Kommentar
10:10 Uhr, 06.05.2022

Wieso China vor der US-Notenbank Fed Angst hat

China warnte bereits im Januar vor einer strafferen Geldpolitik in den USA und Europa. Jetzt wissen wir, wieso.

Die Worte, die Präsident Xi Jinping im Januar gebrauchte, waren deutlich. Eine rasche Straffung der Geldpolitik in den USA oder Europa würde negative Auswirkungen auf Emerging Markets haben. Eine globale Wachstumskrise wäre die Folge und auch die globale Finanzstabilität könnte gefährdet werden.

Der Zusammenbruch von Emerging Markets ist bisher ausgeblieben. Dennoch waren die Warnungen nicht aus der Luft gegriffen. Im Zuge früherer Zinsanhebungszyklen in den USA kamen Emerging Markets immer wieder unter Druck. Sie hatten sich in Zeiten niedriger US-Zinsen in Dollar verschuldet. Als der Dollar dann aufwertete, konnten die Schulden nicht mehr bedient werden.

Die großen Emerging Markets wie Brasilien haben aus der Vergangenheit gelernt. Die Devisenreserven haben ein hohes und gesundes Niveau. Das gilt nicht für alle Länder. Sri Lanka, welches nun mit dem Internationalen Währungsfonds über Finanzhilfen verhandelt, ist ein solches Land.

Tendenziell sollten große Verwerfungen ausbleiben. Das weiß auch China. Die allgemein gehaltene Warnung diente daher wohl dem eigenen Zweck. China befindet sich in einer Zwickmühle. Die Wirtschaft wächst langsamer als geplant. Solange Lockdowns notwendig sind, wird sich daran auch nichts ändern.

Zwar soll die Konjunktur angeschoben werden, doch die Wirtschaft anzuschieben, während durch Lockdowns auf die Bremse getreten wird, bringt wenig. Die Folge ist hohe Inflation wie in den USA. Hohe Inflation will Peking vermeiden. Zu hohe Lebensmittelpreise könnten das Fass bei der Bevölkerung zum Überlaufen bringen. Die jüngsten Lockdowns sind ja nicht gerade beliebt.

Je höher die Zinsen in den USA steigen, während China wirtschaftlich stagniert, desto größer wird die Zinsdifferenz zwischen den beiden Ländern. Diese Zinsdifferenz geht dem Wechselkurs um ca. fünf Monate voraus (Grafik 1). Die jüngste Schwäche des Yuan dürfte noch nicht vorüber sein.


Würde die chinesische Notenbank die Geldpolitik lockern, während sie in den USA gestrafft wird, wertet der Yuan noch schneller ab. Das ist aufgrund von Inflationsgefahr keine Option. Damit ist das Dilemma perfekt. Die Wirtschaft kann wegen Covid nicht schnell wachsen und somit kann die Geldpolitik auch nicht mit der US-Politik gleichziehen. Die Wirtschaft lässt sich wegen der US-Zinspolitik auch nicht lockern. Es würde die Abwertung beschleunigen und während eines Lockdowns bringt lockerere Geldpolitik ohnehin wenig.

Chinas Interesse besteht darin, dass die US-Geldpolitik möglichst parallel zur chinesischen verläuft. Andernfalls drohen Probleme im Inland. Steigt der Dollarkurs, ist dies nicht nur ein Anzeichen einer Zinsdifferenz, sondern auch ein Zeichen der Verfügbarkeit von und Nachfrage nach Dollar. Generell bewegen sich daher Währungsreserven und Wechselkurse ähnlich. Es ist fast schon unheimlich, wie exakt die Veränderung chinesischer Devisenreserven den Euro/Dollar-Kurs widerspiegeln (Grafik 2).


China befindet sich in einer schwierigen Lage und die US-Notenbank macht die Situation nicht einfacher. Vielmehr schränkt die US-Geldpolitik China so sehr ein, dass es die eigene Geldpolitik nicht frei gestalten kann. Angst löst es vielleicht nicht direkt aus, so aber doch große Bedenken. Anders kann man die deutliche Warnung nicht verstehen.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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