Wochenausblick: „Chancen auch ohne ‚Glamour-Faktor‘“
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
17. November 2025. FRANKFURT (Deutsche Börse). Die jüngsten Äußerungen von US-Notenbankmitgliedern haben die gute Laune an den Märkten schnell beendet. Auch die Sorgen um eine KI-Blase poppten wieder auf. Helaba-Analyst Ulf Kraus spricht von einem „Wechselbad der Gefühle“. „Zunächst nahm die Risikobereitschaft infolge der Beendigung des US-Regierungsstillstands zu, dann aber kam Verunsicherung auf, auch weil wichtige Datenveröffentlichungen auf sich warten lassen und die Zinssenkungsfantasie gedämpft wurde.“
Der DAX ging am Freitagabend mit 23.877 Punkten aus dem Handel, am Montagmorgen sind es 23.888 Zähler. An der Wall Street kam es am Freitag anfangs zu kräftigen Verlusten, die dann aber teils aufgeholt wurden. Der derzeit besonders stark beachtete Nasdaq 100 schloss leicht im Plus, nur 4 Prozent unter seinem Allzeithoch. Viel auffälliger ist die Bitcoin-Entwicklung: Die wichtigste Kryptowährung kostet mittlerweile nur noch 95.120 US-Dollar, fast 25 Prozent weniger als im Rekordhoch im Oktober.
„Aus dem Ruder laufende KI-Bewertungen“
„Nicht nur in Deutschland ist die Lage mau“, bemerkt Dirk Chlench von der LBBW. Im „Beige Book“ der US-Notenbank und in der Erhebung der US-Konsumentenstimmung durch die University of Michigan ließen sich Hinweise finden, dass die „US-Wirtschaft nur noch auf einem Bein stehe“. Der US-Konsum werde nur noch durch jene Bevölkerungsgruppen befeuert, die von der Hausse an der Wall Street profitierten. „Diese Hausse steht angesichts der aus dem Ruder laufenden Bewertungen der KI-Aktien auf tönernen Füßen.“
„Keine Blase wie Ende der 1990er Jahre“
Robert Halver von der Baader Bank sieht hingegen keine KI-Blase: „Die KI-Titel vereinen nicht nur einen überproportionalen Anteil der US-Marktkapitalisierung auf sich, sondern auch den Löwenanteil des langfristigen Gewinnwachstums“, erklärt er. Das sei ein dramatischer Unterschied zur Dotcom-Blase aus den 1990er Jahren.
Für deutsche und europäische Aktien sei die Stimmung im Übrigen schlechter als die Lage. Diese hätten zwar nicht den „Glamour-Faktor“ wie US-Tech-Aktien. Unter anderem profitieren exportorientierte Titel neben ihren unbestrittenen Fundamentalqualitäten von der weltwirtschaftlichen Stabilisierung. „Zudem entkommen sie wie Fluchttiere den Niederungen europäischer Politik.“
Robert Halver
„Rutsch in Richtung 23.590 Punkten“
Charttechnisch sieht es nach Ansicht von Christian Henke von der HSBC nicht gut aus: Erneut schritten sich Bullen und Bären um die Mitte der Handelspanne bei 23.832 Punkten. „Die Oberseite der Handelsspanne bei 24.500 Punkten war bereits in Sichtweite. Doch dann musste der DAX den Sturm auf die Chartmarke abbrechen“, erläutert er. Darunter könnte es in Richtung der 200-Tage-Linie bei aktuell 23.590 Zählern gehen.
Christian Henke
Höhepunkt Nvidia-Zahlen
Trotz Shutdown-Ende werden Konjunkturdaten aus den USA voraussichtlich noch nicht pünktlich veröffentlicht werden können – auch da einige Befragungen nicht oder nicht vollständig durchgeführt wurden. Mit besonderem Interesse wird dabei der eigentlich für den 3. Oktober vorgesehene US-Arbeitsmarktbericht für September erwartet.
Ein weiteres Highlight der Woche: die Quartalszahlen von Nvidia, die am Mittwochabend anstehen. „Am Mittwoch dürfte sich zeigen, ob es bei den Aktien mit KI-Bezug bis zum Jahresende 2025 noch weiteres Kurspotenzial gibt oder ob die Kurse mit der zuletzt erhöhten Volatilität auf hohem Niveau konsolidieren“, kommentiert Burkhard Fehling von der Commerzbank.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Dienstag, 18. November
15.15 Uhr. USA: Industrieproduktion Oktober.
Mittwoch, 19. November
8.00 Uhr. Großbritannien: Verbraucherpreise Oktober. Im Jahresvergleich dürfte die Gesamtinflation erstmals seit April wieder gesunken sein, meint die Deutsche Bank. Im September hatte sie noch bei 3,8 Prozent verharrte, nun werden 3,6 Prozent erwartet.
20.00 Uhr. USA: Protokoll der letzten Fed-Sitzung. Die DekaBank geht davon aus, dass die große Kluft unter den FOMC-Mitgliedern deutlich werden wird.
Donnerstag, 20. November
USA: Arbeitsmarktdaten September. Der Arbeitsmarktbericht dürfte der Deutschen Bank zufolge schwach ausfallen. Zumindest deuteten Details privater Umfragen darauf hin – wie die ISM-Beschäftigungsindikatoren und die ADP-Statistik zu privaten Gehaltsabrechnungen.
Freitag, 21. November
9.30 Uhr. Deutschland: Einkaufsmanagerindex November. Am Markt wird ein kleiner Anstieg auf 49,8 Punkte erwartet, nach 49,6 Punkten im Vormonat.
10.00 Uhr. Eurozone: Einkaufsmanagerindex November. Nach dem überraschend starken Anstieg im Oktober dürften der Commerzbank zufolge die Einkaufsmanagerindizes im November nur geringfügig zulegen.
Von Anna-Maria Borse, 17. November 2025, © Deutsche Börse AG
Über die Autorin
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
Feedback und Fragen an live@deutsche-boerse.com
