannt. Mein Depot ist recht neutral ausgerichtet. Würde der Markt jetzt doch massiv einbrechen oder sofort zur Rallye ansetzen, es würde am Depotstand wenig ändern.

    Wie dem auch sei, eine gesunde Korrektur von 20 % in den USA ohne eine fundamentale Schieflage in der Wirtschaft ist das Beste, was man sich als Anleger erhoffen darf.

    11:16 Uhr, 22.02. 2019
  • Jigsaw
    Jigsaw

    Sehen wir es aus EW Sicht:

    Wir sind wahrscheinlich in einer 5 der 5 der 5 der 5.

    Da wird gekauft was das Zeug hält. egal warum wieso oder weshalb.

    Und am Ende haussiert der Schrott. War immer so,wird immer so bleiben.

    Der Crash wird kommen, aber erst wenn der letzte Bär aufgegeben hat.

    11:08 Uhr, 22.02. 2019
    1 Antwort anzeigen
  • Dragoslav
    Dragoslav

    Welcher Markt? Draghis Rabattbasar? Welche "Anleger"? Die die auf dem Basar von Draghi das meiste bekommen haben? Man sollte bezüglich der Wortwahl die Realität gegenprüfen. Monopolistischer Zentralbankgeldsozialismus und gesteuerte Preisplanwirtschaft, auch an der "Börse". Oder glaubt jemand "Anleger" legen heute noch durch Angebot und Nachfrage Preise am Finanzmarkt fest?

    11:04 Uhr, 22.02. 2019
  • Brigand
    Brigand

    Ich vermute aber stark, dass es zu einem Abverkauf kommt, wenn sich die USA und China einigen. Ganz nach dem Motto: die Aussicht auf eine Einigung kaufen und verkaufen, wenn sie erzielt ist.

    - Richtig, das Spiel ist ja nicht neu. Die Bremsspuren in den Unternehmensbilanzen sind teilweise schon da, werden aber in ganz anderen Dimensionen noch kommen. Unendliches Wachstum gibt es in der Natur nicht. Eine Einigung bei der beide Seiten zufrieden sind, wird es niemals geben.... Die Chinesen werden sich vielleicht auf dem Papier der USA unterordnen, streben aber tortzdem zur Weltmacht.

    10:47 Uhr, 22.02. 2019

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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