Wir erwarten eine Erhöhung der US-Leitzinsen
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1. Diesen Dienstag wird sich der Offenmarktausschuss (FOMC) der US-Notenbank zu seiner turnusmäßigen Sitzung zusammenfinden und aller Wahrscheinlichkeit nach die Leitzinsen um 25 Basispunkte auf ein Niveau von dann 3,00 % erhöhen. Wir erwarten für Ende 2005 ein Niveau von 4,0 %. Weiteren Zinserhöhungsbedarf zeigt auch unser Prognoseinstrument DekaBank-Fed-Indikator an.
Das voraussichtliche Statement
2. Nachdem das Statement zum Zinsentscheid beim letzten Mal massiven Veränderungen unterworfen wurde, sind diesmal keine wesentlichen Anpassungen zu erwarten. Im letzten Statement vom März stand: „The Federal Open Market Committee decided today to raise its target for the federal funds rate by 25 basis points to 2-3/4 percent. The Committee believes that, even after this action, the stance of monetary policy remains accommodative and, coupled with robust underlying growth in productivity, is providing ongoing support to economic activity.” Dieser Teil des Statements sollte mit Ausnahme des Zinssatzes („3 percent“) unverändert beibehalten werden.
3. “Output evidently continues to grow at a solid pace despite the rise in energy prices, and labor market conditions continue to improve gradually. Though longer-term inflation expectations remain well contained, pressures on inflation have picked up in recent months and pricing power is more evident. The rise in energy prices, however, has not notably fed through to core consumer prices.“ Der Gehalt dieses Teils des Statements sollte im wesentlichen beibehalten werden. Änderungen in der Wortwahl sind hier aber nach den schwächeren Konjunkturzahlen in Bezug auf die Aufschwungsdynamik („solid pace“) und die Entwicklung auf den Arbeitsmärkten möglich (“labor market conditions continue to improve gradually“). Möglich ist auch, dass noch mehr Hinweise auf sich verstärkenden Inflationsdruck gegeben werden.
4. “The Committee perceives that, with appropriate monetary policy action, the upside and downside risks to the attainment of both sustainable growth and price stability should be kept roughly equal.“ Die Risikoeinschätzung sollte beibehalten werden. Denn zum einen haben sich die Konjunkturerwartungen wieder etwas eingetrübt, und zum anderen votierten zwei Mitglieder des FOMC beim letzten Zinsentscheid gegen die Erhöhung des Diskontsatzes: Der Präsident der Fed of Dallas stimmte hier allerdings für eine Pause, der Präsident der Fed of Kansas dagegen für eine Erhöhung des Diskontsatzes um 50 BP. Angesichts der sich aufbauenden Inflations- und Konjunkturrisiken sollte eine größere Diskussion im FOMC über die Balance der Risiken für Inflation und Konjunktur bestehen.
5. “With underlying inflation expected to be contained, the Committee believes that policy accommodation can be removed at a pace that is likely to be measured. Nonetheless, the Committee will respond to changes in economic prospects as needed to fulfill its obligation to maintain price stability.“ Dieser Teil sollte beibehalten werden. Angesichts der Inflationsrisiken könnte das Wort „measured“ aber möglicherweise beim zweitätigen „Strategiemeeting“ der Fed im Juni aus dem Statement genommen werden. Das FOMC hatte schon beim letzten Zinsmeeting hierüber eine größere Debatte, konnte sich aber nicht zu einer Klärung dieser Frage durchringen. Dies implizierte aber nicht unbedingt im Anschluss eine Aufgabe der bisherigen Praxis, den Zinserhöhungszyklus in Form von 25 Basispunkteschritten zu gestalten, gäbe aber der Fed den Spielraum, kräftigere Zinserhöhungen vorzunehmen. Die größte Änderung in diesem Zusammenhang ist, dass ein starker Befürworter des „measured pace“-Wortlauts, der Gouverneur Ben Bernanke, nicht mehr an dem FOMC-Meeting teilnehmen wird, da er von der Bush- Administration als Mitglied des Council of Economic Advisors nominiert wurde.
