Wieviel Komplexität hätten Sie denn gern?
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Erwähnte Instrumente
- Dynamische KapitalschutzanleAktueller Kursstand:
Wenn es nach dem finanzpolitischen Sprecher der CDU, Otto Bernhardt, geht, sollte der Verkauf intransparenter, komplex ausgestatteter Zertifikate künftig verboten werden – wie schade, dass man bei dem ganzen „Elektronic-Firlefanz“, den kaum noch jemand versteht, nicht genauso rigorose Maßnahmen ergreifen möchte. Ist doch deren tatsächlicher Nutzen vielfach weitaus zweifelhafter als der so manches Finanzpapiers, dass dem Anleger durch den gezielten Einsatz optionaler Komponenten ein deutlich verbessertes Chance-Risiko-Profil gegenüber einem Direktinvestment ermöglicht. Mehr als fraglich erscheint dabei auch die Definition von Begriffen wie „intransparent“ oder „kompliziert“. Mit der Tatsache, ob ein Emittent pleite geht und seine Zahlungsverpflichtungen wie Lehman Brothers nicht mehr entsprechend erfüllen kann, hat diese Form der „Vorverurteilung“ sowieso nichts zu tun. Bleibt nur zu hoffen, dass derlei blinder Aktionismus, der einem Offenbarungseid des mündigen Anlegers gleichkommen würde, schnell wieder aus den Köpfen der Politiker verschwindet.
Nicht gerade zu den am einfachsten nachvollziehbaren Produkten ihrer Zunft gehört sicherlich auch die neue „dynamische Kapitalschutzanleihe“ von JP Morgan, deren Zeichnungsfrist am 30. Oktober endet. Das Papier ist neben einer vollständigen Kapitalgarantie zur Fälligkeit nach sechs Jahren bezogen auf das erste Laufzeitjahr mit einer zusätzlichen täglichen Höchststandssicherung ausgestattet. Sollte der Basiswert also in den ersten zwölf Monaten eine positive Wertentwicklung aufweisen, wird der höchste auf Tagesbasis festgestellte Wert als neues Mindestrückzahlungsniveau zum Laufzeitende eingelockt. Anleger, die sich erst etwas später auf einem höheren Level zu einem Kauf entschließen sollten, gehen deshalb kein Risiko ein, am Ende „nur“ 100 Prozent des Nennwertes zurückzubekommen. Ab dem zweiten Jahr kommt dann ein dynamischer Allokationsmechanismus zum Einsatz, der ebenfalls auf täglicher Basis so zwischen einer Anleihe- und Aktien-Komponente umschichtet, dass 80 Prozent des erreichten Zertifikatewerts abgesichert werden. Auch dafür wird eine Höchststandsgarantie ausgesprochen, die falls sie den maximal im ersten Jahr erreichten Wert übersteigen sollte, die neue Mindestrückzahlung am Ende festschreibt. Sollte am Bewertungstag bei Fälligkeit noch einmal ein höherer Wert erzielt werden, gibt dieser den Ausschlag für die tatsächliche Rückzahlung der Anleihe.
Wie man sieht, handelt es sich hier um eine nicht ganz so einfach nachvollziehbare Bestimmung des finalen Anlageerfolgs, auch wenn die Höchstkursfixierung die Renditesicherheit dabei deutlich erhöht. Die Komplexität wird sogar noch zusätzlich gesteigert, indem der Basiswert nicht wie bei vergleichbaren Produkten einem einfachen Index entspricht, sondern hier aus vier jährlich gleichgewichteten Barometern auf Agrarrohstoffe, Infrastruktur, Dividendentitel und BRIC-Staaten gebildet wird. Dabei ist der S&P BRIC 40 Net TR EUR Index wiederum nur der einfachste Subindex. Die drei übrigen Sektoren werden mit dem AgriX, InfrastruX und DivideX Base TR allesamt durch Vertreter aus der sogenannten MaX-Indexreihe der DWS GO abgedeckt, die ihrerseits wieder über einen eigenen flexiblen Allokationsmechanismus zwischen Aktien und Geldmarkt eine konstante Zielvolatilität anstreben. Kein leichtes Unterfangen also alle Komponenten des neuen dynamischen Papiers zu überblicken.
Für ein so hohes Maß an Optimierung fallen allerdings neben den Kosten für die Subindices auf Zertifikateebene weitere Gebühren an. So ist der Ausgabeaufschlag mit bis zu vier Prozent schon nicht ganz unerheblich, was übrigens auch für die Geld-Brief-Spanne von 4,5 Prozent bei einem späteren Erwerb während des ersten Jahres gilt (ab dem zweiten Jahr 1,5 Prozent). Dazu kommen auch noch Strategiekosten von 1,35 Prozent p.a., sowie 3,5 Prozent p.a. indirekt durch Einbehaltung der Dividendenrendite.
Der BörseGo Tipp:
Bei dem neuen Produkt ist zumindest eines klar. Zielgruppe: Sicherheitsorientierte Anleger mit reichlich zusätzlichem Optimierungsbedarf in Sachen Mindestrendite, was eine grundsätzlich positive Markterwartung voraussetzt. Allerdings lässt sich dabei der sehr heterogene aus einer Region, Strategie und zwei Themen bestehende Basiswert mit zusätzlicher Volatilitätskontrolle ebenso wenig leicht fassen, wie die tatsächliche Kostenbelastung. Eine Einschätzung der Erfolgsaussichten ist deshalb deutlich erschwert. Für eine solche Erkenntnis bedarf es allerdings eher des gesunden Menschenverstandes des Anlegers als einer Weisung durch die Bafin, wie sie anscheinend die CDU anstrebt.
Dynamische Kapitalschutzanleihe | |
Emittent/WKN: | JP Morgan / JPM0RU |
Laufzeit: | 09.11.2015 |
Preis: (in Zeichnung: 22.09.08-30.10.08) | Ausgabepreis: 1000 € zzgl. bis 4 % Agio |
Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/zertifikate
Passende Produkte
WKN | Long/Short | KO | Hebel | Laufzeit | Bid | Ask |
---|
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.