Kommentar
10:06 Uhr, 01.12.2025

Wochenausblick: Zwischen Zinshoffnung und Absturzsorgen

Nach dem versöhnlichen November-Ende ist die Jahresendrally nun doch nicht vom Tisch. Während die US-Leitzinssenkung ausgemacht scheint, bleibt das Thema KI-Bewertung umstritten. Auffällig bleibt die Bitcoin-Entwicklung.

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1. Dezember 2025. FRANKFURT (Deutsche Börse). Hoffnungen auf eine US-Leitzinssenkung auf der einen und Sorgen um eine KI-Blase auf der anderen Seite bestimmen die Märkte weiter. Die Wahrscheinlichkeit einer US-Leitzinssenkung ist zuletzt stark gestiegen und wird mittlerweile mit fast 100 Prozent eingepreist. „Sollten wir mit unserer Prognose einer erneuten Leitzinssenkung am 10. Dezember richtig liegen, dürfte sich Erholung der Aktienmärkte im Dezember fortsetzen“, meint Commerzbank-Analyst Pascal Reichert.

Der DAX (<DE0008469008>) steht am Montagmorgen bei 23.695 Punkten, etwas unter den 23.837 Zählern am Freitag zu Handelsschluss. Die US-Börsen hatten sich am „Black Friday“ mit verkürztem Handel weiter erholt und sind nicht weit von ihren Rekordständen entfernt. Auffällig bleibt die Lage bei den Kryptowährungen: Der Bitcoin wird nach zwischenzeitlich über 90.000 US-Dollar aktuell wieder nur zu 86.000 US-Dollar gehandelt – rund 30 Prozent unter dem Allzeithoch.

Wie war das Shopping-Wochenende?

Nach Einschätzung von Ulrich Kater von der DekaBank geht es für die Aktienmarktentwicklung in der nahen Zukunft zunächst um die Einzelhandelsumsätze am Thanksgiving-Wochenende. „Diese gelten als Signal für den Verlauf des Weihnachtsgeschäfts“, erklärt er. Hierzulande erwarte einer aktuellen ifo-Umfrage zufolge die Mehrheit der Einzelhändler keine Belebung des Weihnachtsgeschäfts gegenüber dem Vorjahr. Das werde allerdings auch als Chance gesehen: Wenn Stimmung und Lage rekordverdächtig schlecht seien, habe sich dies in den Aktienkursen bereits niedergeschlagen. „Damit ist die Wahrscheinlichkeit einer Verbesserung höher als die einer weiteren Verschlechterung.“

„Kein Crash, aber kleinere Brötchen“

LBBW-Chefvolkswirt Moritz Kraemer blickt schon auf das nächste Jahr. „Wir halten es für zunehmend wahrscheinlich, dass sich die Erwartungen der Investoren als unrealistisch erweisen“, erklärt er. Das Risiko von Korrekturen steige. Nie sei der US-Markt von so wenigen Einzeltiteln getrieben gewesen wie heute. Mehr als 40 Prozent der Kapitalisierung im S&P 500 entfielen auf die Top-Ten-Aktien. „Fast alle dieser Titel reiten die gleiche KI-Welle.“ Aber auch der breite Markt sei historisch betrachtet teuer, selbst hierzulande. „Wir prognostizieren keinen Crash, aber in den kommenden Jahren dürften die Börsen deutlich kleinere Brötchen backen.“

„Fortgesetzter KI-Boom 2026“

Die Fondsgesellschaft DWS erkennt hingegen für 2026 angesichts guten Wachstums in den USA und Europa sowie niedriger Zinsen weiterhin Chancen. „KI-Investitionen und anhaltend robustes Gewinnwachstum dürften den S&P 500 (<US78378X1072>) bis Jahresende 2026 auf rund 7.500 Punkte treiben“, erklärt Benjardin Gärtner. „Wir sehen keine KI-Blase, wir sehen einen fortgesetzten KI-Boom.“ Der könne in den nächsten Jahren zu deutlichen Produktivitätsgewinnen führen. Zwar werde es auf dem Weg dorthin auch zu Rückschlägen kommen – wie bei jeder technologischen Revolution. Doch die Wachstumsstory bleibe intakt. Darüber hinaus profitierten die europäischen Märkte von fiskalischen Impulsen, allerdings bei geringerer Dynamik. Die DWS prognostiziert zum Jahresende 2026 für den Stoxx Europe 600 (<EU0009658202>) 600 Punkte und für den DAX 26.100 Zähler.

Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten

Montag, 1. Dezember

16.00 Uhr. USA: ISM-Index Verarbeitendes Gewerbe November. Der schwache Wert im Oktober hat laut Helaba die anhaltend schwierige Lage des Sektors verdeutlicht. Eine Rückkehr in den Expansionsbereich sei für den November nicht zu erwarten.

Dienstag, 2. Dezember

11.00 Uhr. Eurozone: Verbraucherpreise November. Die Inflationsrate dürfte nach Einschätzung der Commerzbank von 2,1 auf 2,2 Prozent zugelegt haben. Auch die Kernrate liege mit 2,5 Prozent höher als im Oktober. Teilweise sei dies auf höhere Preise bei Benzin, Diesel und Heizöl zurückzuführen. Aber auch die Dienstleistungspreise dürften gegenüber dem Vorjahr etwas stärker zugelegt haben.

Mittwoch, 3. Dezember

Indexüberprüfung SDAX: Veränderungen werden nach US-Börsenschluss veröffentlicht.

Freitag, 5. Dezember

8.00 Uhr. Deutschland: Auftragseingänge Oktober. Nach zuletzt eher enttäuschenden Daten dürften die Auftragseingänge der deutschen Industrie wieder etwas stärker zugelegt haben, meint die Commerzbank. Sie rechnet mit einem Plus von 1,5 Prozent gegenüber dem Vormonat.
16.00 Uhr. USA: Preisindex Konsumausgaben ohne Nahrungsmittel und Energie September. Für den mit einer Verzögerung von über einem Monat veröffentlichten Index erwartet die DekaBank einen Anstieg um knapp 0,2 Prozent. Die Jahresveränderungsrate sinke damit leicht von 2,9 auf 2,8 Prozent.

Von Anna-Maria Borse, 1. Dezember 2025, © Deutsche Börse AG

Über die Autorin

Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.

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