Der Hintergrund der Zinsentscheidung
6. Nach einigen schwächeren Datenveröffentlichungen macht sich eine etwas vorsichtigere Stimmung breit, was die konjunkturelle Dynamik in den USA anbelangt. Ein enttäuschender Beschäftigungszuwachs von nur 110.000 Personen im März, ein neues Rekorddefizit bei der Handelsbilanz im Februar und schwache Einzelhandelsumsätze im März deuten darauf hin, dass unsere im Vergleich zum Consensus recht vorsichtige Wachstumsprognose für das erste Quartal von 3,1 % durchaus realistisch ist. Der stetig steigende Benzinpreis ist sicher ein Grund dafür, dass die Stimmung der Verbraucher sich derzeit etwas eintrübt. Auf der anderen Seite stehen jedoch die gut gestimmten Einkaufsmanager im nicht-verarbeitenden Gewerbe. So haben trotz der zuletzt eher enttäuschenden Indikatorenveröffentlichungen unsere BIP-Prognosen von 3,7 % (2005) und 3,6 % (2006) weiterhin Bestand.
7. Die Fed hat zwar kein Inflationsproblem, darauf deutet die niedrige Kernrate des PCE mit 1,7 % hin, muss aber angesichts der kurzfristigeren Trendentwicklung äußerst wachsam sein. Der auf das Jahr hochgerechnete gleitende Sechsmonatsdurchschnitt der Kernrate zeigt mit 2,5 % im März, nach 2,1 % im Februar und 1,8 % im Januar aber einen Aufwärtstrend an und liegt damit weit über dem oberen Ende des Inflationsprognosebandes der Federal Reserve von 1,50-1,75 % (siehe Grafik). Auch wenn die letzten Konjunkturdaten enttäuschten, so ist dies für die Fed daher noch kein Grund den Zinserhöhungszyklus abzubrechen und eine Pause bei den Leitzinserhöhungen einzulegen. Die Finanzierungsbedingungen sind für die Unternehmen – vor allem nach den letzten Renditerückgängen am langen Ende – immer noch extrem günstig. Die realen Leitzinsen liegen, gemessen an der Kerninflationsrate des PCE momentan bei lediglich etwas über 1 %.
8. Ziel der Fed ist es, sich über die Sicherung der Preisniveaustabilität in eine Situation zu versetzen, in der sie genügend Puffer im Fall von auftretenden adversen Schocks hat, und in der sie gleichzeitig nicht in die Lage gebracht wird, mit sehr aggressiven Zinserhöhungen die Stabilität des Finanzsystems „austesten“ zu müssen. Von einer Fortsetzung des „maßvollen“ Zinserhöhungszyklus in Form von 25-Basispunkteschritten ist daher auszugehen. Dies nicht zuletzt, weil für die Fed immer noch nicht ganz geklärt ist, ob die Robustheit der US-Wirtschaft wirklich so ausgeprägt ist, wie in unserem Hauptszenario angenommen. So umschrieb der frühere US-Notenbankchef Paul Volcker vor wenigen Wochen die Situation mit den Worten „An Economy On Thin Ice“ umschrieben. Die rechte Hand Alan Greenspans, Donald Kohn, hatte aufgrund der großen Unsicherheit darauf hingewiesen, dass es das Beste sei, wenn die Leitzinserhöhungen weiterhin graduell erfolgen, sich die Fed aber nicht von diversen Ungleichgewichten in der US-Volkswirtschaft von Leitzinserhöhungen ablenken lassen sollte: „...we should not hesitate to raise interest rates to contain inflation pressures just because it might set off a retrenchment in housing prices.... Nor should we hesitate to raise rates because higher rates mean higher debt-servicing burdens for the current account, the fiscal authority, or households.“
9. Ab August, und damit einem Niveau von 3,25 % – dem unteren Ende des Prognosebereichs für den geldpolitisch neutralen Leitzins –, wird es immer mehr von der gesamtwirtschaftlichen Großwetterlage abhängen, ob überhaupt oder wie stark die Fed die Zinsen erhöht. Wir erwarten bis Ende des Jahres ein Leitzinsniveau von 4,00 %. 50-Basispunkteschritten sind vor dem Hintergrund der momentanen Datenlage nahezu ausgeschlossen. Sollte die Fed aggressiver vorgehen wollen, so würde sie eher auf ihre traditionelle Zinspause im Dezember verzichten. Und sie würde wohl auch nicht davor zurückschrecken, die Zinsen über das bislang von uns prognostizierte Spitzenniveau von 4,25 % im Februar hinaus zu erhöhen, sollte die Inflation negativ überraschen. Spannend wird dann zu sehen sein, wie sich die Zinsstrukturkurve entwickelt. Denn das von Greenspan diagnostizierte „Rätsel“ der historisch gesehen sehr niedrigen langfristigen Zinsen ist immer noch nicht aufgelöst.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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