Kommentar
07:54 Uhr, 02.11.2015

Wieso handelt die japanische Notenbank nicht?

Die Erwartungen an denZinsentscheid der japanischen Notenbank waren groß. Geschehen ist nichts. Die Notenbank hält still. Der Markt folgte und stand ebenfalls still.

Seit einem Jahr hat die japanische Notenbank an ihrer Politik nichts mehr geändert. Sie wartet einfach ab. Gleichzeitig sinkt die Inflation wieder. Inzwischen kann man fast das Wort Deflation in den Mund nehmen. Das ist natürlich vorübergehenden Faktoren wie dem Ölpreis geschuldet. Die japanische Notenbank (BoJ) betrachtet daher fast ausschließlich ihr eigenes Inflationsmaß. Sie blickt vor allem auf eine adjustierte Kerninflationsrate, die nicht nur Energie und Nahrungsmittel ausschließt, sondern noch weitere Güter.

Mit ihrer eigenen Definition von Inflation betrachtet die Notenbank nun einen engen Warenkorb, der eine Teuerungsrate von gut einem Prozent aufweist. Insofern sieht sie keinen Handlungsbedarf. Wie seriös das ist, kann man schwer beurteilen. Man kann ja einen Warenkorb zusammenstellen, bis die Inflation für diese eine bestimmte Kombination an Gütern passt...

Die BoJ hat ihr eigenes Inflationsziel kassiert, indem sie die Inflationsrate, die sie beurteilt, geändert hat. Gleichzeitig stand als Ziel einmal 2015 auf dem Programm. Dieses Ziel wurde verfehlt und auf Anfang 2016 verschoben. Inzwischen gibt es kein Datum mehr, an dem 2% Inflation erreicht sein sollen. Pauschal kann man das so beurteilen: die Notenbank gibt auf.

Eine Ausweitung des Anleihekaufprogramms ist noch möglich, obwohl es bereits beispiellos ist. Gemessen an der japanischen Wirtschaftsleistung stellt es die QE Programme der US Notenbank und der EZB in den Schatten. Dennoch muss man festhalten, dass auch die Größe des QE Programms wenig gebracht hat. Von allen Wirtschaftsräumen, die mit unkonventionellen Maßnahmen experimentieren, ist Japan am erfolglosesten.

Das Warten der BoJ stimmt nachdenklich. Je länger sie nämlich mit zusätzlichen Maßnahmen wartet, desto schwieriger wird es sie umzusetzen. Die BoJ hält inzwischen 31% der japanischen Staatsanleihen. Ende 2017 oder Anfang 2018 werden es 50% sein. Hält die Notenbank erst einmal einen so großen Anteil ist eine Ausweitung des Programms schwierig. Ihr gehen schlicht die Anleihen aus. Momentan wäre eine Erhöhung der Käufe um 20 bis 30 Mrd. pro Monat noch denkbar. 2018 wird das sehr, sehr schwierig.

Bis 2018 kann noch viel geschehen. Die Notenbank selbst hofft vermutlich, dass sie gar keine weiteren Maßnahmen beschließen muss und sich alles von selbst regelt. Wenn die vergangenen 20 Jahre ein Gradmesser für die kommenden 2 Jahre sind, dann kann man guten Gewissens sagen: es wird sich nicht von selbst regeln.

Will die BoJ ihre Ziele wirklich erreichen (Reflationierung), dann muss sie jetzt handeln. Je länger sie wartet, desto geringer wird der Spielraum. Die Frage ist bei der Untätigkeit inzwischen möglicherweise eine andere. Bisher fragte sich jeder, wann die nächsten Maßnahmen kommen. Jetzt muss man fragen: Will die Notenbank überhaupt ihre Ziele noch erreichen und handeln oder hat sie bereits aufgegeben?

Der Yen steht derzeit auf der Kippe. Seit einem Jahr bewegt sich der Yen zum USD in einer breiten Range von 116 bis 124. Charttechnisch kann es demnächst nach unten gehen. Das bedeutet, der Yen würde aufwerten. Denkbar ist eine Aufwertung von 5 bis 8%. Von Inflation ist dann erst recht keine Rede mehr. Die US Zinswende hilft nicht den Yen schwächer werden zu lassen. Es braucht schon die BoJ, um den Yen zu bewegen. Unter diesen Gesichtspunkten ist die Untätigkeit der Notenbank noch schleierhafter.

Japan als Wirtschaft - mit oder ohne weiteren Maßnahmen - stehe ich skeptisch gegenüber. Ich kann mir langfristig kein einziges Szenario vorstellen, indem die Überschuldung und Notenbankpolitik zum Erfolg führt. Kurzfristig muss man abwarten. Der Notenbankpräsident Kuroda ist für Überraschungen bekannt.

Ich selbst setzte derzeit noch auf eine Abwertung des Yen zum USD. Fällt das Währungspaar unter 119 muss der Trade überprüft werden.

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2 Kommentare

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  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    Am Ende - in fünf bis zehn Jahren - steht der Global Currency Reset ... - auch jede Wette ...

    Warten wir einfach noch ein wenig ...

    22:56 Uhr, 02.11. 2015
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    Seien wir ehrlich: die unkonventionellen Maßnahmen sind - gemessen an dem Flurschaden den sie verursacht haben und den Zielen, die sie erreichen sollten - bisher bei allen drei großen Notenbanken gescheitert.

    Und es wird auch nichts mehr werden mit der Reflationierung ... - auch in Europa nicht.

    Jede Wette ... !!!

    22:55 Uhr, 02.11. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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