Kommentar
09:05 Uhr, 15.02.2021

Wieso Aktien vor dem nächsten Bärenmarkt noch 50% steigen können

Anleger haben viel Positives bereits eingepreist. Deswegen muss der Markt nicht fallen. Die Rally könnte sogar länger anhalten als viele denken.

Anleger kaufen mit Aktien einen Anteil an einem Unternehmen und damit einen Anteil am zukünftigen Gewinn. Die Aktie einer Firma, die niemals Umsätze oder Gewinne schreiben wird, ist wertlos. Das leuchtet jedem ein. Genauso leuchtet jedem ein, dass eine Aktie etwas wert ist, wenn das Unternehmen Produkte oder Dienstleistungen verkauft, dafür Geld einnimmt und Gewinn schreibt. Wie viel eine Aktie wert ist, hängt also davon ab, wie viel Gewinn das Unternehmen heute und in Zukunft schreiben wird. Je mehr Gewinn das ist, desto wertvoller wird auch die Aktie. Sie reflektiert ja nichts anderes als die Gewinnbeteiligung. Wächst der Gewinn, kann auch die Aktie steigen. Nicht jedes Unternehmen ist gleich bewertet. Das eine Unternehmen hat ein KGV von 10, das nächste von 20 und Tesla von 700. Anleger schätzen das zukünftige Wachstum je nach Bewertung unterschiedlich ein. Diese Einschätzung kann sich ändern. Aktuell ist das KGV des Marktes im historischen Vergleich hoch. Das wird von einigen so gewertet, dass der Markt zu teuer ist.

Eine andere Erklärung gibt es auch. Anleger bewerten den Markt nicht zu hoch, sie gehen lediglich von hohem und langanhaltendem Gewinnwachstum aus. Diese Erwartungshaltung ist nicht ganz unrealistisch. Die Gewinne wachsen, wenn Konsumenten mehr kaufen. Das tun sie, wenn sie Geld haben.

Der Arbeitsmarkt verbessert sich derzeit. Trotz Krise haben viele aber keine Einkommenseinbußen oder nur geringe. Viele Regierungen haben entweder Kurzarbeit unterstützt oder wie in den USA das Arbeitslosengeld aufgestockt und verlängert. Viel von dem Geld wurde gespart. Vereinfacht ausgedrückt ist das Gesparte von heute der Konsum von morgen.

Ist die Sparquote heute hoch, haben Konsumenten Rücklagen für zukünftigen Konsum und noch nie war die Sparquote so hoch wie 2020. Mit mehreren Jahren Verzögerung steigt dann tatsächlich der Konsum und damit auch der Gewinn der Unternehmen (siehe Grafik). Die Sparquote kann wild schwanken. In der Tendenz hängen Sparquote und zukünftiges Gewinnwachstum zusammen.


Allein in den USA dürften bis zum Ende der Krise zwei bis drei Billionen Dollar angespart worden sein. Das ist viel Geld und kann den Konsum lange Zeit auf überdurchschnittlichem Niveau halten. Keiner weiß, ob die Krise bald wirklich vorüber ist. Es gibt weiterhin viele Unsicherheiten. Läuft alles nach Plan, könnten Unternehmen goldene Jahre bevorstehen. Der Markt wächst dann problemlos in seine heute Bewertung hinein und kann sogar deutlich weiter steigen. Solange dieses Szenario Bestand hat, bleiben Korrekturen Kaufgelegenheiten.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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