Kommentar
07:50 Uhr, 14.04.2018

Woher nehmen Anleger bloß die Zuversicht?

Syrien ist für Anleger nur ein kurzer Schreck gewesen. Auch der Handelskrieg scheint abgehakt. Das ist verfrüht. Anleger ignorieren vollkommen, dass die USA trotz moderat versöhnlicher Töne aus Peking ihren harten Kurs fortführen. Die Gefahr ist also absolut noch nicht gebannt.

Ich bin selbst etwas von dem Tempo der USA überrascht. Es war schon vor den letzten Präsidentschaftswahlen klar, dass im internationalen Handel etwas geschehen würde. Nachdem die aktuelle Administration ein halbes Jahr lang wenig fertig brachte, erhöht sich das Tempo immer weiter.

Erst kamen die Steuersenkungen, jetzt kommt der Handel. Zu Beginn waren die Schritte klein. Anfang 2018 wurden Zölle auf chinesische Solarzellen und Waschmaschinen erhoben. Das konnte man ignorieren. Auch die Stahl- und Aluminiumzölle waren noch nicht der große Wurf. Jetzt geht es dafür Schlag auf Schlag und wöchentlich geht es um 50 Mrd. USD mehr. Viel höher könnte das Tempo gar nicht sein.

Die Drohungen dienen zwar dazu Verhandlungen zu erzwingen – und Verhandlungen gibt es – doch Verhandlungen allein sind nicht das Ziel. Es geht um Zugeständnisse. Diese wollen viele Analysten in Chinas Präsidenten Xis Äußerungen gefunden haben. Komisch nur, dass die USA trotzdem ihren Konfrontationskurs unvermindert fortsetzen. So viel Zugeständnis kann da noch nicht gewesen sein...

Man darf auch nicht vergessen: Sowohl China als auch die EU, die nur bis 1.5. von den Zöllen ausgenommen ist, sind nicht gerade hochagile Gebilde, die durch Schnelligkeit und Geschicklichkeit glänzen. Selbst wenn eine Eskalation am Ende vermieden werden soll, muss das nicht unbedingt gelingen. Der Wille dazu allein reicht nicht.

Wenn es richtig dumm läuft, eskaliert die Lage weiter, ohne bei Verhandlungen Erfolge zu erzielen. Die USA erhöhen den Druck trotz der Andeutung von Zugeständnissen weiter, doch keiner weiß, ob die Gegenseite dem Druck auch letztendlich nachgibt. Die USA zielen genau darauf ab. Es ist jedoch nicht garantiert, dass die Gegenseite wirklich nachgibt. China ist bekannt dafür, viel zu versprechen und am Ende sehr lange zu brauchen.

Die Wahrscheinlichkeit für einen ausgewachsenen Handelskrieg sinkt im Empfinden der Anleger. Persönlich halte ich eine unkontrollierte Eskalation auch für wenig wahrscheinlich, denn das würde auch für die USA Ungemach bedeuten.

Vor den Wahlen Ende 2016 hat das Peterson Institute eine Studie zum Thema Handel veröffentlicht. In einem Worst Case Szenario würden die USA demnach bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen in eine Rezession fallen. Die Arbeitslosenrate würde 8 % überschreiten, sich also gegenüber jetzt ungefähr verdoppeln.

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Die USA kommen damit sogar noch ganz gut davon. Es ist ja immerhin das düsterste aller Szenarien. Man kann sich mit den Zahlen für die USA jedoch ansatzweise vorstellen, wie schlimm es dann für alle anderen wird – richtig bitter. Schrumpft die US Wirtschaft um 0,1 %, kann man in Deutschland von einem Minus von 1-2 % ausgehen.

Die aktuelle Korrektur wäre dann eine Erinnerung an bessere Tage. Ich gehe zwar nicht davon aus, dass es soweit kommt, doch wie schnell Anleger die weiter schwelende Eskalation ignorieren, ist schon bemerkenswert. Die Zündschnur brennt immer noch, nur scheint das keiner zu merken.

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  • wolp
    wolp

    Stimme mit Ihnen überein. Der Dax kann nur hoch gekauft sein - hoch verkauft geht ja wohl schlecht... erst denken dann schreiben, oder noch besser einfach lassen. Kopf hoch Sie schaffen es!

    21:55 Uhr, 14.04.2018
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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