Kommentar
10:07 Uhr, 10.10.2018

Wieso das Sentiment für die Börse so wichtig ist

Das Sentiment macht die Kurse. Das ist aber nicht alles, was das Sentiment macht. Es bestimmt auch, ob Aktien über- oder unterbewertet sind.

Inzwischen wissen wir alle, dass die meisten Aktien im historischen Vergleich hoch bewertet sind. Wir wissen auch, dass das nicht ewig gutgehen wird. Das wissen wir nun schon seit geraumer Zeit und trotzdem tut sich nichts. Die hohe Bewertung ist einfach nicht kleinzukriegen. Die Kurse weigern sich förmlich nachzugeben. Das hat einen guten Grund.

Verantwortlich für die Widerstandsfähigkeit der Börse ist das Sentiment. Die Stimmung ist aktuell ziemlich gut und so schnell wird sich das nicht ändern. Das gibt der Börse Rückenwind, denn Stimmung der Verbraucher und Kurse gehen Hand in Hand (Grafik 1).

In den vergangenen 50 Jahren gab es lediglich eine Ausnahme zu der Regel, dass Sentiment und Kurse parallel verlaufen. Das war Anfang der 90er Jahre. Die Gründe dafür sind vielfältig. Ein maßgeblicher Einflussfaktor war der Zweite Golfkrieg, der bei Konsumenten für tiefe Verunsicherung sorgte, wirtschaftlich aber wenig bewegte.

Der Krieg führte kurzfristig zu einem starken Anstieg des Ölpreises. Der Öl- bzw. Benzinpreis ist wesentlich für die Stimmung der US-Konsumenten. Daher brach das Sentiment stark ein, während die Börse nur wenige Wochen lang beeinträchtigt war. Ohne diese Ausnahmesituation sind Sentiment und Kurse eng miteinander verflochten.

Solange Konsumenten gut gelaunt sind, kaufen sie. Das wiederum lässt die Kassen der Unternehmen klingeln und die Gewinne der Unternehmen machen die Kurse. Es ist also kein zufälliger Zusammenhang zwischen Kursen und Stimmung.

Nun gibt es noch einen zweiten Zusammenhang, der weniger bekannt ist: je besser die Stimmung, desto höher sind Aktien bewertet. Man könnte auch sagen: ist die Stimmung außergewöhnlich gut, sind Aktien überbewertet (Grafik 2).

Auch das lässt sich gut erklären. Wer optimistisch ist, traut der Börse einfach mehr zu und glaubt an ewiges Gewinnwachstum. Das rechtfertigt eine höhere Bewertung. Blickt man hingegen pessimistisch in die Zukunft, wird man kaum einen Markt kaufen, der mit einem KGV von 30 bewertet ist.

Das hat für Anleger eine hohe Relevanz. Wir wissen, dass der Markt hoch bewertet ist – manche würden sagen, er ist überbewertet – und dass das früher oder später korrigiert wird. Diese Korrektur wird nicht stattfinden, solange die Stimmung so gut ist. Sie ist es nämlich, die die Überbewertung stützt.

Solange das Sentiment so robust ist, mache ich mir wenig Sorgen. Der Markt wird korrigieren, doch bis es soweit ist, kann es noch dauern. Fundamental macht die Bewertung wenig Sinn. Aktuell ist das aber nicht das, was zählt. Eine Korrektur der Überbewertung wird erst stattfinden, wenn sich die Stimmung eintrübt. Deswegen ist es für Anleger so wichtig, diesen Indikator im Auge zu behalten.

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  • Domsi
    Domsi

    Vielen Dank für den interessanten Artikel. Welche Indikatoren sind für Sie massgeblich in Bezug auf das Konsumentenvertrauen?

    11:29 Uhr, 10.10. 2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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